Paris. . Der Franzose Philippe Croizon ist von einer Ecke der Welt in die andere geeilt, um vier Meerengen zu queren – ohne Arme und Beine. Um sich fortzubewegen, trägt der Mann einen Spezialanzug. “Man kann alles schaffen, wenn man an sich glaubt“, sagt der 44-Jährige, der bei einem Unfall 1994 seine Gliedmaßen verlor.

Der Franzose Philippe Croizon ist ein wahrer Teufelskerl. Im Laufe von vier Monaten ist der 44-Jährige von einer Ecke der Welt in die andere geeilt, um vier Meerengen zu queren, die die fünf Erdteile miteinander verbinden. Eine Herkulesaufgabe selbst für völlig gesunde Menschen, erst recht eine für Menschen mit Behinderung: Philippe Croizon hat bei einem schrecklichen Unfall vor 18 Jahre beide Beine und beide Arme verloren – aber die Hoffnung und den Glauben an sich selbst nie aufgegeben.

In der Beringstraße zwischen Alaska und Russland, der letzten von vier Etappen, führt der Schwimmer an diesem Samstag einen besonders harten Kampf gegen die Elemente. Das von der grimmig kalten Arktis heruntergekühlte pazifische Gewässer hat hier eine widrige Temperatur von gerade einmal vier Grad Celsius. Vier Kilometer Wasser trennen Amerika von Asien: Auf der Kleinen Diomeden-Insel, die noch zu den USA gehört, zwängt sich Philippe Croizon in seinen schwarzen Neopren-Anzug. Eine Sonderanfertigung, an die sich spezielle Flossen schrauben lassen, die er mit seinen Oberschenkeln noch bewegen kann.

Aus Versehen geriet er an eine 20 000-Volt-Leitung

Genau eine Stunde und zwanzig Minuten später hat der Franzose am Nachmittag gegen 15 Uhr die Wahnsinns-Wette gewonnen. Auf dem Großen-Diomeden-Eiland, das sie in Russland Ratmanow-Insel nennen, erreicht er mit seinem ständigen Begleiter Arnaud Chassery (36) überglücklich den anderen Kontinent. „Da haben wir’s. Wir haben es geschafft“, strahlt der Mann, der einen einmaligen Rekord aufgestellt hat. Einen, der vor allem anderen Menschen mit Behinderung Mut machen soll.

Der verhängnisvolle Tag, der das bis dahin sorglose Leben Philippe Croizons in eine Hölle verwandeln sollte, ist der 5. März 1994. Jener Tag, an dem der junge Familienvater auf dem Dach seines Hauses an der Fernsehantenne bastelt – und aus Versehen an eine 20 000-Volt-Leitung gerät. Stundenlange Operationen muss der Geschundene über sich ergehen. Ein Herz zerreißender Augenblick, in dem Philippe Croizon den erlösenden Tod herbeigesehnt hat, wie er britischen Reportern später anvertrauen wird.

Eine Reportage rüttelt ihn auf

Doch eine spannende Reportage, die er vom Krankenbett verfolgt, rüttelt ihn auf. Sie zeigt eine mutige Frau, die schwimmend den Ärmelkanal durchquert. „Das will ich auch schaffen“, sagt sich Croizon damals. Und hält Wort: 2010 ist unser Held der erste vierfach amputierte Mensch, der diese verkehrsreiche Meeresenge von Frankreich nach England durchschwimmt: in 13 Stunden und 26 Minuten.

In diesem Mai ging’s los: Etappe 1 verbindet Ozeanien und Asien. Die 17,2 Kilometer vor Neu-Guinea, ein warmes, aber heimtückisches Gewässer, in dem es vor Haien und gefährlichen Quallen wimmelt, schafft Philippe Croizon in 7:35 Stunden. Schauplatz der zweiten, Asien und Afrika verbindenden Etappe ist im Juni das Rote Meer: 17 Kilometer in 5:25 Stunden. Etappe 3, die Straße von Gibraltar zwischen Asien und Europa ist die längste: 25 Kilometer. Auch die schafft er.