Warschau. Es sei das tragischste Zugunglück in Polen, sagte Ministerpräsident Tusk. Zwei Züge waren auf einem Gleis frontal zusammengeprallt. Mindestens 16 Menschen starben. In Polen hat eine zweitägige Staatstrauer begonnen. Einsatzkräfte suchen weiter nach Opfern.
Zwei Tage nach dem schwersten Zugunglück in Polen seit mehr als 20 Jahren hat eine zweitägige Staatstrauer begonnen. Die Fahnen an öffentlichen Gebäuden wehten am Montag auf halbmast. Am Unglücksort nördlich von Krakau setzten die Einsatzkräfte die Suche nach möglichen weiteren Opfern fort.
Bei dem Frontalzusammenstoß zweier Züge waren am späten Samstagabend in der Nähe von Szczekociny mindestens 16 Menschen getötet und fast 60 weitere verletzt worden. Die Züge mit insgesamt 350 Menschen an Bord prallten bei Szczekociny nördlich von Krakau frontal aufeinander. Warum beide Bahnen auf demselben Gleis fuhren, war noch unklar.
Staatsanwalt ermittelt
Ministerpräsident Donald Tusk sprach vom tragischsten Zugunglück in Polen seit vielen Jahren, nachdem er den Unglücksort am Sonntagmorgen mit Verkehrsminister Slawomir Nowak besucht hatte. Auch Staatspräsident Bronislaw Komorowski machte sich vor Ort ein Bild von der Lage und besuchte Verletzte im Krankenhaus. Er kündigte eine landesweite Trauer an.
Beide Züge seien auf demselben Gleis gefahren und frontal ineinandergerast, sagte ein Vertreter der staatlichen Eisenbahngesellschaft PKP dem Sender TVN24. Ein Zug sei von Przemysl nach Warschau unterwegs gewesen. Der andere Zug, von Warschau nach Krakau, hätte nicht auf dem Gleis fahren dürfen. An einem Gleis in der Gegend wurden vor dem Unglück Wartungsarbeiten ausgeführt.
Die polnische Staatsanwaltschaft hat nach dem schweren Zugunglück zwei Fahrdienstleiter der Bahn zur Befragung in Gewahrsam genommen. Staatsanwalt Tomasz Ozimek sagte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur PAP vom Montag, die beiden seien zum Zeitpunkt des Unglücks für den Verkehr auf der Route verantwortlich gewesen. Sie seien jedoch keines Vergehens beschuldigt worden.
Viele Verletzte in kritischem Zustand
Sie habe gerade am Fenster gestanden, als sich der Unfall ereignet habe, berichtete eine Frau, die rund 200 Meter vom Unglücksort entfernt wohnt. Der Zusammenprall habe ein "fürchterliches Geräusch" verursacht, "als wenn eine Bombe hochgeht", sagte Anna Sap. Sie sei aus dem Haus gerannt, als die Menschen im Zug begonnen hätten, um Hilfe zu rufen. Gemeinsam mit den Nachbarn hätten sie und ihr Mann versucht, den Passagieren zu helfen.
Einige verließen dann "mit Handgepäck und im Schock" den Zug, sagte Saps Ehemann Grzegorz. "Sie hatten keine Ahnung, wo sie waren." Viele der Verletzten befanden sich nach Angaben eines Klinikarztes in kritischem Zustand. Einige seien in künstliches Koma versetzt worden, sagte der Mediziner Szymon Nowak.
Auch Ausländer an Bord
Auch mehrere Passagiere aus dem Ausland, unter anderem aus der Ukraine, Spanien und Frankreich, waren nach Angaben von Ministerpräsident Tusk an Bord. Das US-Konsulat in Krakau erklärte, unter den Toten sei eine Amerikanerin. Tusk hatte zuvor erklärt, unter den Toten und Schwerverletzten seien keine Ausländer.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach den Polen tiefes Mitgefühl und Anteilnahme aus. "Mit Entsetzen habe ich von dem schweren Zugunglück in Polen erfahren, bei dem zahlreiche Menschen ums Leben gekommen sind und viele weitere verletzt wurden", sagte er am Sonntag.
Ein ähnlich schweres Zugunglück erlebte Polen 1990. Damals wurden beim Zusammenstoß zweier Züge im Warschauer Vorort Ursus 16 Menschen getötet. 1997 kamen zwölf Menschen bei einem Zugunfall in Reptowo ums Leben. Das schlimmste Bahnunglück seit dem Zweiten Weltkrieg ereignete sich im Jahr 1980. Beim Zusammenstoß eines Güterzugs mit einem Personenzug nahe Otloczyn wurden 65 Menschen getötet. (afp, dapd)
Viele Tote bei Zugunglück