London/Kreis Unna. Der kleine Antillenstaat Grenada veranstaltet ihr zu Ehren ein Eselrennen, Australien gibt eine extra Briefmarke heraus und Kanada schmeißt eine royale Gartenparty: Wenn die englische Königin am Wochenende ihre 60-jähriges Thronjubiläum begeht, feiern die ehemaligen Commonwealth-Staaten natürlich mit. Doch auch ein kleines Dorf im Kreis Unna hat eine ganz besondere Beziehung zur Queen.
Sie wird in einer goldenen Kutsche durch London fahren und in ihrer "Royal Barge" die Themse überqueren: Die englische Königin Elisabeth II feiert am Wochenende ihr 60-jähriges Thronjubiläum. Viel Pomp, viele Besucher und ein Schaulaufen des royalen Fuhrparks: Vielleicht denkt Elisabeth beim fröhlichen Winken aus der königlichen Kutsche auch an eine Nacht im Mai 1965 zurück, die sie in einem ganz anderen Fahrzeug fern der Heimat verbrachte. Ein Sonderzug brachte die Queen damals zum Besuch ihrer Truppen in Deutschland - und dabei mitten durch das kleine Dorf Lenningsen im Kreis Unna.
Ein Ständchen für den königlichen Übernachtungsgast
Otto Schröder war damals live dabei: Als am 25. Mai 1965 der königliche Zug auf dem Gelände des Bahnhofes hält, steht der Dorfschullehrer mit seinen Schulkindern an den Schienen. Begeistert über den royalen Gast bringen sie der Monarchin ein Ständchen. Doch Elisabeth steigt nicht aus, kurz winkt sie am Fenster, dann verschwindet sie wieder in ihrem Wagen - und bleibt über Nacht. Am folgenden Morgen um 9.35 Uhr verläßt der aus Duisburg kommende Sonderzug den Bahnhof Richtung Soest, wo Elisabeth die britischen Truppen besuchen will.
Heute blüht die "Queen Elizabeth"-Rose vor dem Bahnhof
Mit der spontanen Gesangsaktion hat sich der heute 94-jährige Rentner im Dorf schon zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt. "Otto Schröder ist so etwas wie eine Lehrerlegende hier in Lenningsen", erzählt Karl J. Große Kathöfer, der als Sprecher der Interessengemeinschaft Lenningsen stolz auf den königlichen Besuch vor 47 Jahren ist, "dieser kurze Aufenthalt der Königin ist etwas ganz besonderes für unser Dorf und Otto Schröder und seine damaligen Schüler haben das damals auch der Queen gezeigt, wie sehr sich Lenningsen gefreut hat."
Die Lenningser halten die Erinnerung an die kurze Stippvisite der englischen Monarchin auch heute noch lebendig. Vor dem ehemaligen Bahnhofsgebäude, das heute einen Kindergarten beherbergt, blüht die "Queen Elizabeth". "Wir haben zur Erinnerung an den Besuch der Queen ein Rosenbeet mit Elisabeth-Rosen angelegt", erklärt Karl J. Große Kathöfer, , "und es gab darauf sogar eine Reaktion der Königin."
Buckingham Palast bedankte sich für das Engagement aus Lenningsen
Der Buckingham-Palast bedankte sich schriftlich für das Engagement fern der Britischen Insel. " Die Königin hat erfahren, dass Sie den dreißigsten Jahrestag des Aufenthalts Ihrer Majestät im Königlichen Sonderzug in Bönen-Lenningsen, Kreis Unna, während ihres Staatsbesuchs in Deutschland mit der Anlage eines kleinen Gartens mit Elisabeth-Rosen feierlich begehen wollen. Ihre Majestät hat sich gefreut, an ihren kurzen Aufenthalt in Ihrer Gegend erinnert zu werden und war von der Aktion der Bürger des Ortes sehr angetan", heißt es in der kurzen Notiz, die das offizielle Emblem des Buckingham Palastes trägt.
Zum großen Thronjubiläums Wochenende bleibt es dennoch ruhig in Lennigsen. "Wir haben keine Feier geplant", sagt Große Kathöfer. Auf den Spuren Elisabeths wandeln können interessierte Besucher dennoch: Die Bahnstrecke, auf der einst der königliche Sonderzug stand, wurde mit der Einstellung des Bahnbetriebes zu einem Wander- und Radweg ausgebaut.
Duisburg probt die royale Flottenparade
In Duisburg, von wo der königliche Sonderzug im Mai 1965 Richtung Lenningsen startete, wird das Jubiläum dagegen stilecht begangen: Die Deutsch-Britische Gesellschaft lädt zur großen Bootsparade. Auf einem britisch rausgeputzten Floss wird die "Queen" samt Familie ihren Tee zu sich nehmen. "Die Königin muss sich ja auf die große Flottenparade am Sonntag auf der Themse vorbereiten", erklärt Vorsitzender Robert Tonks mit einem Augenzwinkern. Um 11. 30 Uhr erreicht das königliche Floß den Steg am Wasserspielplatz, dort können Neugierige der Königin in einer eigens eingerichteten "Speaker's Corner" ihre Meinung sagen.
