Berlin. . Torben P. kann möglicherweise mit einem milderen Urteil rechnen. Eine Gutachterin stellte fest, dass der Schüler bei dem Gewaltexzess auf einem Berliner U-Bahnhof durch Alkohol enthemmt gewesen sein könnte.
Wegen eines Vollrauschs zum Tatzeitpunkt ist der Berliner U-Bahnschläger Torben P. möglicherweise vermindert schuldfähig. Eine Gutachterin sagte am Dienstag vor dem Landgericht Berlin, es sei „nicht vollkommen auszuschließen, dass die Steuerungsfähigkeit beim Angeklagten zur Tatzeit durch Alkohol erheblich vermindert gewesen sein könnte“.
Die Anklage geht von einem Blutalkoholwert von 3,11 Promille aus. Der Gymnasiast soll am Karsamstag auf dem U-Bahnhof Friedrichstraße einen 29-Jährigen niedergeschlagen und durch Tritte gegen den Kopf schwer verletzt haben. Ihm werden versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Die Tat sorgte bundesweit für Entsetzen.
Zu Prozessauftakt hatte der Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er betonte, dass die Tat nicht zu entschuldigen sei, auch nicht durch Alkohol. Er gab aber an, sich an die Tritte nicht erinnern zu können. Der Angeklagte hatte sich gestellt, nachdem mit Bildern aus einer Überwachungskamera nach ihm gefahndet worden war.
Aussagen über Trinkmengen wenig aussagekräftig
Die Sachverständige Cornelia Mikolaiczyk verwies darauf, dass ihrer Einschätzung unterschiedliche Angaben zu der Trinkmenge von Torben P. zugrunde liegen, die daher „wenig aussagekräftig“ sei. Das Überwachungsvideo sei aber „ein starker Beweis“, dass Torben P. durch den Alkohol „deutlich enthemmt war“ in seinem Verhalten. Hinsichtlich psychischer Störungen, die zur Tatzeit beim Angeklagten vorgelegen haben könnten, wollte sich die Gutachterin nicht festlegen.
Zum Zeitpunkt der Begutachtung habe der 18-Jährige unter einer schweren depressiven Episode gelitten als Reaktion auf die Tat, sagte die Expertin. Auch sei zu vermuten, dass vor der Tat depressive Störungen „phasenweise“ bei ihm vorlagen. Dies sei vor allem vor dem Hintergrund der Familiensituation zu sehen. Ihrer Ansicht nach wuchs Torben P. in einem „äußerlich intaktem Umfeld“ auf, in dem „innerlich aber Vereinzelung bestand“.
Krankheit der Eltern war prägend
Die Gutachterin verwies auf die Krankheit der Eltern des Schülers, die täglich präsent gewesen sei und unter der der Angeklagte gelitten habe. Diese Krankheiten hätten seinen Lebensalltag „geprägt“ und auch die Eltern verändert. Dennoch sei in der Familie das Thema Krankheit tabu gewesen, hieß es. Die Eltern sind seit Mitte der 90er Jahre krankheitsbedingt Frührentner.
Im Prozess muss sich ein Freund des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung verantworten. Der inzwischen 19-Jährige soll bei dem Gewaltexzess tatenlos zugesehen haben. Außerdem soll er mit Torben P. einen Touristen aus Bayern, der dem Opfer helfen wollte, zusammengeschlagen haben. Für den nächsten Verhandlungstag am Donnerstag (8. September) sind die Plädoyers geplant. (dapd)