Bochum. . Ausgebrannt, saft- und kraftlos, völlig am Ende. Typisch für ein Burnout. Es kann jeden treffen. Aber viele warten lange, bis sie sich helfen lassen – aus Scham. Dazu ein Gespräch mit Mediziner Marc-Andreas Edel.

Ausgebrannt, saft- und kraftlos, völlig am Ende. Typisch für ein Burnout. Was hat es damit auf sich? Marc- Andreas Edel klärt auf. Der 48-Jährige ist Oberarzt und Burnout-Experte an der LWL-Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bochum. WAZ-Redakteurin Kirsten Simon sprach mit ihm

Warum sind immer mehr Menschen betroffen?

Unsere Gesellschaft wird schnelllebiger, der Leistungsdruck steigt, die Angst, etwas zu verpassen, auch. Schneller, besser, stärker: Vieles dreht sich um Leistungen. Nicht nur im Beruf, auch in der Freizeit. Das gilt vor allem für die westliche Welt. Im Fernen Osten kommen die Menschen besser klar. Sie lernen, inne zu halten, leben achtsamer und konzentrieren sich auf das Hier und Jetzt. Das gibt Ruhe und Kraft.

Wer ist besonders Burnout-gefährdet?

Burnout ist ein Phänomen der ganzen Gesellschaft. Alle Bevölkerungsschichten sind betroffen. Egal, ob Führungsetage oder kleiner Arbeitnehmer. Es geht überall darum, leistungsfähig zu sein. Aber es gilt: Je größer die persönlichen Ängste sind, desto größer ist auch das Gefahrenpotenzial. Auslöser kann beispielsweise die Befürchtung sein, den Job zu verlieren oder keinen Job zu bekommen.

Die Öffentlichkeit wird gerade dann aufmerksam, wenn bekannte Persönlichkeiten betroffen sind. So wie jetzt Bundesliga-Trainer Ralf Rangnick. Dabei sind die existenziellen Sorgen in den unteren Schichten oft dramatischer.

Wieso gehen Patienten erst spät zum Arzt und schweigen oft sehr lange?

Es ist in unserer Zeit immer noch peinlich, unter psychische Beschwerden zu leiden. Mit einem Herzinfarkt oder anderen Erkrankungen hat man in der Gesellschaft ein ganz anderes Gewicht. Da heißt es schnell, der Betroffene habe sich zum Wohle des Unternehmens aufgerieben. Bei Erschöpfungen wie dem Burnout heißt es eher, man sei nicht leistungsfähig.

Was haben die Menschen früher besser gemacht?

Sie haben grundsätzlich langsamer gelebt. Außerdem haben sie länger geschlafen und häufiger in klassischen Familienverbänden gewohnt. Das hat ihnen mehr Halt gegeben. Wer heute leidet, muss das oft mit sich allein ausmachen, als Einzelkämpfer. Das belastet zusätzlich.

Was kann man tun, damit es gar nicht erst zum Burnout kommt?

Krankenkassen empfehlen oft Kurse und Übungen zum Abschalten wie Meditation oder Yoga. Grundsätzlich ist ein Ausgleich zum belastenden Berufsalltag wichtig, am besten durch regelmäßigen Sport. Eine ausgewogene Ernährung und soziale Aktivitäten sind ebenfalls hilfreich. Wer schon erkrankt ist, muss regelrecht lernen, diese Abwechslung auch wieder zu genießen.