60 Fakten zu 60 Jahren Queen Elizabeth II
Elizabeth war die erste britische Monarchin, die 1993 die Türen zum Buckingham Palast für Touristen öffnete. Mit den Einnahmen sollte ein Feuerschaden am Schloss Windsor repariert werden.
Die Queen hat in ihrem Leben noch kein einziges Interview gegeben.
Zwölf Premierminister - von Winston Churchill bis David Cameron - hat die Queen persönlich begrüßt und elf von ihnen überdauert.
Margaret Thatcher kopierte die Queen hemmungslos: Knallige Farben bei konservativen Schnitten, dazu Perlen und eine schwarze Handtasche, ließen die Eiserne Lady royal und mächtig wirken. Die beiden Expertinnen im "power-dressing" sollen sich nicht besonders gemocht haben.
Alle der über 5000 Schwäne Englands gehören formal der Königin. Die Tiere werden jedes Jahr von royalen Schwan-Zählern einzeln aus dem Wasser gehievt, untersucht und gezählt.
Auch die Schweinswale und Delfine rund um die britische Küste gehören seit dem Jahr 1324 zum Besitz des Monarchen.
Die Rennpferde aus dem Stall der Queen erkennt man den Farben, die der Jockey trägt: Sein Hemd ist violett, hat goldfarbene Kordelverschlüsse und scharlachrote Ärmel.
Die klassische englische Standardbriefmarke mit dem Kopf der Queen wird zum Jubiläum neu aufgelegt - und zwar in silber-blau.
Ein Galoppsieg für eines ihrer Pferde beim berühmten Epsom Derby gilt als größter Traum der Queen. Über die anderen spricht sie nicht.
45.000 Weihnachtskarten hat die Queen nach Palast-Schätzungen in ihrem Leben geschrieben haben.
Das erste Portrait von Elizabeth wurde gemalt, als sie sieben Jahre alt war, das letzte im Jahr 2005. Es gibt 129 Gemälde von ihr. Sie ist außerdem die meist fotografierte Frau der Welt.
Manche erkennen sie trotzdem nicht. "Ich hielt sie für ein Mütterchen, das sich verirrt hatte", sagte ein zerknirschter Wärter, der ihr bei der Royal Horse Show in Windsor 1991 den Zugang zur VIP-Tribüne verweigerte.
404.500 Auszeichnungen hat die Queen seit 1952 an ihre Untertanen verliehen.
14_ Im Zuge der Entkolonialisierung hat die Queen mehr Staatsgebiete abgeben müssen als irgendein anderer Monarch in der britischen Geschichte. Auch Schottland will sich 2014 per Referendum von der Krone lossagen.
3.500.000 Briefe hat die Queen in ihrer Regentschaft beantwortet. Sie macht das gern.
Ihre erste Email schrieb sie 1976 von einem Militärstützpunkt aus.
Ihre Facebook-Seite "The British Monarchy", eingerichtet 2010, zählt heute 541.000 Fans.
Mit nur einer einzigen Ausnahme verliest die Queen seit 1952 eine Weihnachtsbotschaft für die Briten.
Obwohl sie längst im Rentenalter ist, nimmt sie jedes Jahr noch 430 offizielle Termine wahr.
Als Oberhaupt der "Church of England" betrat die Queen 2002 zum ersten Mal in ihrem Leben eine Moschee im Königreich.
30 Prozent aller Führungspositionen in ihrer "Firma" sind mit Frauen besetzt.
Die Queen liebt Comedy, soll einen trockenen Wortwitz pflegen und ihre Mitmenschen perfekt parodieren können. 23_ Zu den kuriosesten Geschenken, die sie erhalten hat, gehören zwei Faultiere aus Brasilien.
Hauptregel für Palast-Gäste: Die Queen darf nicht angefasst, gedrückt oder geherzt werden.
Die Queen zahlt seit 1992 Steuern.
Wenn man die Gelder, die sie für vom Staat für ihr Amt und ihre Reisen erhält, auf die Bevölkerung umrechnet, dann kostet die Queen jeden Briten im Jahr so viel wie ein Pint Milch: 65 Pence pro Kopf.
Elizabeth schätzt zum Frühstück eine helle und eine dunkle Marmelade, Joghurt und zwei Tupperdosen mit Cornflakes und Haferflocken. Jeden Tag.
Den Tee nimmt sie um Punkt 16.30 Uhr zu sich. Korrekte Briten (und Anglophile) tun es ihr nach.
