Santiago de Chile. . In Chile sind die Überreste des früheren Präsidenten Salvador Allende exhumiert worden. Die Gerichtsmediziner wollen herausfinden, ob Allende getötet wurde oder Selbstmord beging. Allende starb vor knapp 40 Jahren.

In Chile sind am Montag die sterblichen Überreste des früheren Präsidenten Salvador Allende exhumiert worden. Die Exhumierung erfolgte auf dem Zentralfriedhof der Hauptstadt Santiago de Chile, wie ein AFP-Reporter berichtete. Knapp 38 Jahre nach Allendes Tod sollen Gerichtsmediziner herausfinden, ob er getötet wurde oder Selbstmord beging.

Der sozialistische Staatschef Allende war am 11. September 1973 im Alter von 65 Jahren während des Militärputsches von General Augusto Pinochet gestorben, als die Luftwaffe den Präsidentenpalast angriff. Die Autopsie ergab damals, dass er sich selbst eine Kugel in den Kopf geschossen habe. Dieser Befund stützt sich auch auf die Aussage mehrerer Zeugen, insbesondere auf die von Allendes Arzt Patricio Guijón. Demnach erschoss sich der Präsident mit dem Kalaschnikowgewehr, das ihm der damalige kubanische Staatschef Fidel Castro geschenkt hatte. „Für meinen Kampfgefährten“, stand auf dem Gewehrkolben.

Allende, der das Land seit 1970 regierte und zum Missfallen der USA eine Reihe sozialistischer Reformen eingeleitet hatte, hatte in seiner letzten Radioansprache während des Luftangriffs gesagt: „Ich werde nicht zurücktreten. In eine historische Situation gestellt, werde ich meine Loyalität gegenüber dem Volk mit dem Leben bezahlen.“

Die Familie geht von Selbstmord aus

Die neue Untersuchung zu den Todesumständen Allendes ist Teil einer umfassenden Überprüfung von mehr als 700 bislang nicht untersuchten mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen während der Pinochet-Diktatur 1973 bis 1990. Allendes Familie Mitte April einen symolischen Antrag auf eine Untersuchung des Leichnams eingereicht. Die Familie geht zwar davon aus, dass Allende sich das Leben genommen hat. Doch es sei extrem wichtig für das Land und die Welt, dass die Gründe und Umstände seines Todes rechtlich festgestellt würden, die äußerst gewalttätig gewesen seien, sagte Allendes Tochter Isabel dem Sender CNN-Chile.

Zu dem Vorfall, der damals weltweit für Aufsehen sorgte, kursieren viele Theorien. Der Rechtsmediziner Luis Ravanal schrieb 2008 unter Berufung auf die Autopsie von 1973, Allendes Verletzungen stimmten nicht mit der These überein, dass er sich selbst erschossen habe. Der chilenische Journalist Camilo Taufic, der ein Buch zu dem Putsch schrieb, unterstützt die These eines „unterstützten Selbstmordes“. Demnach soll ein Leibwächter von Allende den tödlichen Schuss abgefeuert haben, nachdem der verzweifelte Präsident sich zunächst selbst eine Schusswunde beigebracht habe.

Der Sarg durfte nicht geöffnet werden

Allendes Leiche wurde zunächst in einem Hubschrauber nach Viña del Mar 120 Kilometer von Santiago entfernt gebracht und dort beigesetzt. Isabel Allende hob hervor, dass die Familie die Leiche nicht zu sehen bekommen habe. Ihre Mutter Hortensia Bussi habe den Sarg nicht öffnen dürfen. Allendes Grab wurde mittlerweile in die Hauptstadt verlegt.

Nach Allendes Tod errichtete Pinochet die dauerhafteste Militärdikatur in Südamerika, sie endete erst 1990. In dieser Zeit wurden etwa 3100 Menschen getötet oder sind seitdem vermisst. Pinochet starb 2009 im Alter von 94 Jahren, ohne je verurteilt worden zu sein. (afp)