Stratford. . Er wuchs in einer Sozialwohnung im kanadischen Städtchen Stratford auf. Heute ist Justin Bieber, 17 Jahre jung, ein Popstar, ein Teenager-Idol, der die Mädchen zum Kreischen bringt. Am 10. November wird der Sänger in Wiesbaden mit dem Bambi geehrt.
Die Schule ist aus. Im Jugendclub im kanadischen Stratford herrscht Hochbetrieb. Einige Schüler hängen auf einem abgewetzten Stoffsofa ab. Jungs mit Baseballkappen spielen Billard. Zeit zu fragen: Was haltet Ihr eigentlich von Justin Bieber? „Er ist süß“, schwärmt Shayne, eine 14-Jährige. „Ich weiß nicht, was die Mädels an ihm finden“, meint dagegen ein Mitschüler. Für beide aber ist „der Justin“ mittlerweile weit weg. Unerreichbar im Pop-Universum. Einer, der sogar in Deutschland Millionen junge Fans hat. Dafür wird der 17-Jährige am 10. November mit dem Medien- und Fernsehpreis Bambi geehrt.
Angeblich stehen die Chancen nicht schlecht, dass Justin Bieber nach Wiesbaden reist, um das Reh selbst entgegenzunehmen. Was für eine Karriere: Das singende Teenager-Idol ist in Stratford im Osten Kanadas aufgewachsen, hat dort lange selbst den Jugendclub in der Downie Street besucht. Hier hat er als Zwölfjähriger stundenlang vor der Karaoke-Maschine gesessen.
Fünf Jahre ist das her. Kurz danach wurde er von seinem heutigen Manager Scooter entdeckt und hatte einen Plattenvertrag in der Tasche, der ihm Millionen einbringt. Bieber ist äußert selbstbewusst und sagte dem „People Magazine“ einmal, sein Heimatort Stratford habe bis auf ihn „noch nie etwas Großes hervorgebracht“. Er hat dem Städtchen längst den Rücken gekehrt. Vor drei Jahren zog er mit seiner Mutter in die USA. Zwei- bis dreimal im Jahr kommt der Star zu Besuch nach Kanada. Seine Großeltern, sein Vater und Freunde wohnen noch in der Gegend.
„Die Augen der Gäste haben geleuchtet“
Stratford, das ist eine typische nordamerikanische Kleinstadt mit 32 000 Einwohnern. Nach dem Ortsschild sieht man Tankstellen, Fast-Food-Restaurants, Shopping-Malls, ältere Wohnsilos. Im Zentrum gibt es ein properes Rathaus und ältere Klinkergebäude. Vor dem „Queen’s Inn“ wartet Nathan McKay. Kaum einer hat die musikalischen Anfänge von Justin Bieber so genau beobachtet wie der 30-Jährige. McKay trägt ein gelbes Pfadfindertuch um den Hals. Als Nachbar und Babysitter hat er lange auf den kleinen Justin aufgepasst. Ein ziemliches Mamakind sei er gewesen, erinnert sich McKay. Aber ein Junge mit Leidenschaft und Energie.
McKay hat Biebers erste Konzerte in Stratford organisiert, als den noch kaum einer kannte. „Wir wussten, dass Justin ein prima Sänger ist. Doch dass er so abgeht, konnten wir nicht ahnen.“ McKay betritt das Hotel von Stratford. Hier hatte Bieber seinen ersten öffentlichen Auftritt. Der „Queen Victorian Room“ sieht aus wie damals. An der Decke hängen Kronleuchter aus Messing, an den Wänden Spiegel. Es war an einem Donnerstagabend im August 2004. Bieber war zehn. Da saß er mit einer Gitarre, die größer war als er selbst. Drei Lieder durfte er singen im Vorprogramm einer Rockgruppe, darunter „Respect“ von Aretha Franklin. 48 Zuhörer sollen dagewesen sein. „Die Augen der Gäste haben geleuchtet“, erinnert sich McKay.
„Disneyworld“-Urlaub für seine Mutter
Er hat für Justin weitere Auftritte organisiert: in einem Café, auf einer Parkbühne, in einem Restaurant. Das letzte im Herbst 2008. Seitdem muss McKay bis nach Toronto, London oder Sydney reisen, um den Jungen live zu sehen. „Es wird immer schwerer, an Justin heranzukommen“, sagt er. Meist versucht er es per SMS über Biebers Mutter. Die gibt die Nachricht weiter. Aber auch das klappt immer seltener. Von seinem ersten selbst verdienten Geld habe Justin Bieber seiner Mutter übrigens einen Urlaub in „Disneyworld“ bezahlt, sagt McKay.
Mimi Price ist die Leiterin des YMCA, der christlichen Sozialorganisation. Als Kind und Jugendlicher war Bieber quasi in ihrer Obhut: erst in der Kinderkrippe, später im Sport-Team. „Wir haben uns um Justin gekümmert, als es ihm dreckig ging“, erzählt Price. Das war vor zehn Jahren. Als Grundschüler lebte er mit seiner Mutter in einem heruntergekommenen Wohnblock am Stadtrand. In einer kleinen, dunklen Sozialwohnung im Hochparterre.
„Wenn ich Justin heute im Fernsehen sehe, kann ich noch immer nicht glauben, was aus dem Jungen geworden ist“, gesteht Price.