London. . Von der spektakulären Bootsparade zum 60. Thronjubiläum der Queen schwärmt sogar der Palast. London freut sich auf eine gigantische Feier — sogar mehr als auf die Olympischen Spiele

Euphorie ist nicht unbedingt „very british“, doch auf der Glücksskala im Königreich geht es seit einigen Tagen immerhin deutlich nach oben: Am Wochenende feiert die Queen ihr Diamantenes Thronjubiläum – ein historischer Termin, an dem sich London zur Kulisse einer spektakulären Bootsparade wandelt.

Sebastian Coe kann man nur dringend empfehlen, am 3. Juni die Fensterrollos zu schließen, einen Kurztrip zu buchen oder den Keller aufzuräumen. Denn die Queen zeigt dem Londoner Chef-Organisator der Olympischen Spiele, wie man mal eben die Herzen im Land wärmt, eine gigantische Feier auf die Themse bringt und dabei auch noch lächelt.

1000 Schiffe für die Königin

Mehr als 1000 Schiffe wird die Parade umfassen, darunter chinesische Dschunken, Gondeln aus Venedig, Segler, Ruderboote, Hausboote, Rettungsboote, Kriegsschiffe und natürlich die Königliche Barge mit Ihrer Majestät. „Ein solches Ereignis hat es in der Größe und optischen Wirkung noch nie gegeben“, kündigt Michael Lockett an, der die Gelder für die Flotilla verwaltet, „die Parade wird Geschichte für London und das Land schreiben.“ Selbst im Buckingham-Palast, wo man sonst peinlichst um neutrale Formulierungen bemüht ist, ist die Rede von „Szenen wie in einem Gemälde von Canaletto“.

Das klingt nun immer noch nicht so spannend, dass man damit die pomp- und paradenverwöhnten Briten vor die Haustür locken könnte. Nicht einmal die Olympischen Spiele im Sommer haben bisher Begeisterung entfacht. Doch zur großen Überraschung folgen die Untertanen dem Party-Befehl ihrer Monarchin schon jetzt, eine Woche vor dem großen Spektakel: Wie auch am Krönungstag der Queen vor 59 Jahren werden in vielen Kommunen bereits die Biertische abgestaubt. Nahezu 10 000 Genehmigungen für Straßenfeste haben die Ordnungsämter erteilt – deutlich mehr als etwa 2011 zur Hochzeit von Kate und William.

60 Jahre harte Arbeit

„Ziel ist es, der Queen für 60 Jahre harte Arbeit zu danken“, erklärt Mitorganisator Lord Salisbury, „sie vermittelt ja immer den Anschein, dass ihr Amt leicht sei. Aber jeder, der selber Profi ist, weiß, dass mühelos scheinende, gute Arbeit immer Ergebnis großer Anstrengung ist.“ Für Elizabeth und Philip, 85 und 90 Jahre alt, dürfte der Tag die größte Würdigung ihrer Lebensleistung werden.

60 Fakten zu 60 Jahren Queen Elizabeth II

Elizabeth war die erste britische Monarchin, die 1993 die Türen zum Buckingham Palast für Touristen öffnete. Mit den Einnahmen sollte ein Feuerschaden am Schloss Windsor repariert werden.

Die Queen hat in ihrem Leben noch kein einziges Interview gegeben.

Zwölf Premierminister - von Winston Churchill bis David Cameron - hat die Queen persönlich begrüßt und elf von ihnen überdauert.

Margaret Thatcher kopierte die Queen hemmungslos: Knallige Farben bei konservativen Schnitten, dazu Perlen und eine schwarze Handtasche, ließen die Eiserne Lady royal und mächtig wirken. Die beiden Expertinnen im "power-dressing" sollen sich nicht besonders gemocht haben.

Alle der über 5000 Schwäne Englands gehören formal der Königin. Die Tiere werden jedes Jahr von royalen Schwan-Zählern einzeln aus dem Wasser gehievt, untersucht und gezählt.

Auch die Schweinswale und Delfine rund um die britische Küste gehören seit dem Jahr 1324 zum Besitz des Monarchen.

