Tel Aviv. Für einige Tage war Ronny Edry der wohl meist interviewte Mann in Israel. Jetzt ist es ruhig um den Initiator der Facebook-Kampagne „Israel loves Iran“ geworden. Dabei hat Edrys Online-Feldzug für den Frieden gerade erst begonnen.
Knapp 30.000 Dollar und 64.000 Unterstützer hat Ronny Edry seit dem Start seiner Facebook-Kampagne „Israel loves Iran“ gesammelt. „In den ersten Tagen hatte ich täglich tausend neue Freundschaftsanfragen bei Facebook“, erzählt der Israeli und seine Augen leuchten. „Jetzt sind es immer noch tausend in der Woche.“ Seine Botschaft, die sich vor gut einem Monat in Windeseile auf der ganzen Welt verbreitete, ist simpel: „Iraner wir lieben euch. Wir werden euer Land nicht bombardieren.“ Die Iraner antworteten mit einer eigenen Facebook-Seite und auch in anderen Ländern entstanden neue Liebesbekundungen.
„Ich wollte die menschliche Seite dieses Konflikts zeigen. Wenn man ein Gesicht sieht, kann man anfangen zu kommunizieren. Bisher gab es so etwas nicht zwischen Israelis und Iranern“, sagt Edry. Und tatsächlich findet seitdem die Liebes-Bombe geplatzt ist im Netz ein Austausch statt, der weit über Herzchen-Nachrichten hinausgeht. Zwei Nationen, die jenseits der Kriegsrhetorik kaum etwas übereinander wissen, interessieren sich plötzlich füreinander. Ein Iraner fragt: „Was sind die fünf Dinge, auf die Israelis stolz sind und wofür schämt ihr euch?“ Fast hundert Israelis hatten darauf eine Antwort.
80.000 Deutsche haben die Facebook-Seite besucht
Ronny Edry ist von dem Erfolg der Aktion überwältigt. „Es ist unglaublich. Du fühlst, dass die andere Seite dich kennenlernen will. Es gibt keine Agenda, da sind einfach Menschen, die direkt und ehrlich miteinander reden.“ Neben Israelis und Iranern haben auch über 80.000 Deutsche die Facebook-Seite schon besucht. Mit dem Geld aus seiner Spendenaktion, die am 4. Mai ausläuft, will Edry jetzt in die nächste Runde starten: Die „Peace-Factory“ (Friedensfabrik) soll die Verbindung aufrechterhalten.
Die erste Idee des Grafikdesigners ist eine App fürs IPhone mit der willkürlich Herzen an andere Nutzer verschickt werden können. Edry will die App, die weniger als einen Euro kosten soll, schon in wenigen Wochen fertig stellen. Noch sucht er nach Investoren. „Ich möchte ein Geschäft aufziehen, das Gewinn abwirft, den man dann wieder in den Frieden investieren kann. Deshalb bieten wir die App nicht umsonst an. Wer sie herunter lädt und dafür bezahlt, trifft eine bewusste Entscheidung für den Frieden. Natürlich sind die Herzen albern, aber mir ist wichtig, dass die Menschen etwas tun. Dann fangen sie auch an, an den Frieden zu glauben.“
Aktivist Edry glaubt daran, etwas ändern zu können
Bei der Frage nach kritischen Stimmen und einer tatsächlichen Bedrohung Israels durch den Iran winkt Edry ab. „Ich bin nicht naiv. Ich war in der Armee, habe an Gefechten teilgenommen. Ich kenne die Realität. Aber genau deswegen weiß ich, dass ich so etwas nicht wieder sehen will. Als Bürger eines Landes muss man sich erheben und etwas dagegen sagen“, davon ist der lebhafte 41-Jährige überzeugt. „Ich weiß, dass es keinen anderen Ort gibt, an dem sich die Juden sicher fühlen. Deshalb sind wir bereit: Wir sind geborene Soldaten, wir haben die stärkste Armee im Nahen Osten. Aber zuerst sollte man doch mit den Menschen reden. Die Menschen im Iran sind nicht unsere Feinde, sie haben Ahmadinedschad nicht demokratisch gewählt.“
Obwohl die Drohgebärden beider Regierungen unvermindert fortgesetzt werden, glaubt Edry daran, dass seine Aktion tatsächlich etwas verändern kann. „Politiker führen doch nicht, sie folgen nur. Und wenn das hier funktioniert, dann werden sie irgendwann auf den Zug aufspringen.“