Düsseldorf. . Der „Fall Ralf Rangnick“ schlägt weiter hohe Wellen: Der Schalker Mannschaftsarzt Thorsten Rarreck, der bei Rangnick ein vegetatives Erschöpfungssyndrom diagnostizierte, spricht sich für eine Art Stresstest für Fußballtrainer aus.

Stresstest, Psychologie-Kurs oder einfach nur mal ausspannen und die Seele baumeln lassen: Der „Fall Ralf Rangnick“ schlägt weiter hohe Wellen und hat eine intensive Debatte über mögliche Maßnahmen zum Schutz von erschöpften Fußballtrainern in der Bundesliga entfacht.

Der Schalker Mannschaftsarzt Thorsten Rarreck, der bei Rangnick ein vegetatives Erschöpfungssyndrom diagnostizierte, spricht sich für eine Art Stresstest für Fußballtrainer aus. „Wenn man den Stress nicht reduzieren kann, muss man die Stressbelastbarkeit erhöhen. Dies sollte Inhalt der Trainerausbildung sein: Selbstmanagement, innere Ressourcen kräftigen, das wäre ein wichtiger Anfang“, sagte Rarreck in einem Interview des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“.

Rarreck: „Einige segeln hart am Wind“

Rarreck rät, zur Prävention so etwas wie einen Psychologie-Kurs für die Trainer einzuführen. Spitzenkräfte in der Wirtschaft würden beispielsweise von ihren Konzernen dazu motiviert. „Ich arbeite seit 20 Jahren im bezahlten Fußball, da sind die Anforderungen und der Belastungsdruck enorm gewachsen, die Cheftrainer haben eine unglaublich exponierte Stellung. Es gibt einige in dem Beruf, die hart am Wind segeln“, sagte Rarreck.

Der Mediziner konkretisierte die Problematik. „Schlafstörungen werden zum Beispiel durch Massen an Kaffee kompensiert“, sagte Rarreck, der vorschlägt: „Wenn man den Stress nicht reduzieren könne, müsse man die Stressbelastbarkeit erhöhen.“ Dies sollte Inhalt der Trainerausbildung sein: Selbstmanagement, innere Ressourcen kräftigen, das wäre ein wichtiger Anfang, sagte der 47-Jährige.

Dagegen warnt Hans-Joachim Watzke vor überstürzten Reaktionen. „Wir sollten aufpassen, dass wir bei einem solchen Einzelfall nicht in einen Superaktionismus verfallen“, sagte der Geschäftsführer von Borussia Dortmund der Nachrichtenagentur dapd: „Ich glaube, dass heute fast jeder Bundesligist mit Psychologen zusammenarbeitet.“

Watzke: „Einfach nicht erreichbar sein“

Das größte Problem im knallharten Bundesliga-Geschäft sieht Watzke darin, dass man 24 Stunden am Tag erreichbar sein müsse: „Du wirst jede Minute mit irgendwelchen Informationen zugepflastert.“ Welchen Tipp hat Watzke parat? „Man muss sich einfach mal aus dem ganzen Betrieb auskoppeln. Und wenn es nur für eine Stunde ist. Sich irgendwo hinsetzen, sich selbst reflektieren, nachdenken, Handy ausmachen, einfach nicht erreichbar sein“, sagte der BVB-Boss.

Laut Rarreck werde Rangnick nicht schnell wieder auf eine Trainerbank der Bundesliga zurückkehren. Vier Monate bis zu einem Jahr könne es nach seiner Einschätzung dauern, bis Rangnick vielleicht wieder ganz der Alte sei. Bisweilen führten Krisen aber auch dazu, dass eine ganze neue Perspektive entwickelt und festgestellt werde, dass andere Ziele wichtiger geworden seien: „Rangnick hat ja viele Qualitäten und ist ein intelligenter Geist, was man nicht von jedem Trainer sagen kann.“

Bader: „Die Kirche im Dorf lassen“

Martin Bader geht die Diskussion zu weit: „Man muss die Kirche auch mal im Dorf lassen. In unserem Geschäft arbeiten Persönlichkeiten, die selbst entscheiden können, was für sie richtig und was falsch ist“, sagte der Manager des 1. FC Nürnberg der dapd: „Ich habe höchsten Respekt vor Ralf Rangnick. Aber genauso wie er, kann jeder Bundesliga-Trainer für sich entscheiden, wie er mit dem Stress umgeht.“ (dapd)