Ihre Lieblingshunde, die Corgis, sind bei Briten so beliebt wie nie. Ihren ersten Corgi bekam sie als 18-Jährige geschenkt.
Der Palastlakai, der einem ihrer Corgis bei einer Party Whiskey ins Trinkwasser schüttete, kassierte eine Lohnkürzung und Strafversetzung.
Die Queen war die Erste, die Corgis mit Dackeln kreuzte und so einen "Dorgi" kreierte.
Nomen est Omen: Einer ihrer "Dorgis" heißt Vulcan.
Elizabeth nimmt trotz ihrer 86 Jahre immer noch das Amt der Schirmherrin für 600 wohltätige Organisationen wahr.
Unter den Reichen im Königreich kommt die Queen nur auf Platz 257.
Elizabeth ist die erste Monarchin mit drei geschiedenen Kindern.
Die Queen wurde Zuhause, und nicht wie andere Kinder in der Schule, unterrichtet.
Am liebsten liest sie Krimis.
Vielleicht ist es Agatha Christie, die ihr hilft, cool zu bleiben: 1982 musste sie minutenlang einen Einbrecher auf ihrer Bettkante unterhalten. Ihre Bediensteten hatten den Alarm aus ihrem Zimmer für einen Scherz gehalten.
Im Zweiten Weltkrieg bildete man sie zur angehenden Automechanikerin aus. Angeblich soll sie eine Kupplung allein austauschen können, auch wenn sie das natürlich nie muss.
Auf ihren weitläufigen Landgütern sitzt sie selbst am Steuer. Ihr Fahrstil ist Formel-1-tauglich.
Prinz Philip nennt die Queen "Sausage" (Würstchen). Wir fragen nicht, warum.
Die Queen wird mit "Your Majesty" begrüßt und danach mit "Ma'am" angesprochen.
Viele Untertanen schickten der Queen 1947 - verbotenerweise - Kleidungsmarken, damit sie Stoff für ein Hochzeitskleid besorgen konnte. Die Marken gab sie diskret zurück.
Ihre Krönung war die erste, die Briten am Fernseher mitverfolgen konnten.
Ihren Dienstboten gibt sie Zeichen per Handtasche: Schwenkt sie sie bei offiziellen Anlässen von Arm zu Arm, heißt das, dass sie sich langweilt. Handtasche nach dem Dinner auf dem Tisch bedeutet: In fünf Minuten will ich gehen.
Ihre Handtaschen sind fast leer, bis auf ein Taschentuch, Fotos und Glückbringer ihrer Kinder.
Die Queen war in ihrem Leben nur zwei Mal öffentlich gerührt: Ein Mal, als sie nach einem Minenunglück 1966 die Nachricht eines Kindes vorlas, das zweite Mal, als ihre "Royal Yacht" eingemottet wurde.
Sie wurde in der Bruton Street Nummer 17, einem adeligen Quartier, zur Welt gebracht. Heute befindet sich in dem Haus ein chinesisches Restaurant.
Seit 2010 ist Elizabeth Ur-Oma.
Sie trägt nie Bargeld bei sich. Pass und Führerschein besitzt sie nicht.
Ihre Kleider haben einen Bleisaum, damit keine Windböe sie in Verlegenheit bringt.
Jedes Kleid und jeder Hut wird für sie geschneidert. Die Queen trägt - anders als die jungen Royals - nichts von der Stange.
Eine Dienerin läuft alle neuen Schuhe der Queen ein, damit sie es bei langen Stehempfängen bequem hat.
Sie hat im Leben noch keine Jeans getragen, ist aber schon mal U-Bahn gefahren.
Alle ihre Kleider haben Namen und werden katalogisiert. Sie recycelt ihre Garderobe, darf aber natürlich nicht am selben Ort im selben Kleid auftreten.
Für den Jubiläumssonntag am 3. Juni setzen viele Wettlustige darauf, dass die Queen ein gelbes Gewand trägt.
Was sie je über die Premierminister ihres Landes gedacht hat, weiß niemand. Aber das sagt David Cameron über sie: "Ich schätze ihren gesunden Menschenverstand. Sie kann allen Lärm ausblenden und sieht immer das Wesentliche."
Was sie jungen Offizieren 2010 mit auf den Weg gab, klang nach ihrem Lebensmotto: "Ihr müsst mutig und doch selbstlos sein; selbstsicher und umsichtig; Anführer und Fürsorger."
Das lustigste Jubiläumssouvenir, eine solarbetriebene Winke-Queen mit Tiara, kostet in Londoner Geschäften ca. 18 Euro.
Dass die Queen je abdankt ist so unwahrscheinlich wie ein Papst, der zurücktritt. Sie hat dem Land versprochen, bis zum letzten Atemzug im Amt zu bleiben.