Essen. . Nicht ein ganzes Auto, sondern nur seinen Gebrauch zu bezahlen, dieser Idee soll die Zukunft gehören. Zumindest erwarten dies viele Trendforscher für die Mobilitätsentwicklung in den Multi-Millionen-Städten der Welt. Noch aber steckt das „geteilte Auto“ in einer Nische für Individualisten fest.

Nicht ein ganzes Auto, sondern nur seinen Gebrauch zu bezahlen, dieser Idee soll die Zukunft gehören. Zumindest erwarten dies viele Trendforscher für die Mobilitätsentwicklung in den wuchernden Multi-Millionen-Städten der Welt. Noch aber steckt das „geteilte Auto“ in einer Nische für Individualisten fest. Und daran wird sich absehbar auch nur wenig ändern.

Auf 45 Millionen Pkw kommen in Deutschland rund 220 000 Car-Sharer, die sich, organisiert gegen eine in der Regel geringe Gebühr bei 140 Anbietern, ein Auto teilen. Das sind immerhin fünfmal so viele wie noch vor zehn Jahren. Allein im Jahr 2011 soll der Zuwachs bei 16 Prozent gelegen haben. Nicht mitgezählt werden – natürlich – die Millionen von Mehr-Fahrzeug-Haushalten, in denen sich die Familienmitglieder die Autos teilen. Der klassische Mietwagen ist ebenso ein Unding für Car-Sharer, die auch die neuen Kurzzeitmietangebote der großen Autohersteller wie Mercedes und BMW als „unechtes Car-Sharing“ ablehnen.

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Die Konzerne schmücken sich bewusst mit dem Begriff, der so schön nach purer Ökologie klingt. Natürlich zuerst einmal in den Metropolen, neben der Mercedes-Pilotstadt Ulm gibt es auch Angebote in Berlin, Hamburg, München, Köln und Düsseldorf. 150 Autos schickt BMW in Zusammenarbeit mit Autovermieter Sixt hier ins Rennen um den Kunden. 4000 hat man im ersten Halbjahr 2012 bereits gewonnen. Alles-Inklusive-Preis mit Benzin und Parkgebühren für einen Mini: mörderisch billig erscheinende 29 Cent pro Minute.

Der Alles-Inkusive-Preis von 29 Cent pro Minute erscheint mörderisch billig

Nur: Richtig billig ist diese Kurzzeitmiete nicht. Bei einem realistischen Durchschnittstempo in der Mega-Stadt von höchstens 25 Kilometern pro Stunde kostet der Kilometer bereits 1,20 Euro. Das ist nur günstig, wenn man die 1,20 Euro an den Kilometerkosten für ein Taxi misst, die in Düsseldorf bei einer Fünf-Kilometer-Strecke doppelt so hoch ausfallen.

Die klassischen Anbieter von Car-Sharing können es oft billiger. Sie setzen oft günstige Kleinwagen ein. Stiftung Warentest ermittelte an Kosten für eine zehn Kilometer lange Fahrt an einem Werktag zwischen vier und 6,70 Euro, inklusive Sprit.

Trotzdem gilt: Man muss nicht viele tausend Kilometer im Jahr fahren, damit ein eigener Gebrauchtwagen unterm Strich günstiger ausfällt. Und der Autovermieter kann es oft auch günstiger.

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Car-Sharer sind Überzeugungstäter

Mehr als nebenbei bemerkt: Umweltfreundlicher fährt ein Auto durchs Teilen genauso wenig wie ein Taxi. Auch die von BMW und Mercedes propagierten Elektro-Minis für die City sind wenig umweltfreundlich und für einen überdurchschnittlichen Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid verantwortlich, so lange der Strom aus der deutschen Steckdose zu einem so hohen Anteil aus Kohlekraftwerken stammt.

Car-Sharer sind jedoch Überzeugungstäter, die so wenig wie möglich fahren, spontane Spaßtouren und Bequemlichkeitsfahrten zum Briefkasten konsequent unterlassen und den Pkw als notwendiges Übel betrachten. Das soll man nicht gering schätzen. Car-Sharer benutzen einen selbstfahrenden Untersatz wie die Straßenbahn, rauchen nicht am Steuer, lassen nichts im Handschuhfach liegen, tanken nach jeder Fahrt wieder auf und entfernen eventuelle Verschmutzungen, bevor sie vom Abstellplatz nach Hause laufen. Ganz klar: Das muss man so auch wollen.

5000 Wagen an 2700 Stationen

5000 Teilzeit-Wagen, fast immer kleinere Modelle, an 2700 Stationen soll es in Deutschland geben. Leider ist das Ruhrgebiet Car-Sharing-Entwicklungsland. Essen ist so etwas wie eine Hochburg. Tatsächlich fand ich während der Recherche einen jahrelang von mir unentdeckten Sharing-Parkplatz direkt in meiner Straße. Trotzdem sind es nur elf Stationen des Anbieters „stadtmobil“, keine davon in den Außenbezirken, jedoch gleich sechs davon in den beliebten Vierteln südlich des Hauptbahnhofes. Die sechs Standorte von Greenwheels in Essen sind gänzlich auf diese Mittelklasse-Viertel konzentriert, in denen die Grünen bekanntlich besonders viele Anhänger haben.

Wer sich intensiver mit den vielen (finanziellen) Facetten des Car-Sharing beschäftigen will, dem sei zum März-Heft von „Finanztest“ geraten, auch online gegen 2,50 Euro Gebühr bei der Stiftung Warentest abrufbar (www.warentest.de/carsharing). Dort erfährt man auch von den Möglichkeiten des Car-Sharings über Internetbörsen, bei denen Privatleute ihre Autos für die vorübergehende Nutzung anbieten. Da ist dann alles dabei vom Cabrio bis zum Lieferwagen, oft ältere Stücke mit hohen Laufleistungen. Ab 15 Euro am Tag, bis zum „Anti-Car-Sharing-Mobil“: Porsche Cayenne Turbo mit 530 PS in Mülheim, bei Nachbarschaftsauto.de – für 100 Euro am Tag, leider zuzüglich Sprit, aber Rauchen gestattet.