Berlin. . Nachkommen erben nicht nur das Vermögen, sondern auch alle Schulden des Erblassers. In manchen Fällen ist es sinnvoller, zu verzichten. Einige Regeln und Fristen sollten Sie kennen.
Erben sind glückliche Menschen. Normalerweise. Ihnen fällt Geld zu, ein Haus, Schmuck oder Antiquitäten, für die sie selbst nicht arbeiten mussten. Doch der Traum vom Erbe kann manchmal zum Alptraum werden. Denn die Nachkommen erben nicht nur die Vermögenswerte, sondern auch alle Schulden des Erblassers. Rosinenpicken geht nicht: Ein Erbe gibt es immer nur ganz oder gar nicht. Deshalb müssen sich Kinder mitunter sehr gut überlegen, ob sie den Nachlass ihrer Eltern überhaupt antreten sollen – oder ihn besser ausschlagen.
Papiere gründlich sichten
Erster Schritt: Erben müssen sich immer einen möglichst genauen Überblick über die Vermögensverhältnisse von Verstorbenen schaffen. Zu berücksichtigen sind „Verbindlichkeiten aller Art“, wie die Stiftung Warentest ausführt (Finanztest 7/2012). Dazu zählen zum Beispiel offene Rechnungen, Kredite, Steuerschulden, überzogene Konten, Mietschulden und ausstehende Unterhaltszahlungen. Oder ein Haus, das unter Denkmalschutz steht und künftig womöglich hohe Kosten produziert, die man nicht tragen kann. Es empfiehlt sich deshalb, zunächst alle Papiere sehr sorgfältig zu sichten. Alles, was Hinweise auf Schulden oder Vermögenswerte gibt, kann hilfreich sein: Kontoauszüge, Steuerbescheide, Verträge, der Schriftverkehr. Gibt es vielleicht einen Banksafe, in dem weitere wichtige Dokumente lagern?
Eine Kontovollmacht ist hilfreich
Gut ist, wenn man als Erbe einen raschen Zugriff auf die Konten des Toten hat. Hier kann man sich anhand von Kontobewegungen einen guten Überblick über regelmäßige Geldbewegungen verschaffen. Oder gibt es vielleicht unentdeckte Konten, auf denen Tausende Euro Tagesgelder schlummern? Manchmal verlangen die Banken von den Erben einen Erbschein, bevor sie Auskunft geben. „Die Krux: Wer den Schein beantragt, hat das Erbe angenommen“, warnt die Stiftung Warentest. Deshalb muss man versuchen, die Bank mit einer Sterbeurkunde vom Nachlassgericht zu überzeugen. Noch besser: Eine Kontovollmacht, die der Erblasser zu Lebzeiten ausgestellt hat. Sie erleichtert vieles, muss aber explizit für den Sterbefall oder „über den Tod hinaus“ ausgestellt sein. Übrigens: Eine Erbschaft gilt vor dem Gesetz auch als angenommen, wenn der Erbe Gegenstände des Erblassers an sich nimmt. Also Vorsicht: Lieber nicht mit dem Auto des verstorbenen Vaters beim Amtsgericht vorfahren, um dessen Erbe auszuschlagen.
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Das Nachlassgericht des zuständigen Amtsgerichts ist die richtige Stelle, wenn man sich einmal zum Verzicht entschieden hat. Dort muss man persönlich erscheinen. Brief, Fax, E-Mail oder ein Telefonanruf genügen nicht, um den gesetzlichen Formvorschriften zu genügen. Allenfalls eine Erklärung über einen Notar ist noch möglich, der diese dann an das Amtsgericht weiterleitet.
Bitte an die Fristen denken
Wichtig sind insbesondere die Fristen. Wer ein Erbe ausschlagen will, hat in der Regel nur sechs Wochen Zeit. Die Frist beginnt mit dem Eintreten des Erbfalls und der Kenntnisnahme des Erben davon. Tut der Erbe binnen dieser sechs Wochen nichts, gilt der Nachlass als angenommen. Und: Wer ablehnt, sollte auch die Folgen berücksichtigen. Zieht ein Erbe zurück, tritt die Erbfolge in Kraft. Dann müssen die weiteren Nachkommen die Erbschaft jeweils binnen sechs Wochen beim Amtsgericht ablehnen. Davon könnten auch minderjährige Kinder betroffen sein. Besser als eine solche unkontrollierte Kettenreaktion ist es, einen „Erbverzicht“ oder eine „Erbausschlagung“ schon zu Lebzeiten in die Wege zu leiten. Vorteil: Verzichtet ein Erbe frühzeitig, kann der Erblasser selbst entscheiden, wer den Nachlass an seiner statt annehmen soll.
Kritisch: Schwarzgeld
Kritisch für Erben kann auch Schwarzgeld werden. Das Deutsche Forum für Erbrecht warnt: Schwarzgeld-Erben machen sich strafbar, wenn sie das Geld am Fiskus vorbeischleusen. Zwar sei niemand verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte nach schwarzem Geld zu forschen. „Weiß der Erbe allerdings von solchem Schwarzgeld, so darf er die ,Familientradition’ nicht einfach fortführen“, warnt Anton Steiner, Fachanwalt für Erbrecht. Erben müssen entdeckte Schwarzgelder in der Steuererklärung angeben. Das gilt sowohl für die Erbschaft- als auch die Einkommensteuer. Auch später entdecktes Schwarzgeld muss dem Finanzamt gemeldet werden.
Fazit: Wer wirklich davon überzeugt ist, es mit einem überschuldeten Nachlass zu tun zu haben, sollte ihn ausschlagen. Aber: Ein Verzicht will sehr gut überlegt sein. Tauchen später doch noch unentdeckte Millionen auf, ist es meist zu spät.