Neu Delhi. Am zweiten Tag in Folge sind am Dienstag in Indien die Stromnetze wegen Überlastung ausgefallen. Mehr als die Hälfte des Landes war von dem Chaos betroffen, 620 Millionen Menschen waren zeitweise ohne Elektrizität. Es ist der größte Stromausfall, den die Welt je gesehen hat.
Durch einen gigantischen Stromausfall sind in Indien am Dienstag rund 600 Millionen Menschen stundenlang ohne Strom gewesen. Betroffen vom größten Blackout in der Geschichte des Landes - und wohl dem größten weltweit - waren der Norden, der Osten und der Nordosten - und damit mehr als die Hälfte Indiens. In Neu Delhi und anderen Städten herrschten chaotische Zustände; hunderte Arbeiter eines Kohlebergwerks saßen unter Tage fest.
Mitten am Tag, gegen 13 Uhr Ortszeit (9.30 Uhr MESZ), seien nacheinander die drei Netze für den Norden, Osten und Nordosten Indiens wegen Überlastung zusammengebrochen, sagte ein Sprecher der indischen Netzgesellschaft Powergrid Corporation of India der Nachrichtenagentur AFP. Offenbar gab es einen Dominoeffekt. Das bereits am Montag zusammengebrochene Netz im Norden des Landes zog zuviel Strom vom Osten ab - nach dessen Zusammenbruch kollabierte wenig später auch das Netz im Nordosten.
In der Hauptstadt Neu Delhi fielen wie schon am Vortag die U-Bahnen ebenso wie die Verkehrsampeln aus, erneut herrschte auf den Straßen Chaos. Auch in Kolkata (Kalkutta) im Osten des Landes saßen die Menschen ohne Strom da. Landesweit blieben 400 Züge mitten auf der Strecke stecken. 180 Kilometer nordwestlich von Kolkata saßen Bergleute des Konzerns Eastern Coalfields unter Tage fest, weil ihre Aufzüge nicht mehr fuhren. Sie wurden erst nach mehreren Stunden gerettet.
Stromausfälle in 20 der 28 indischen Bundesstaaten
Nach etwa fünf Stunden war zumindest im Nordosten des Landes das Stromnetz wieder voll einsatzfähig. Im Osten und Norden waren gegen 18 Uhr allerdings erst 35 beziehungsweise 45 Prozent der Leistungsfähigkeit erreicht.
Nach einer AFP-Zählung waren am Dienstag insgesamt 20 der 28 indischen Bundesstaaten betroffen. Bereits am Montag war das öffentliche Leben in neun Bundesstaaten im Norden Indiens stundenlang lahmgelegt worden. Bis zu 300 Millionen Menschen saßen ohne Strom da.
Energieminister Sushilkumar Shinde machte erneut einige Bundesstaaten für die Überlastung der Netze verantwortlich. Diese hätten mehr Strom abgerufen als ihnen zustehe. Die Energieprobleme bringen die Regierung in Bedrängnis. Vertreter der Industrie riefen am Dienstag zur Reform der unzulänglichen Energieversorgung auf.
Die aufstrebende Wirtschaftsmacht Indien hängt in der Stromerzeugung überwiegend von der Kohle ab, die Stromnetze sind veraltet. Besonders in den heißen Sommermonaten, in denen der Stromverbrauch deutlich ansteigt, ereignen sich immer wieder Ausfälle. Krankenhäuser, Flughäfen, Hotels und viele Privatleute, die es sich leisten können, haben sich darauf eingestellt und für Notfälle Generatoren angeschafft. (afp)