Paris. . Mit spektakulären Aktionen wollen Atomkraftgegner vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich auf die mangelnde Sicherheit der Atommeiler hinweisen. Ein deutscher Greenpeace-Aktivist flog per Gleitschirm über ein Akw und warf zwei Rauchbomben ab.

Wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich haben Atomkraftgegner mit spektakulären Aktionen auf Sicherheitsmängel bei französischen Nuklearanlagen aufmerksam gemacht: Ein deutscher Greenpeace-Aktivist überflog am Mittwoch mit einem Motor-Gleitschirm ein Atomkraftwerk und warf zwei Rauchbomben ab, bevor er auf dem Akw-Gelände landete. In ein anderes Akw drang ein Mann ein, der die Wachen austrickste.

Der deutsche Greenpeace-Aktivist landete am Morgen im inneren Bereich des Akw im ostfranzösischen Bugey, wo er nach Angaben der Umweltschutzorganisation eine weitere Rauchbombe zündete. Er wurde danach ebenso wie ein weiterer Greenpeace-Aktivist festgenommen.

„Das Ziel dieser Aktion ist, eine Botschaft an die beiden Präsidentschaftskandidaten zu senden, die das Risiko der Atomkraft leugnen“, sagte Sophia Majnoni von Greenpeace Frankreich der Nachrichtenagentur AFP. Es sollten die Risiken eines Angriffs von außen auf ein Atomkraftwerk aufgezeigt werden, etwa ein Flugzeugabsturz. In Frankreich ist laut Greenpeace anders als in Deutschland das Risiko eines Flugzeugabsturzes immer noch nicht in die Sicherheitsanalysen einbezogen.

Amtomkraftbetreiber wiegeln ab

Der Atomkraftwerkbetreiber, der Stromkonzern EDF, versicherte, dass die Aktion die Sicherheit der Atomanlage in Bugey nicht in Frage gestellt habe. Laut Innenministerium wurde der Motor-Gleitschirm bereits entdeckt und verfolgt, „bevor er überhaupt die Anlage überflogen hat“. Es sei klar gewesen, dass es sich um einen Umweltschutzaktivisten handelte. Greenpeace war es bereits im Dezember bei einer ähnlich spektakulären Aktion gelungen, mit Aktivisten in zwei Atomkraftwerke einzudringen.

Auf das Gelände des westfranzösischen Atomkraftwerkes Civaux drang am Mittag ein Mann vor, der sich danach in einem Gebüsch versteckte und laut EDF erst rund eine Stunde später festgenommen wurde. „Er hat das Vorfahren eines Lieferwagens ausgenutzt, um sich der Kontrolle der Wachen zu entziehen“, teilte die Polizei mit. Laut EDF kam der Eindringling aber nicht bis in den engeren Bereich mit den Nuklearanlagen.

Bei dem Mann handelt es sich um Hervé Couasnon, der in Frankreich als „kletternder Poet“ für seine spektakulären Aktionen bekannt ist. So war er 2002 in der Nationalversammlung trotz aller Sicherheitsvorkehrungen ganz nah an den damaligen Premierminister Jean-Pierre Raffarin herangekommen. Im Dezember 2003 war Couasnon, der gerne auf Gebäude klettert, um von dort aus seine Gedichte herabzuwerfen, in den Präsidentenpalast in Paris eingedrungen.

Frankreich ist größter Atomstromproduzent Europas

Couasnon machte deutlich, dass er die Präsidentschaftskandidaten auf die Probleme in Frankreich aufmerksam machen wolle. Er sei „für den Atomausstieg, aber nicht sofort“, denn das würde zu viele Arbeitsplätze kosten, sagte er AFP. Er habe es schon seit Jahren in ein Akw schaffen wollen: „Ich bin der Mann, der sich allen Sicherheitsvorkehrungen in Frankreich entziehen kann.“

Frankreich ist der größte Atomstromproduzent Europas, drei Viertel des Stroms kommen aus den 58 Atomreaktoren. Die beiden Präsidentschaftskandidaten für die Stichwahl am nächsten Sonntag, der konservative Staatschef Nicolas Sarkozy sowie der Sozialist François Hollande, wollen vorerst an der Atomkraft festhalten. Hollande will schrittweise umsteuern und in der nächsten Amtszeit das umstrittene Akw Fessenheim an der Grenze zu Deutschland abschalten. (afp)