Brüssel. Vor 16 Jahren war Michelle Martin gemeinsam mit Marc Dutroux festgenommen und zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Paar soll sechs Mädchen entführt, vergewaltigt und vier von ihnen getötet haben. Ein Gericht hatte entschieden, dass Martin vorzeitig entlassen werden soll.
Das höchste belgische Gericht hat am Dienstag seine Beratungen über die Freilassung der Ex-Frau und Komplizin des Kindermörders Marc Dutroux aufgenommen. Der Kassationsgerichtshof befasste sich mit zwei Berufungsanträgen gegen die Entscheidung eines Gerichts in Mons, wonach die ehemalige Lehrerin Michelle Martin nach 16 Jahren Haft vorzeitig unter Auflagen freigelassen werden darf. Martin soll allerdings von einem Frauenkloster in Malonne nahe der südbelgischen Stadt Namur aufgenommen werden und dort in Zurückgezogenheit leben.
Das Urteil zur Freilassung soll laut Gericht noch am Dienstagnachmittag fällen. Die Staatsanwaltschaft plädierte am Morgen dafür, dem Einspruch der Opferfamilien nicht statt zu geben und die Haftstrafe für Michelle Martin nach 16 von 30 Jahren vorzeitig zu beenden. Beobachter rechnen damit, dass Martin auf freien Fuß kommt und damit in ein Kloster nach Malonne in Südbelgien ziehen kann. Die dortigen Nonnen hatten sich bereit erklärt, die 52-Jährige aufzunehmen. Sollte das Gericht zu diesem Urteil kommen, würde die 52-Jährige umgehend auf freien Fuß kommen.
Martin soll für den Tod zweier Mädchen verantwortlich sein
Martin war 1996 mit Dutroux festgenommen und zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Dem Paar wurden die Entführung, Gefangenschaft und Vergewaltigung von sechs Mädchen und jungen Frauen und der Tod von vier Opfern zur Last gelegt. Martin wurde vor allem vorgeworfen, dass sie zwei der verschleppten Mädchen in einem Kellerverlies verhungern ließ. Nach der Entscheidung zur Freilassung Martins von Ende Juli hatte es in Belgien zahlreiche Demonstrationen gegen das Urteil gegeben.
Die Angehörigen der Opfer von Dutroux und seiner damaligen Komplizin erklärten, eine Ablehnung ihres Einspruchs käme für sie nicht überraschend. Allerdings sei der Gang vor das Kassationsgericht notwendig gewesen, um danach vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gegen die Freilassung klagen zu können. Denn nicht nur die Familien der sechs Opfer von Dutroux, auch viele Menschen in der wallonischen Kleinstadt Malonne sind entrüstet.
Seit 2003 ist Michelle Martin von Dutroux geschieden. (dapd, rtr)