Krefeld. .

Lebenslange Haft ohne die Chance einer Entlassung nach 15 Jahren: Diese Strafe fordert die Staatsanwaltschaft für den mutmaßlichen Mörder des zehnjährigen Mirco aus Grefrath. Die Verteidigung hält eine Verurteilung wegen Mordes für angemessen.

Der mutmaßliche Mörder des zehnjährigen Mirco soll nach dem Willen der Anklage zu lebenslanger Haft ohne Entlassungschance nach 15 Jahren verurteilt werden. Wie die Staatsanwaltschaft legte auch die Nebenklage dem Familienvater Olaf H. am Montag vor dem Krefelder Landgericht einen „brutalen Mord“ und „eiskaltes Handeln“ zur Last. Der 45-jährige H. ließ erklären, die Tat tue ihm „unendlich leid“ und er erwarte „keine Vergebung“.

Das Urteil in dem Mordprozess wird für Donnerstag erwartet. Der Familienvater aus dem unweit von Grefrath gelegenen Schwalmtal hatte vor der Krefelder Strafkammer gestanden, Mirco am Abend des 3. September 2010 entführt, missbraucht und erdrosselt zu haben. Das Motiv des früheren Angestellten eines Bonner Telekommunikationsunternehmens blieb allerdings in dem Verfahren weitgehend im Dunkeln. H. gab lediglich an, Auslöser für das Verbrechen sei beruflicher Frust gewesen. Im Zeugenstand hatten die drei früheren Ehefrauen den Angeklagten als liebevollen Familienvater ohne jeden Hang zu Gewalt geschildert.

In ihrem Plädoyer beantragte Staatsanwältin Silke Naumann lebenslange Haft für H. und zusätzlich die Feststellung der besonderen Schwere seiner Schuld. Damit könnte der 45-Jährige nicht nach 15 Jahren vorzeitig aus der Haft entlassen werden. Die Staatsanwältin zeigte sich in ihrem Plädoyer überzeugt, dass H. den Zehnjährigen zur Verdeckung des sexuellen Missbrauchs erdrosselte. „Die Tötung Mircos war aus unserer Sicht von Anfang an geplant.“

Anwältin der Eltern: „Er hat eiskalt gehandelt“

Die Nebenklage schloss sich der Strafmaßforderung der Staatsanwaltschaft an. Mirco sei „Opfer eines sinnlosen Gewaltverbrechens“ geworden, sagte die Anwältin von Mircos Eltern, Gabriele Reinartz. Vor dem Mord sei H. „wie der Jäger auf der Pirsch“ in seinem Auto herumgefahren und habe „ganz gezielt sein Opfer gesucht und auch gefunden“. Der 45-Jährige habe „ganz bewusst zielgerichtet ein Kind abgefischt“. „Er hat eiskalt gehandelt.“

Der Anwalt des 45-Jährigen zeigt sich zwar ebenfalls überzeugt, dass H. wegen Mordes verurteilt werden müsse. Verteidiger Gerd Meister wandte sich aber gegen die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. „Dafür müsste es besondere Umstände geben, die etwas so Schreckliches wie einen Mord noch schrecklicher machen“, sagte Meister. Solche Umstände lägen aber bei seinem Mandanten nicht vor.

Olaf H. ist „bewusst, was für eine schreckliche Tat ich begangen habe“

In seinem von Meister verlesenen Schlusswort begründete H. sein Schweigen zum Motiv damit, dass er sich die Tat selbst nicht erklären könne. „Ich habe noch keine Antwort gefunden, und deshalb schweige ich.“ In seiner Erklärung gab H. zudem an, ihm sei „bewusst, was für eine schreckliche Tat ich begangen habe“. „Es ist ein Alptraum, dem ich nicht entrinnen kann.“

H. war im Januar festgenommen worden und hatte die Ermittler zur Leiche des Jungen auf einem Acker nördlich von Grefrath geführt. Zuvor hatte die Polizei insgesamt 145 Tage vergeblich nach Mirco gesucht. Dabei setzten die Ermittler eine der größten Suchaktionen seit Jahrzehnten in Gang: Zeitweise durchkämmten bis zu 1000 Beamte Wiesen- und Waldgebiete im Raum Grefrath. Auch Bundeswehr-Tornados mit Wärmebildkameras wurden eingesetzt, ebenso eine unbemannte Flugdrohne. Auf die Fährte von H. kamen die Ermittler letztlich durch Spurenmaterial an dessen früheren Leasing-Wagen. Es war identisch mit Spuren auf Mircos Kleidung, die der Täter nach dem Mord weggeworfen hatte. (afp)