Paris. . In Paris ist ein leerstehendes Hotel auf ein Wohnhaus gestürzt. Ein junge Mutter und zwei ihrer Söhne kamen ums Leben. Acht weitere Bewohner wurden teils schwer verletzt. 120 Feuerwehrleute suchten die ganze Nacht in den Trümmern nach Überlebenden.
Das Unglück passiert zur selben Stunde, in der ein schweres Unwetter mit sintflutartigen Regenfällen über Paris niedergeht. Ein baufälliges altes Hotel im östlichen Vorort Montreuil stürzt gegen 23.30 Uhr urplötzlich in sich zusammen und seine Trümmer prasseln auf das kleine Nachbarhaus. Die meisten Bewohner überrascht die Katastrophe im Schlaf, sie haben keinerlei Chance zu entkommen. Eine junge Mutter und zwei ihrer vier Söhne, darunter ein drei Monate altes Baby, können nur noch tot aus dem Schutthaufen geborgen werden.
Zwei Familien, insgesamt offenbar 16 Personen, halten sich zum Zeitpunkt des Unglücks in dem Haus auf. Acht Bewohner – drei Erwachsene und fünf Kinder - werden nach Angaben der Präfektur mit zum Teil schweren Verletzungen in die umliegenden Krankenhäuser gebracht. Und es passiert ein kleines Wunder: Just in dem Moment, als das Hotel einstürzt, rollt ein Streifenwagen durch die Rue Parmentier. Große Backsteinbrocken und Betonteile krachen auf Bürgersteig und Fahrbahn, aber die drei Polizisten haben Glück. Sie fliehen unversehrt aus dem eingeklemmten Auto und werden Zeuge des makabren Schauspiels.
120 Feuerwehrleute suchten in den Trümmern nach Überlebenden
Wenig später ist ein Großaufgebot der Feuerwehr zur Stelle. 120 Feuerwehrleute suchen in dem Trümmerhaufen mit Hunden und Spezialgerät die ganze Nacht nach Überlebenden. Am Morgen danach schimpfen Nachbarn über den Dilettantismus der Baufirma, die dabei war, das etwa hundert Jahre alte, leerstehende Hotel von Grund auf zu sanieren. Die Wut richtet sich nun gegen „Schwarzarbeiter“ aus Osteuropa und „skrupellose Hausbesitzer“. Wie sich herausstellt, hatten sie offenbar sämtliche vier Geschossdecken sowie große Teile der rückwärtigen Fassade entfernt. Selbst dem größten Laien unter den Schaulustigen ist klar, dass diese Gebäudehülle so wackelig sein musste wie ein Kartenhaus im Wind. Jean-Yves, ein Nachbar, spricht Kopf schüttelnd aus, was alle hier denken: „Nein, diese Schlamperei hätte verhindert werden müssen.“ Während sich Bagger durch den Haufen aus Stein und Holz, Möbeln und Hausrat fressen, und Lastwagen pausenlos Schutt abfahren, kommen makabre Details zu Tage: zum Beispiel eine Matratze mit verschmierter Bettwäsche und Kinderspielzeug.
Die Rue Parmentier in Montreuil ist ein „Quartier populaire“, ein altes Arbeiterviertel mit zahllosen Werkstätten in den Hinterhöfen und hässlichen 60er-Jahre-Plattenbauten. Ein trostloser Ort, der seit Jahren vor allem Einwanderer aus Mali anzieht. „Montreuil ist die zweitgrößte malische Stadt nach Bamako“, sagen sie im „Bistrot 33“, dem Café an der Ecke.
Gebäude war baufällig und verrottet
Auch die Opfer der Katastrophe stammen aus dem schwarzafrikanischen Land. „Wir sind sehr traurig“, sagt Moussa Doucouré, der Präsident des Freundschaftsvereins Mali-Montreuil, und fügt hinzu: „Wir alle kannten Fofana, die getötete Mutter, sehr gut.“ Dominique Voynet, die Bürgermeisterin von Montreuil, verbringt die ganze Nacht am Ort des Geschehens und verfolgt die Rettungsarbeiten. Das Entsetzen steht ihr im Gesicht geschrieben. Auch sie rätselt über die Ursache: War das schwere Unwetter möglicherweise der Auslöser? Oder der weiche Boden? „Das Hotel ist auf Anweisung des Rathauses geschlossen worden, jeder wusste, dass das Gebäude baufällig und verrottet war“, sagt sie achselzuckend.