Wiesbaden/Frankfurt. . Der bei der Attacke in einem Frankfurter Jobcenter schwerverletzte Polizist befindet sich auf dem Weg der Besserung – ist aber kaum vernehmungsfähig. Derweil kündigte die Geschäftsführerin des Jobcenters an, das Sicherheitskonzept zu überprüfen.

Nach dem tödlichen Streit in einem Frankfurter Jobcenter ist der durch eine Messerattacke verletzte Polizist auf dem Weg der Besserung. Ein erster Vernehmungsversuch des 30-Jährigen im Krankenhaus sei jedoch sehr kurz ausgefallen, sagte der Frankfurter Oberstaatsanwalt Thomas Bechtel am Freitag. Der Beamte wurde am Donnerstag nach dem Vorfall operiert. Eine längere Vernehmung mache noch keinen Sinn. Das Obduktionsergebnis habe ergeben, dass die Frau durch einen Einschuss in den Bauch getötet wurde.

Die 39-Jährige sei vor ihrem Tod „kerngesund“ gewesen, berichtete Bechtel. Es gebe keine Hinweise auf Drogenmissbrauch. Auch ein Sprecher des Sozialdezernats sagte, die Frau aus Nigeria sei vorher nicht negativ aufgefallen. Sie sei Anfang Mai schon einmal im Jobcenter gewesen. Dieser Termin sei unauffällig und ohne Streit abgelaufen, sagte der Sprecher. Das Center kümmert sich ausschließlich um die Belange von Wohnsitz- und Obdachlosen.

Staatsanwaltschaft prüft Schussabgabe

Die Frau hatte am Donnerstag mit einem Sachbearbeiter des Jobcenters darüber gestritten, ob ihr Hartz-IV-Leistungen bar ausgezahlt oder überwiesen werden. Die 39-Jährige randalierte und weigerte sich, das Gebäude zu verlassen. Als zwei Polizisten die Frau nach ihrem Ausweis fragten, holte sie ein Messer aus ihrer Handtasche und griff den Beamten an. Er erlitt mehrere Stiche in den Bauch und einen Schnitt am Arm. Seine 28-jährige Kollegin schoss daraufhin auf die Angreiferin, die kurz darauf im Krankenhaus starb.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Totschlags gegen die Polizistin. Das sei ein normales Verfahren, sagte Bechtel. Es müsse geklärt werden, ob der Schuss in dieser Form erforderlich gewesen sei. Das Verfahren werde mehrere Wochen in Anspruch nehmen.

Frau war offenbar obdachlos

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft lebte die Frau getrennt von ihrem Mann. Ob sie Kinder hatte, war zunächst nicht bekannt. Zumindest aus dieser Ehe nicht, sagte der Oberstaatsanwalt. Die Frau war erst zum 1. Mai von Aschaffenburg nach Frankfurt gezogen.

Obwohl sie in der Frankfurter Innenstadt gemeldet war, gibt es Hinweise darauf, dass sie obdachlos war. Dafür spreche, dass sich die Frau an dieses spezielle Jobcenter gewandt habe, sagte ein Sprecher des Sozialdezernats. Sie sei in einem Teil der Stadt gemeldet gewesen, in dem es eine Obdachlosenunterkunft gebe. Bei dem tödlichen Streit sei es wohl um weniger als 50 Euro gegangen.

Arbeitsbedingungen werden überprüft

Das Jobcenter für Obdachlose besteht seit 2005. Es biete unter anderem Übernachtungsmöglichkeiten und ein Frühstücksangebot, sagte der Sprecher. Zusätzlich gibt es in der Stadt eine eigene Außenstelle für Drogenabhängige. In diesen speziellen Außenstellen müssen die Mitarbeiter besonders geschult sein.

Die Frankfurter Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld (CDU) kündigte an, die Arbeitsbedingungen in dem Jobcenter zu prüfen. Der aktuelle Vorfall werde dazu führen, „dass wir uns ganz genau anschauen, wie die Arbeitsbedingungen dort sind und ob wir die Dinge verbessern können oder müssen“, sagte Birkenfeld auf Anfrage.

Taschen am Eingang einschließen

Auch die Geschäftsführerin des Frankfurter Jobcenters, Claudia Czernohorsky, kündigte im dapd-Interview an, das Sicherheitskonzept auf den Prüfstand zu stellen. Einen Metalldetektor wie in Gerichten oder am Flughafen kann sie sich dabei weniger vorstellen. Schließlich müssten sie auf Bürgerservice und Kundenfreundlichkeit achten. Doch vorstellbar seien zum Beispiel Schließfächer, in die die Kunden am Eingang ihre Taschen einschließen müssen.

So ein Vorfall sorge nicht nur bei den Mitarbeitern für Beunruhigung, sondern erschrecke auch die Kunden, sagte die Geschäftsführerin. Insgesamt steige das aggressive Potenzial in den Jobcentern. „Es vergeht kein Tag, ohne dass wir ein Hausverbot erteilen müssen“, berichtete Czernohorsky. Meist handele es sich um Beschimpfungen oder aggressives Verhalten gegen Mitarbeiter. Es sei auch schon zu Handgreiflichkeiten gekommen. In allen Frankfurter Jobcentern sei Sicherheitspersonal im Einsatz. Zudem absolvierten die Mitarbeiter ein Deeskalationstraining. (dapd)