Die Rennpferde aus dem Stall der Queen erkennt man den Farben, die der Jockey trägt: Sein Hemd ist violett, hat goldfarbene Kordelverschlüsse und scharlachrote Ärmel.

Die klassische englische Standardbriefmarke mit dem Kopf der Queen wird zum Jubiläum neu aufgelegt - und zwar in silber-blau.

Ein Galoppsieg für eines ihrer Pferde beim berühmten Epsom Derby gilt als größter Traum der Queen. Über die anderen spricht sie nicht.

45.000 Weihnachtskarten hat die Queen nach Palast-Schätzungen in ihrem Leben geschrieben haben.

Das erste Portrait von Elizabeth wurde gemalt, als sie sieben Jahre alt war, das letzte im Jahr 2005. Es gibt 129 Gemälde von ihr. Sie ist außerdem die meist fotografierte Frau der Welt.

Manche erkennen sie trotzdem nicht. "Ich hielt sie für ein Mütterchen, das sich verirrt hatte", sagte ein zerknirschter Wärter, der ihr bei der Royal Horse Show in Windsor 1991 den Zugang zur VIP-Tribüne verweigerte.

404.500 Auszeichnungen hat die Queen seit 1952 an ihre Untertanen verliehen.

14_ Im Zuge der Entkolonialisierung hat die Queen mehr Staatsgebiete abgeben müssen als irgendein anderer Monarch in der britischen Geschichte. Auch Schottland will sich 2014 per Referendum von der Krone lossagen.

3.500.000 Briefe hat die Queen in ihrer Regentschaft beantwortet. Sie macht das gern.

Ihre erste Email schrieb sie 1976 von einem Militärstützpunkt aus.

Ihre Facebook-Seite "The British Monarchy", eingerichtet 2010, zählt heute 541.000 Fans.

Mit nur einer einzigen Ausnahme verliest die Queen seit 1952 eine Weihnachtsbotschaft für die Briten.

Obwohl sie längst im Rentenalter ist, nimmt sie jedes Jahr noch 430 offizielle Termine wahr.

Als Oberhaupt der "Church of England" betrat die Queen 2002 zum ersten Mal in ihrem Leben eine Moschee im Königreich.

30 Prozent aller Führungspositionen in ihrer "Firma" sind mit Frauen besetzt.

Die Queen liebt Comedy, soll einen trockenen Wortwitz pflegen und ihre Mitmenschen perfekt parodieren können. 23_ Zu den kuriosesten Geschenken, die sie erhalten hat, gehören zwei Faultiere aus Brasilien.

Hauptregel für Palast-Gäste: Die Queen darf nicht angefasst, gedrückt oder geherzt werden.

Die Queen zahlt seit 1992 Steuern.

Wenn man die Gelder, die sie für vom Staat für ihr Amt und ihre Reisen erhält, auf die Bevölkerung umrechnet, dann kostet die Queen jeden Briten im Jahr so viel wie ein Pint Milch: 65 Pence pro Kopf.

Elizabeth schätzt zum Frühstück eine helle und eine dunkle Marmelade, Joghurt und zwei Tupperdosen mit Cornflakes und Haferflocken. Jeden Tag.

Den Tee nimmt sie um Punkt 16.30 Uhr zu sich. Korrekte Briten (und Anglophile) tun es ihr nach.

Ihre Lieblingshunde, die Corgis, sind bei Briten so beliebt wie nie. Ihren ersten Corgi bekam sie als 18-Jährige geschenkt.

Der Palastlakai, der einem ihrer Corgis bei einer Party Whiskey ins Trinkwasser schüttete, kassierte eine Lohnkürzung und Strafversetzung.

Die Queen war die Erste, die Corgis mit Dackeln kreuzte und so einen "Dorgi" kreierte.

Nomen est Omen: Einer ihrer "Dorgis" heißt Vulcan.

Elizabeth nimmt trotz ihrer 86 Jahre immer noch das Amt der Schirmherrin für 600 wohltätige Organisationen wahr.

