Essen/London. . Die Polizei suchte im Haus des Tetra-Pak-Erben Hans Kristian Rausing Drogen, und sie fand eine Tote: Rausings Ehefrau Eva Louise Kemeny. Die Hintergründe sind rätselhaft. War es eine Überdosis? Die Firma TetraPak selbst schwieg am Mittwoch zu den tragischen Entwicklungen.

Nach allem, was bisher bekannt ist, suchte die Polizei Drogen bei Hans Kristian Rausing, Millionen-, wenn nicht Milliardenerbe der TetraPak-Dynastie, Sohn eines der reichsten Männer Englands – doch sie fand seine Frau: tot in ihrem schicken, weißen Haus im Nobelviertel Belgravia, London. Woran Eva Louise Kemeny, 48, starb, konnte auch eine erste Obduktion nicht klären, Erklärungen drängen sich allerdings auf und schnell in die örtlichen Medien: eine Überdosis, bestimmt.

Denn mit Drogen hatte das öffentliche Leben der Ms Rausing begonnen: In einer amerikanischen Entzugsklinik lernte die Tochter eines wohlhabenden Pepsi-Cola-Managers aus South Carolina den noch wohlhabenderen jüngsten Spross von Hans Rausing kennen. Gemeinsam zogen sie nach London, wo sie mit ihren vier minderjährigen Kindern ein Benefiz-Leben führten; sie zeigten ihr Geld gern, gaben es aber auch gern her. Meist für englische und auch internationale Wohltätigkeitsorganisationen, die sich dem Kampf gegen die Sucht widmeten, besonders der Drogenprävention bei Jugendlichen.

Mit Heroin in die US-Botschaft

Vor vier Jahren erst stand Eva Rausing dennoch im Mittelpunkt eines nicht nur diplomatischen Skandals: Damals hatte sie offenbar versucht, zehn Gramm Kokain und zweieinhalb Gramm Heroin zu einer Party in die amerikanische Botschaft zu schmuggeln – dem wohl bestgesicherten Gebäude Londons. In ihrem Auto fanden Ermittler zudem Tabletten und weitere 50 Gramm Kokain im Haus der Rausings, das auch jetzt wieder durchsucht wurde und dessen weiße Säulen nun mit blauem Flatterband abgesperrt sind. Damals kam das Ehepaar mit einer Verwarnung davon; Voraussetzung dafür ist nach britischem Gesetz das Geständnis des Drogenbesitzes.

„Ich habe einen großen Fehler gemacht“, sagte Eva Rausing damals und versprach, die Hilfe zu suchen, „die ich so sehr brauche“. Eltern und Geschwister von Hans Kristian Rausing erklärten öffentlich ihre Hoffnung, „dass Hans und Eva ihre Abhängigkeit überwinden können“. Am Mittwoch äußerten sie sich „schockiert und traurig“ über den Tod der Schwiegertochter. Das Ehepaar Kemeny in den USA beschrieben Tochter Eva als „hingebungsvolle Ehefrau und Mutter von vier sehr geliebten und wundervollen Kindern“. Sie habe sich nicht nur finanziell, „sondern auch mit Hilfe ihrer persönlichen Erfahrung“ in der Anti-Drogen-Bewegung eingesetzt.

Ermittlungen wegen Mordes

Eine Kusine aus dem Rausing-Clan sagte dem „Daily Telegraph“: „Drogen sind schlimm. Sie waren viele Jahre lang ein Problem für Hans und seine Frau, aber ich bin mir sicher, dass Hans Kristian nichts mit ihrem Tod zu tun hat.“ Tatsächlich ermittelt bei Scotland Yard die Abteilung für Mord und Schwerverbrechen in dem Fall. Der Witwer befindet sich im Gewahrsam, wird derzeit medizinisch behandelt.

Der 49-Jährige ist das jüngste Kind des schwedischen Firmengründers Hans Rausing senior, der mit der Erfindung des TetraPaks durch seine Ingenieure Milliarden machte. 1995 verkaufte er seine Unternehmensanteile an seinen inzwischen verstorbenen Bruder. Heute lebt er in Sussex, züchtet Rehe und soll laut der aktuellen Reichen-Liste der „Sunday Times“ über ein Vermögen von umgerechnet 5,4 Milliarden Euro verfügen. Andere Quellen sprechen von zehn Milliarden Dollar. Erst im März listete „Forbes“ ihn auf Rang 88 der reichsten Männer der Welt.

Großes Teile dieses Geldes soll Rausing, dem Reichtum angeblich nie wichtig war, bereits seinen Kindern vermacht haben. Hans junior soll damit neben der mehrstöckigen Londoner Villa ein weiteres Anwesen auf Barbados und ein Apartment auf einem Luxusdampfer unterhalten haben. Mit der akademischen Bildung seiner älteren Schwestern Lisbet und Sigrid und dem Unternehmergeist der älteren Generation habe er aber nie mithalten können, analysierte der „Guardian“ schon 2008.

Lösungen für ein besseres Leben

Die Firma TetraPak selbst schwieg am Mittwoch zu den tragischen Entwicklungen in der Gründerfamilie. In den letzten Pressemitteilungen werden der „Welt-Milch-Tag“ gefeiert und die Premiere für Karton-Wein im Königreich. „Better solutions for a better life“ ist dabei der Leitspruch des Unternehmens, „bessere Lösungen für ein besseres Leben“. Für sich selbst haben die TetraPak-Erben solche Lösungen offenbar nicht gefunden.