Mannheim. . Mehrere tausend Gewalttäter haben am Wochenende auf einem kurdischen Kulturfest in Mannheim rund 800 Polizisten mit Steinen und Flaschen in die Flucht geschlagen und Dutzende Beamte verletzt. Die Polizei hat jetzt eine Ermittlungsgruppe eingericht und weist Vorwürfe zurück, Polizisten hätten die Randalierer provoziert.
Nach den schweren Ausschreitungen auf einem kurdischen Kulturfest in Mannheim soll eine Ermittlungsgruppe der Polizei die Geschehnisse aufarbeiten. Derzeit werde mit Hochdruck daran gearbeitet, Tatverdächtige zu identifizieren, sagte ein Polizeisprecher am Montag. Dazu werde eine Ermittlungsgruppe gebildet, die das umfangreiche Videomaterial von den Angriffen sichten solle.
Die Polizei und das Innenministerium wiesen zugleich Vorwürfe entschieden zurück, die eingesetzten Beamten hätten durch ihr Handeln die Ausschreitungen provoziert. Dafür gebe es keinerlei Anhaltspunkte, sagte ein Ministeriumssprecher.
Ausschreitungen in Mannheim sollen Ausnahme sein
Mehrere Tausend Gewalttäter hatten am Samstag rund 800 Polizisten mit Steinen und Flaschen in die Flucht geschlagen und 80 Beamte verletzt, zwei von ihnen schwer. Die beiden Schwerverletzten befinden sich nach Angaben der Polizei auf dem Weg der Besserung.
Der Sprecher des Innenministeriums kündigte an, dass die Lehren aus den Ausschreitungen in Mannheim in die geplante Reform des Versammlungsrechts einfließen sollen. Denkbar seien unter anderem Auflagen für Veranstalter und bestimmte Anforderungen an das Sicherheitskonzept von Veranstaltungen, sagte er.
Der Sprecher warnte zugleich davor, Kurden wegen der Vorfälle unter Generalverdacht zu stellen. Die Gefahr, dass internationale Konflikte ins Land getragen würden, sei immer gegeben. Allerdings seien die Ausschreitungen in Mannheim die Ausnahme. Es dürfe nicht daraus geschlossen werden, dass andere kurdische Veranstaltungen ebenfalls zu eskalieren drohten.
Polizei: Beamte haben nicht zur Eskalation beigetragen
Ein Polizeisprecher in Mannheim wies Vorwürfe entschieden zurück, die Polizei selbst habe durch ihr Verhalten zur Eskalation beigetragen. Dies sei "völliger Quatsch", betonte er. Die Beamten hätten mehr als defensiv gehandelt. Während des gesamten Tages habe es bei rund 40.000 Teilnehmern 31 Festnahmen wegen des Mitführens von Fahnen und T-Shirts mit Symbolen verbotener Organisationen sowie wegen illegalen Waffenbesitzes und Beleidigung gegeben.
Die CDU forderte Innenminister Reinhold Gall (SPD) auf, in der nächsten Sitzung des Innenausschusses einen umfassenden Bericht zu den Ausschreitungen vorzulegen. Die Umstände, die zu dem Gewaltausbruch geführt hätten, müssten aufgeklärt werden, erklärte der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Thomas Blenke. Angesichts der erschreckend hohen Zahl von 80 verletzten Polizisten könne der Innenausschuss nicht zur Tagesordnung übergehen. "Baden-Württemberg ist kein rechtsfreier Raum. Solche Geschehnisse dürfen sich in unserem Land keinesfalls wiederholen", betonte Blenke.
Gerücht über misshandelten Jugendlichen
Die Polizei vermutet, dass zur Eskalation der Gewalt ein Gerücht beigetragen hat, wonach die Polizei bei einem kurdischen Jugendmarsch nach Mannheim einen Teilnehmer misshandelt habe. Zwar sei der Jugendliche von einem Arzt untersucht worden, der nur einen leicht angeschwollenen Fuß diagnostiziert habe, sagte der Sprecher. Dennoch habe sich das Gerücht hartnäckig gehalten und sei vermutlich ein Grund gewesen, dass die Polizei auf dem Kulturfest in Mannheim so feindlich aufgenommen worden sei.
Kurden-Demo in Dortmund
Als ein 14-Jähriger mit einer verbotenen Fahne das Festgelände betreten wollte und die Polizei deswegen von einem privaten Sicherheitsdienst des Veranstalters um Hilfe gerufen wurde, hätten Besucher dies offenbar als Provokation gewertet und mit "explosionsartiger Gewalt" reagiert. (dapd)