Washington. Neil Armstrong, erster Mann auf dem Mond, ist tot. Er starb im Alter von 82 Jahren an den Folgen einer Herz-Operation. Mit seinem berühmten ersten Satz auf dem Mond steht er in allen Geschichtsbüchern. Als lebendes Denkmal wollte er jedoch zeitlebens nicht zur Verfügung stehen.
Neil Armstrong gab selten öffentliche Kostproben seines mondstaubtrockenen Humors. Aber wenn, dann fühlte sich sein Publikum wie im Himmelreich. Bei einer Feierstunde für die 20 größten Ingenieurs-Taten des 20. Jahrhunderts sagte er vor zwei Jahren: „Ich kann es mit ehrlichem Gewissen sagen, und es ist eine große Überraschung für mich, aber ich habe niemals einen Traum gehabt, in dem ich auf dem Mond war.“
Dass er dort war, weiß fast jedes Kind. Eine halbe Milliarde Menschen hockte in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1969 vor dem Fernseher und wartete bei schwarz-grau-griesligen Flimmerbildern auf den historischen Moment.
Kurz vor vier Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit war es soweit. Neil Armstrong betrat als erster Mensch den Mond und räusperte seinen bedeutungsschwangeren Satz durchs Mikrofon in Richtung Erde. „Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein gewaltiger Schritt für die Menschheit."
Norman Mailer, der Schriftsteller, hatte ihn sich für die Nasa ausgedacht. Danach wollten Tausende Journalisten immer wieder wissen, was dem damals 38-Jährigen aus dem Städtchen Wapakoneta im US-Bundesstaat Ohio in dem Moment im Kopf herumging.
Neil Armstrong war Anfang August am Herzen operiert worden
Eine umfassende Antwort wird es nicht mehr geben. Im Alter von 82 Jahren ist der „Eremit von Cincinnati“, wie ihn US- Medien wegen seines sparsamen Mitteilungsdrangs nannten, am Samstag an den Folgen einer Herz-Operation gestorben, die er am 7. August über sich ergehen lassen musste.
Armstrong wurde bereits als Kind vom Flieger-Virus infiziert. Er sparte sich mit Hilfe eines Jobs in einer Apotheke das Geld für Flugstunden zusammen. Die Pilotenlizenz macht er mit 16, lange bevor er Auto fahren durfte. Nach seiner Ausbildung zum Flugingenieur und dem Einsatz als Marineflieger im Korea-Krieg, wo er 78 Kampfeinsätze flog, wurde er 1955 Forschungs- und Testpilot und bediente verschiedene Überschalljäger.
1962 begann Armstrong seine Karriere als Astronaut bei der Nasa. Genau in jenem Jahr, als seine damals zwei Jahre alte Tochter Karen einem Krebsleiden erlag.
Neil Armstrong machte mit Nervenstärke die Mondlandung erst möglich
Seine fliegerischen Fähigkeiten, gepaart mit Umsicht, Gelassenheit und einer gewissen Kaltblütigkeit in brenzligen Situationen, machten sich für die Weltraumbehörde mehrfach bezahlt. 1966 bewahrte er bei der Erdumrundung das Raumschiff Gemini 8 vor dem Absturz.
Zwei Jahre später rettete er sich mit dem Fallschirm, als sein Trainings-Gerät für die spätere Mondlandung während eines Testflugs versagte.
Armstrong war der Auffassung, dass „jeder Raumflug auch ein gewisses Maß an altmodischer Fliegerei mit dem Hosenboden erfordert“. Seine Nervenstärke sollte sich auch am Tag X der Apollo 11-Mission auswirken. Dass die Fähre „Eagle“ sicher auf dem Mond landen konnte, war für bange Minuten ungewiss.
Immer wieder die Frage nach dem Mondgang
Der Bordcomputer hatte irrtümlicherweise eine felsige Wüste als Landeplatz ausgewiesen. Armstrong wechselte auf manuelle Steuerung. Und wenige Sekunden vor dem Treibstoffende gelang so der Touchdown.
Auch nach dieser Ausnahme-Situation blieb Armstrong, der deutsche und schottisch-irische Wurzeln besaß, seiner Wortkargheit treu. Rückblickend muss die weltumspannende Danke-Schön-Konfetti-Tour, die ihn und seine Astronauten-Kollegen Edwin „Buzz“ Aldrin und Michael Collins in 25 Länder führte, eine Tortur gewesen sein.
Immer wieder die gleichen Fragen nach dem ersten Schritt auf den Mond. Immer die gleichen Antworten: „Piloten fliegen gerne. Am Gehen haben sie keine so große Freude.“
Obamas Kürzungen beim Raumfahrt-Programm hatte Neil Armstrong kritisiert
1971 hatte Armstrong von der Nasa die Nase voll. Er zog sich in seine Heimat Ohio zurück, kaufte einen Bauernhof, übernahm an der Universität von Cincinnati eine Professor für Raumfahrt-Ingenieurswesen, übte sich später als Manager und Aufsichtsrat in mehreren Firmen, gründete selber welche und wurde Millionär.
Nur reden über seine Einzigartigkeit wollte er so gut wie nie. „Ich stehe als lebendes Denkmal nicht zur Verfügung“, beschied er regelmäßig die Medien.
Armstrong kämpfte gegen die Kommerzialisierung
Die nie endende Kommerzialisierung der Mondlandung ließ ihn verdrießlich werden. Schon seit über 15 Jahren gab Armstrong keine Autogramme mehr; nachdem er erfuhr, was mit seinem Namen verdient wird. Als er seinen Friseur dabei erwischte, wie der eine Haarsträhne des Raumfahrers zu Geld machte, zwang Armstrong ihn, den Gewinn für karitative Zwecke zu spenden.
Neil Armstrong ließ sich 1994 von seiner ersten Frau Janet Shearon scheiden. Er hinterlässt zwei Söhne, Eric und Mark, und seine zweite Frau Carol Knight.
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Präsident Barack Obama würdigte den Verstorbenen: „Neil war unter den größten amerikanischen Helden - nicht nur seiner Zeit, sondern aller Zeiten“. Der posthum so Geehrte war noch vor wenigen Monaten in einem der ganz seltenen Interviews, ausgerechnet mit einem australischen Wirtschaftsprüfer, Obama indirekt wegen der Kürzungen im US-Raumfahrtprogram hart angegangen.
Zum Himmel blicken und an Neil Armstrong denken
„Apollo 11 war eine der erfolgreichsten öffentlichen Investitionen für die Motivation von Studenten, sich anzustrengen und das Beste zu geben", sagte Armstrong im Mai dieses Jahres, „es ist sehr traurig, dass wir heute in die entgegengesetzte Richtung marschieren."
Für die Trauernden in aller Welt haben die Hinterbliebenen einen zu Herzen gehenden Vorschlag: „Wenn Sie das nächste Mal in einer klaren Nacht ins Freie gehen und der Mond zu Ihnen hinunter lacht, denken Sie an Neil Armstrong und zwinkern Sie ihm zu.“