London. Sattelfest müssen sie sein, diszipliniert und rundum poliert: Die Reiter der Königlichen Kavallerie haben eines der schönstens Übungsgelände der Welt: Im Hyde Park exerzieren sie ihre Manöver und hoffen, dass am Tag der königlichen Hochzeit kein Pferd scheut und kein Handy klingelt.

Generalprobe für die Königliche Kavallerie: Im Hyde Park üben Ross und Reiter täglich für die festlichste Eskorte ihres Lebens. Immerhin 160 von Soldaten sollen in drei Wochen Kate und Williams Hochzeitskutsche eskortieren. Bis dahin muss allerdings mancher „Trooper“ noch sein Pferd überzeugen: Zwei Reiter haben bereits unzeremoniell das Gras von Knightsbridge geküsst.

John Denton ist als Stallaufseher morgens um 6 Uhr der Erste auf dem Hof der Königlichen Kavallerie. Die Titelfotos der Londoner Morgenzeitungen sind ihm deshalb nicht entgangen: Trotz militärischer Präzision, Drill und Kriegserfahrung hatten am Vortag zwei Reiter launischer Pferde das Nachsehen. Sie durften einen pressetauglichen und schmerzhaften Bogen durch die Luft fliegen.

Zum Glück nehmen die Trooper den unvermeidlichen Spott mit Humor: „Pferde sind wie Menschen“, witzelt Denton, bevor ihn ein strenger Blick vom Hauptmann trifft, „wir wachen ja auch manchmal morgens auf und haben keine Lust zu arbeiten.“

Fast alle Londoner Armeepferde sind im Einsatz

In den nächsten drei Wochen dürften die Kavalleristen von den über tausend an der Hochzeitsparade beteiligten Soldaten am wenigsten Langeweile leiden. 160, und damit fast jedes Londoner Armeepferd, werden die Kutschen der Royals durch die Stadt begleiten.

Sitzt alles? Glänzt alles? Foto: Getty
Sitzt alles? Glänzt alles? Foto: Getty © Getty Images

Die morgendliche Inspektion im Hof fällt deshalb besonders penibel aus. Ein General prüft selbst den Glanzgrad verdeckter Messingknöpfe an der Uniform. Von zehn Soldaten dürfen nur jene sechs die nächsten Stunden ausreiten, die sich die meiste Mühe gegeben haben. Alle anderen werden zum Wachestehen verdonnert – und zwar auf ihren eigenen zwei Hufen.

Zehn Stunden wienern die Kavalleristen vor jedem Ausritt an ihrer Paradeausrüstung. In diesen Tagen müssen sie ihr ohnehin hohes Niveau übertreffen. „Der Stall brummt noch mehr als sonst“, sagt Denton. In das Schweinsleder ihrer Stiefel brennen die Trooper erst Bienenwachs, dann massieren sie mit einem Damenfeinstrumpf Schicht um Schicht Politur ein. Am Ende glitzern Schuhwerk und Pferdegeschirr wie die Themse im Sonnenlicht.

Helfer kämmen das Yak-Haar auf Uniform-Helmen, bringen die kunstvoll gravierten Schwerter auf Höchstglanz. „Total stolz“ wie Michael Sinclair, der bei der Hochzeit als Trompeter ein weißes Pferd reiten darf, sind in den „Hyde Park Barracks“ alle.

Schwertgriffe aus Haifischhaut

Für die Trooper ist dies eine seltene Gelegenheit, der Öffentlichkeit ihr Handwerk zu zeigen. Wer wusste schon, dass die Griffe ihrer Schwerter aus rauer Haufischhaut sind, damit sie ihnen bei Regen nicht entgleiten? Oder dass sie ihre weißen Lederhandschuhe seit der Schlacht von Waterloo stärken, damit niemand ihnen die Arme abhacken kann?

Trotz des historischen Pomps sind die Kavalleristen keine Karnevalsoffiziere: Viele haben schon die zweite Tour nach Afghanistan hinter sich, einige werden gleich nach der Trauung in den Irak entsandt. Vor einem Fauxpas bei der Eskorte fürchten sie sich allerdings noch mehr: „Wenn bloß mein Handy nicht überraschend klingelt“, betet einer, der direkt hinter der Hochzeitskutsche reiten soll. „Hauptsache, das Pferd benimmt sich“, sagt ein anderer. Zumindest bei der morgendlichen Inspektion klimpern alle Vierbeiner brav den General an. Für Eskapaden suchen sie sich einen besseren Moment.