Essen. . Das Leben von Charlie Sheen gleicht einer Achterbahn. Erst war er der bestbezahlte amerikanische TV-Schauspieler, dann soff er sich aus dem Vertrag. Jetzt steht er vor einem glanzvollen Comeback: In „Anger Management“ zeigt er, dass er seinen Charme nicht verloren hat - und parodiert sich selbst.
Charlie Sheen war weg, war ganz unten. Weil er immer „high“ war oder betrunken. Manchmal auch beides. Er gab wirre Interviews, beschimpfte nahezu jeden. „Karriere zu Ende“ lautete die übereinstimmende Prognose für den einst bestbezahlten Schauspieler des US-Fernsehens. Doch seit dem Start seiner neuen Serie „Anger Management“ kann man sich da nicht so sicher sein.
Eines konnte Sheen schon immer. Sich nicht ernst nehmen. Und so spielt er bei seiner Rückkehr ins TV mit seinem Image. Legt sich zu trauriger Musik in einen Sarg, in dem er plötzlich die Augen öffnet. Oder lässt einen Zug entgleisen. Einen viel größeren als der, von dem ihn die Drehbuchautoren von „Two And A Half Men“ (TAAHM) überfahren ließen, um ihn nach seinen verbalen Ausfällen aus der Serie zu schreiben. „Komm schon“, sagt Sheen augenzwinkernd in den Spots für sein neues Projekt, „jeder hat eine 24. Chance verdient.“
Baseball, Sex und Jähzorn
In den USA hat er seine beim Bezahl-Sender FX bekommen. Und er scheint sie zu nutzen. Zum Start schalteten knapp 5,5 Millionen Zuschauer ein. Für Bezahlfernsehen ein sensationeller Wert, selbst in den USA. Noch nie zuvor schalteten mehr Menschen dort einen Kabelsender ein, um die Premiere einer gescripteten Comedy zu sehen. Wobei es „Comedy“ nicht so ganz trifft. Denn eigentlich ist die Serie mehr Selbstparodie des Hauptdarstellers denn Fantasie des Drehbuchautors.
„Anger Management“ basiert lose auf dem gleichnamigen Kinofilm mit Jack Nicholson und Adam Sandler, der in Deutschland unter dem Titel „Die Wutprobe“ lief. Sheen spielt wieder einen Mittvierziger mit Vornamen Charlie. Der hier heißt Goodson und ist geschiedener Vater einer halbwüchsigen Tochter. Einem sexuellen Abenteuer nie abgeneigt. Ein Mann, der erkannt hat, dass er ein Problem hat mit seinem Jähzorn. Ein einst erfolgreicher Baseball-Spieler, der bei einem Wutanfall auf die fatale Idee kam, eine Keule über dem Knie zu zerbrechen. Was dem Knie mehr schadete als der Keule. Jetzt ist er Therapeut für „Anger Management“, also für Zornbewältigung, kann seine eigene Wut aber noch nicht immer im Zaume halten. Deshalb geht er selbst noch zu einer Therapeutin, mit der er natürlich auch im Bett landet.
Zum Auftakt zeigt Sheen, dass er nichts verlernt hat in diesem von Schnaps und Drogen vernebelten Jahr. Sein Timing ist gut, der alte Charme noch immer vorhanden. Der Rest kann da noch nicht ganz mithalten. Die ersten Storys sind eher durchschnittlich einfallsreich, die Dialoge nicht so scharf und pointiert, wie bei TAAHM. In Deutschland hat Vox die Rechte für „Anger Management“ gekauft, ohne bisher einen Ausstrahlungstermin zu nennen.
Keine Zeit für Prostituierte
Für Sheen ist der Erfolg der Serie wichtig. Denn diese Rolle ist wahrscheinlich die letzte Chance, sich zu rehabilitieren. Um als Schauspieler in Erinnerung zu bleiben und nicht als grenzdebiler Hanswurst. Deshalb arbeitet der 46-Jährige auch im echten Leben verstärkt an seinem Image. Er habe gar keine Zeit mehr, die er mit Drogen und Prostituierten verschwenden könne, hat er dem Promi-Portal TMZ neulich erzählt und sich im Playboy bei seinem TAAHM-Kollegen Jon Cryer entschuldigt. War Cryer im vergangenen Jahr noch ein „Troll“ und „Verräter“ ist er jetzt ein „toller Kerl“, mit dem sich Sheen wieder vertragen möchte. Und den einst übel beschimpften Half-Men-Produzenten Chuck Lorre nennt er derzeit „Genie“.
Präsident der USA
100 Folgen Wutbewältigung sind geplant. Dann, sagt Sheen, werde er wohl aufhören mit dem Fernsehen. „Irgendwann ist man es leid, anderer Leute Klamotten zu tragen, anderer Leute Sätze zu sprechen und an Stelle von anderen Leuten zu sein.“ Ganz sicher ist der Rückzug allerdings nicht. Angeblich gibt es derzeit ein neues Angebot. Für das Kino. Eine Rolle, die man nicht ablehnen kann. Sheen soll im zweiten Teil von „Machete“ mitspielen. Als Präsident der USA.