Berlin. Viele Eltern greifen bei der Erziehung ihrer Kinder noch immer zu Gewalt - haben danach aber meist ein schlechtes Gewissen. Einer Studie zufolge bestrafen 40 Prozent der Eltern ihr Kind mit einem “Klaps auf den Po“. Wie eine andere Umfrage ergab, glauben viele Kinder Politikern nicht mehr.

Die Mehrheit der Kinder in Deutschland glaubt, dass Erwachsene sich nicht genug um die Umwelt kümmern, dass Politiker nicht die Wahrheit sagen und die Welt irgendwann nicht mehr lebenswert ist. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Instituts Iconkids & youth im Auftrag der Zeitschrift "Eltern Family", die am Montag in Berlin vorgestellt wurde.

"Kinder bekommen durch die Medienwelt von heute mehr mit - im vergangenen Jahr zum Beispiel den Reaktorunfall in Fukushima", erklärte Axel Dammler, geschäftsführender Gesellschafter von Iconkids & youth. Die Bilder einer solchen Katastrophe prägten das Verständnis. Hinzu komme, dass Kinder sich trauten, ihre Meinung zu sagen.

Kinder sind kritischer geworden

Rund 710 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren antworteten im vergangenen November auf Fragen zu ihrer Lebenssituation. Es zeigte sich, dass ihr Blick im Vergleich mit der derselben Befragung von vor sechs Jahren kritischer geworden ist. Rund 68 Prozent der Kinder stimmten jetzt der Aussage zu, dass Politiker zwar sagen, sie wollten Menschen helfen, es aber nicht tun. 2006 meinten dies 51 Prozent der Kinder.

Etwa 69 Prozent der Kinder fanden, dass Erwachsene sich zu wenig um Umwelt und Tiere kümmern (2006: 54 Prozent), etwa 62 Prozent hatten "Angst", dass sie "irgendwann nicht mehr auf der Welt leben können", weil die Menschen sie "kaputt" machen (2006: 49 Prozent). Der Anteil der Kinder, die sich "manchmal allein" fühlen, stieg von 34 auf 42 Prozent. Etwa 45 Prozent der Kinder sagten, es gebe Tage, an denen sie sich "traurig und wütend" fühlen und nicht wissen warum. Das waren zehn Prozentpunkte mehr als vor sechs Jahren.

Gewalt ist meistens mit schlechtem Gewissen verbunden

In einer zweiten Studie untersuchte das Forsa-Institut im Auftrag der Zeitschrift "Eltern", wie häufig Erwachsene zu Gewalt in der Erziehung greifen. Das Ergebnis: Gewalt in der Erziehung ist rückläufig und meistens mit einem schlechten Gewissen verbunden.

Forsa befragte im November rund tausend Eltern. Im Vergleich zu einer ähnlichen Befragung 2006/2007 sank die Anzahl der Eltern, die ihrem Kind oder ihren Kindern in den vergangenen zwölf Monaten einen "Klaps auf den Po" gaben, von 46 auf 40 Prozent. Der Anteil der Eltern, die eine Ohrfeige verabreichten, ging von elf auf zehn Prozent zurück, derjenige jener Eltern, die den Hintern versohlten, von sechs auf vier Prozent.

Jungen werden eher geschlagen als Mädchen

Jungen werden laut Studie eher geschlagen als Mädchen: 39 Prozent der Eltern von Mädchen gaben den Kindern einen "Klaps auf den Po", im Vergleich zu 45 Prozent der Eltern von Jungen. Beim Hinterversohlen leiden die Jungen doppelt so häufig wie die Mädchen (sechs beziehungsweise drei Prozent).

Als häufigstes Motiv für körperliche Gewalt nannten die Eltern "Unverschämtheit" des Kindes (51 Prozent), es folgten "Ungehorsam" (40 Prozent) und "Aggressivität" gegenüber den Eltern (40 Prozent). Drei Viertel der Erwachsenen (74 Prozent) hatten ein schlechtes Gewissen, wenn sie ihr Kind körperlich gezüchtigt hatten. In der Umfrage 2006/2007 lag die Zahl bei 71 Prozent. (afp)