Istanbul. Musste Gregor K. tatsächlich für eine türkische Lira, umgerechnet 47 Cent, sterben? War es ein Auftragsmord? Oder wurde der Deutsche in Istanbul getötet, weil er Christ war? Es gibt immer neue Rätsel im Fall des 41-Jährigen aus dem münsterländischen Billerbeck.

Gregor K. war am Montag auf einer belebten Einkaufsstraße in Istanbul mit mehreren Messerstichen in die Brust getötet worden. Der 26-jährige mutmaßliche Täter Ibrahim A. wurde gestern offiziell des Mordes beschuldigt und ins Untersuchungsgefängnis Metris gebracht.

Gregor K., wurde in Deutschland mit Haftbefehl gesucht. Er war wegen Betruges und Untreue zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, kehrte aber im Juni 2008 nach einem Freigang nicht in die JVA Münster zurück. Vermutlich hat er sich bereits damals in die Türkei abgesetzt – um hier ein neues Lebens zu beginnen? Die Zeitung „Vatan” berichtete, Gregor K. habe in Istanbul mit seiner türkischen Verlobten ein Bauunternehmen aufgebaut.

Der Mord an dem Deutschen hat in der Türkei Entsetzen ausgelöst – auch weil offenbar kein Passant auf der belebten Istiklal Caddesi dem Mann zu Hilfe kam, als der Täter immer wieder ein Brotmesser in seine Brust rammte.

Passanten gingen weiter

Auf den Bildern von Überwachungskameras ist zu sehen, wie die meisten Passanten achtlos weitergehen. Andere sehen dem Mord untätig zu. Nach seiner Festnahme verwickelte sich Ibrahim A. schnell in Widersprüche. Zunächst erzählte er den Polizisten, er habe den Deutschen angebettelt. Dann berichtete der Fernsehsender CNN unter Berufung auf Polizeikreise von einer neuen Version: „Ich wollte einen Christen töten”, soll der Ibrahim A. erklärt haben. Er habe sich daher in der Umgebung der Istiklal Caddesi, wo es mehrere christliche Kirchen gibt, nach einem Opfer umgesehen. Dazu könnte passen, dass Gregor K. nach Aussage seiner Verlobten Hatice Isik sehr fromm war. War also religiöser Hass das Motiv?

Der Beschuldigte Ibrahim A. ist bei der Polizei kein Unbekannter. Er war im Frühjahr in psychiatrischer Behandlung und hatte bereits in der Vergangenheit einen Passanten mit einem Messer angegriffen. Die Polizei zögert, den Mord als die Tat eines Geistesgestörten zu den Akten zu legen. Denn es gibt Hinweise darauf, dass sich Täter und Opfer vielleicht nicht zufällig begegnet sind, sondern einander kannten. Überwachungskameras zeigen, wie Ibrahim A. und Gregor K. minutenlang nebeneinander hergehen und offenbar entspannt miteinander reden, bevor der Türke den Deutschen zu Boden wirft, das Messer zieht und auf sein Opfer einzustechen beginnt.

Die Ermittler schließen nicht aus, dass es sich um einen Auftragsmord gehandelt haben könnte, schreibt die Zeitung „Vatan”. Die Polizei suche nun im beruflichen und privaten Umfeld von Gregor K. nach Motiven.