Unter den Reichen im Königreich kommt die Queen nur auf Platz 257.

Elizabeth ist die erste Monarchin mit drei geschiedenen Kindern.

Die Queen wurde Zuhause, und nicht wie andere Kinder in der Schule, unterrichtet.

Am liebsten liest sie Krimis.

Vielleicht ist es Agatha Christie, die ihr hilft, cool zu bleiben: 1982 musste sie minutenlang einen Einbrecher auf ihrer Bettkante unterhalten. Ihre Bediensteten hatten den Alarm aus ihrem Zimmer für einen Scherz gehalten.

Im Zweiten Weltkrieg bildete man sie zur angehenden Automechanikerin aus. Angeblich soll sie eine Kupplung allein austauschen können, auch wenn sie das natürlich nie muss.

Auf ihren weitläufigen Landgütern sitzt sie selbst am Steuer. Ihr Fahrstil ist Formel-1-tauglich.

Prinz Philip nennt die Queen "Sausage" (Würstchen). Wir fragen nicht, warum.

Die Queen wird mit "Your Majesty" begrüßt und danach mit "Ma'am" angesprochen.

Viele Untertanen schickten der Queen 1947 - verbotenerweise - Kleidungsmarken, damit sie Stoff für ein Hochzeitskleid besorgen konnte. Die Marken gab sie diskret zurück.

Ihre Krönung war die erste, die Briten am Fernseher mitverfolgen konnten.

Ihren Dienstboten gibt sie Zeichen per Handtasche: Schwenkt sie sie bei offiziellen Anlässen von Arm zu Arm, heißt das, dass sie sich langweilt. Handtasche nach dem Dinner auf dem Tisch bedeutet: In fünf Minuten will ich gehen.

Ihre Handtaschen sind fast leer, bis auf ein Taschentuch, Fotos und Glückbringer ihrer Kinder.

Die Queen war in ihrem Leben nur zwei Mal öffentlich gerührt: Ein Mal, als sie nach einem Minenunglück 1966 die Nachricht eines Kindes vorlas, das zweite Mal, als ihre "Royal Yacht" eingemottet wurde.

Sie wurde in der Bruton Street Nummer 17, einem adeligen Quartier, zur Welt gebracht. Heute befindet sich in dem Haus ein chinesisches Restaurant.

Seit 2010 ist Elizabeth Ur-Oma.

Sie trägt nie Bargeld bei sich. Pass und Führerschein besitzt sie nicht.

Ihre Kleider haben einen Bleisaum, damit keine Windböe sie in Verlegenheit bringt.

Jedes Kleid und jeder Hut wird für sie geschneidert. Die Queen trägt - anders als die jungen Royals - nichts von der Stange.

Eine Dienerin läuft alle neuen Schuhe der Queen ein, damit sie es bei langen Stehempfängen bequem hat.

Sie hat im Leben noch keine Jeans getragen, ist aber schon mal U-Bahn gefahren.

Alle ihre Kleider haben Namen und werden katalogisiert. Sie recycelt ihre Garderobe, darf aber natürlich nicht am selben Ort im selben Kleid auftreten.

Für den Jubiläumssonntag am 3. Juni setzen viele Wettlustige darauf, dass die Queen ein gelbes Gewand trägt.

Was sie je über die Premierminister ihres Landes gedacht hat, weiß niemand. Aber das sagt David Cameron über sie: "Ich schätze ihren gesunden Menschenverstand. Sie kann allen Lärm ausblenden und sieht immer das Wesentliche."

Was sie jungen Offizieren 2010 mit auf den Weg gab, klang nach ihrem Lebensmotto: "Ihr müsst mutig und doch selbstlos sein; selbstsicher und umsichtig; Anführer und Fürsorger."

Das lustigste Jubiläumssouvenir, eine solarbetriebene Winke-Queen mit Tiara, kostet in Londoner Geschäften ca. 18 Euro.

Dass die Queen je abdankt ist so unwahrscheinlich wie ein Papst, der zurücktritt. Sie hat dem Land versprochen, bis zum letzten Atemzug im Amt zu bleiben.

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