New Haven. Ein Auktionshaus in den USA versteigert einen Teilnachlass von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels. Am Donnerstag können Briefe sowie selbstverfasste Gedichte und Dramen aus den jungen Jahren des Hitler-Vertrauten erworben werden. Holocaust-Überlebende kritisieren die Auktion scharf.
Ein Auktionshaus im US-Bundesstaat Connecticut versteigert einen Teilnachlass von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels. Am Donnerstag können Briefe und Postkarten aus den jungen Jahren Goebbels' sowie Schulzeugnisse, selbstverfasste Gedichte und Dramen erworben werden, teilte das Auktionshaus Alexander Historical Auctions am Montag in Stamford mit. Der Chef des Auktionshauses Bill Panagopulos schätzt den Wert der Sammlung auf bis zu 300.000 Dollar (rund 230.00 Euro).
Unterdessen üben Holocaust-Überlebende scharfe Kritik an der Versteigerung: Sie werfen dem Auktionshaus vor, Profit mit Nazi-Memorabilia zu machen. Die Unterlagen gehörten zur historischen Forschung in ein Archiv, forderte der Präsident der Amerikanischen Vereinigung Jüdischer Holocaust-Überlebender und ihrer Nachkommen, Menachem Rosensaft. Er befürchtet, dass die Schriften bei der Auktion in die falschen Hände geraten könnten.
Schriftstücke verdeutlichen angeblich die Entwicklung Goebbels
Der Leiter des Auktionshauses, Bill Panagopulos, wies Rosensafts Kritik zurück. Neonazis würden solches Material nicht sammeln, zudem seien Museen oft auf Spenden von Ausstellungsstücken angewiesen, die aus solchen Versteigerungen stammten, meinte Panagopulos. Die Schriftstücke seien von unschätzbarem historischem Wert, denn sie zeigten, wie sich der eher schlichte, schüchterne und liebestrunkene Student Goebbels radikalisiert habe, sagte Panagopulos. "Darin sind die prägenden Jahre der Nummer Zwei im Dritten Reich komprimiert. Des Mannes, der dafür verantwortlich war, die Massen zur bedingungslosen Unterstützung Hitlers zu verleiten."
Goebbels und seine Frau Magda töteten 1945 am Tag nach Hitlers Selbstmord im Führerbunker ihre sechs Kinder und dann sich selbst. "Man bekommt ein Gefühl dafür, was in seinem Kopf vorging", sagt Auktionator Panagopulos. "Man findet eine ganze Menge Informationen, wenn man versucht zu verstehen, wie dieser Mann getickt hat, der später zu einem Wahnsinnigen wurde." So befindet sich auch ein Brief an seinen Lehrer unter den Papieren. Darin dankt er diesem nach dem Tod der Schwester für die Beileidsbekundung, ergänzt aber, sein Verlust sei gering im Vergleich zu den Verlusten die "unser Vaterland" erleide. Den Angaben zufolge vermitteln die Briefe insgesamt den Eindruck eines romantisch veranlagten jungen Mannes, zeigen aber auch erste Anzeichen seines Antisemitismus und eines egozentrischen Verhaltens.
Auktionshaus rechnet mit einem Erlös von 200.000 Euro
Das Auktionshaus verkauft die Schriftstücke im Auftrag eines ungenannten Schweizer Unternehmens und erwartet einen Erlös von mehr als 200.000 Dollar. Er selbst rechne mit einem persönlichen Gewinn von bis zu 20.000 Dollar und plane eine Spende an eine Gedenkstätte, sagte Panagopulos. Bereits im vergangenen Jahr hatte Alexander Historical Auctions mit der Versteigerung von Nazi-Dokumenten Aufsehen erregt. Damals standen Briefe von Josef Mengele, dem Lagerarzt im Konzentrationslager Auschwitz, zum Verkauf. Der jüdische Käufer wollte anonym bleiben.
"Natürlich haben sie das formale Recht, von solchen Verkäufen zu profitieren", sagte der Vertreter der Holocaustüberlebenden, Rosensaft. "Ich überlasse es anderen zu entscheiden, ob das moralisch ist." (afp/dapd)