Köln. . Es knirscht beim WDR. Intendantin Monika Piel sieht als ARD-Vorsitzende vorgeführt durch ihre Gegenspielerin Ruth Hieronymi, die dem Gesamtgremium GVK vorsteht.
Sein diskreter Charme war berühmt und berüchtigt. Reinhard Grätz (71) pflegte Querelen intern zu regeln. Wenn der loyale, aber durchaus machtbewusste Langzeit-Vorsitzende des WDR-Rundfunkrates Probleme ausräumte, konnten die Betroffenen in einem Punkt sicher sein: Es drang nichts nach außen. Das hat sich inzwischen geändert.
Dem schmallippigen Sozialdemokraten aus Wuppertal folgte im Dezember 2009 mit Ruth Hieronymi (63) eine Frau, die wie ein Gegenentwurf wirkt: Die Christdemokratin aus Bonn verkörpert die rheinische Frohnatur.
Die öffentlichkeitsscheue Strippenzieherei à la Grätz hatte dem WDR-Rundfunkrat den Ruf eingetragen, kaum mehr als ein Abnickverein zu sein. „Das sind wir eben nicht. Und das dürfen wir auch nicht sein, denn wir sind die Vertreter der Bürgerinnen und Bürger“, erklärte Grätz-Nachfolgerin Hieronymi im Vorjahr.
Die Rollen-Aufteilung funktioniert nicht mehr
Während der Verwaltungsrat des WDR über Personalfragen entscheidet, wacht der Rundfunkrat übers Programm. So setzte sich Hieronymi bei der Neusortierung des ARD-Programms dafür ein, Frank Plasbergs Talk „Hart, aber fair“ künftig am Montag zur besten Sendezeit zu zeigen. Plasberg rückt nach den Ferien auf 21 Uhr vor. Ruth Hieronymi und Monika Piel schienen sich zu ergänzen: Die Rundfunkratschefin sprach aus, was die Intendantin nicht sagen durfte.
Seit Anfang des Jahres jedoch ist es mit der funktionierenden Rollen-Aufteilung vorbei. Piel amtiert seither als ARD-Vorsitzende. Ihr Gegenüber auf der Gremien-Seite: Ruth Hieronymi, die zur Vorsitzenden der GVK aufrückte. Dahinter verbirgt sich das Wortungetüm ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz.
Immer wieder gelangen Konflikt-Interna nach außen
Seither gelangen immer wieder Konflikt-Interna an die Öffentlichkeit. Stichwort: Box-Rechte. Bei den Verhandlungen mit dem Sauerland-Boxstall – einziger Promi: Arthur Abraham – waren die Gremien schlicht ausgesperrt worden, obwohl sie bei Gesamtkosten von 54 Millionen Euro gehört werden müssen. Der WDR-Verwaltungsrat ist dagegen, der Rundfunkrat stimmt noch ab. Hieronymi gilt als Kritikerin des Drei-Jahres-Vertrages. Und die WDR-Chefin? Sie hatte das Paket zwar nicht geschnürt, ihm jedoch im Intendantenkreis zugestimmt. Jetzt steht sie dumm da, innen und außen.
Für Befremden sorgte beim WDR auch, als GVK-Kritik an dem als zu teuer empfundenen Engagement von Monica Lierhaus für die ARD-Fernsehlotterie publik wurde. Die GVK stellte die „Notwendigkeit einer ,marktüblichen Honorierung’ prominenter Fernsehgesichter für die ARD-Fernsehlotterie“ in Frage. Immerhin sei es auch ehrenamtlicher Einsatz für die Soziallotterie denkbar. Die GVK will damit Druck auf den ARD-Aufsichtsrat in dem gemeinnützigen Unternehmen ausüben.
Aussage zu Kachelmann angeblich falsch zitiert
Doch damit nicht genug. Nach dem Freispruch von TV-Wettermann Jörg Kachelmann zitierte die „Bild“-Zeitung die umtriebige Medienaufseherin mit den Worten: „Herr Kachelmann wird nicht mehr bei der ARD auf dem Bildschirm erscheinen!“ Piel war sauer. Auf Nachfrage will Hieronymi falsch zitiert worden sein: „Nach dem Freispruch über Kachelmanns Bildschirm-Präsenz zu entscheiden, ist Sache der ARD. Dazu gibt es keinen Beschluss des Rundfunkrates, und das fällt auch gar nicht in seine Zuständigkeit.“
Dem Dementi zum Trotz: Zwischen Hieronymi und Piel knirscht es. Böse Worte kursieren, Worte wie Profilierungssucht, Nebenintendanz. Einer, der beide kennt: „Da rasen zwei Züge aufeinander zu.“