Düsseldorf. . Lena und den Eurovision Song Contest sieht Düsseldorf als große Chance. Mit dem medialen Großereignis will die Stadt ihren Bekanntheitsgrad international steigern und lässt sich das einiges kosten.
Die Zeit der Demütigung wähnt der Düsseldorfer lange hinter sich. Die Zeit, in der er im Ausland unter Schmerzen zwischen den Zähnen hervorpresste, dass seine Heimatstadt in der Nähe von Köln liege. Und als Gastgeber des Eurovision Song Contests am 14. Mai setzt die Stadt darauf, noch einmal in neue Dimensionen aufzusteigen. „Das ist eine gewaltige Chance, unseren Bekanntheitsgrad international weiter zu steigern“, gibt CDU-Oberbürgermeister Dirk Elbers zu Protokoll.
Insgesamt elf Millionen Euro lässt sich Düsseldorf die Verwandlung in Lena-Land kosten. Mindestens. Den Zweitliga-Kickern der Fortuna hat man für ihre drei letzten Saisonspiele gar ein eigenes mobiles Stadion mit 20 000 Plätzen spendiert, weil die Arena ab 4. April für die Aufbauarbeiten gesperrt wird. Kostenpunkt: 2,7 Millionen, etwa zehn Prozent fließen durch Sponsoring zurück. Nach Bochum oder Leverkusen wollte man die Fußballfans nicht schicken.
Zum Zeitpunkt der Entscheidung war nicht klar, ob Fortuna womöglich ganz oben – oder ganz unten – noch dringend Punkte benötigen würde. Natürlich klingt das alles erstmal großspurig, irgendwie eben so nach Düsseldorf-Klischee. Besonders in den Ohren derer, bei denen Geld knapp ist. Also fast überall. Aber wer nach ernst zu nehmenden Kritikern der Entscheidung in der Landeshauptstadt fahndet, muss ohne Erfolg beidrehen. Die Frage, ob man so viel Geld in die Hand nehmen will, schwebte zwar kurz im politischen Raum, wurde aber mit ja beantwortet. Düsseldorf ist schuldenfrei und kalkuliert 2011 mit 910 Millionen Euro Gewerbesteuern. Das gleich große Essen muss sich mit 400 Millionen bescheiden.
Der Werbewert des Singspektakels allgemein ist unumstritten, allenfalls die Zahlen sind spekulativ. Werbeprofi Ralf Zilligen, der die Stadt berät, spricht von 150 bis 200 Millionen Euro, die man für Kampagnen ausgeben müsste, um dieselbe Aufmerksamkeit zu erzielen. Müßig, darüber zu streiten, oberhalb des Einsatzes dürfte der Wert jedenfalls liegen.
Sicher ist, dass, verteilt über zwei Wochen, 2 500 bis 3 000 Journalisten aus Europa einfliegen werden, dass 64 000 Fans beim Halbfinale und beim Finale in der Arena sitzen werden. Und am Abend des 14. Mai sind rund 140 Millionen Menschen vor den Fernsehgeräten zu erwarten.
Mehr als 800 Freiwillige
„Wir bekommen innerhalb von ein paar Tagen eine internationale Aufmerksamkeit, für die wir sonst um die ganze Welt reisen“, schwärmt Elbers. Oslo, 2010 Gastgeber des Wettbewerbs, hat ein Plus von 15 Prozent beim Tourismus ausgemacht.
Und auch Düsseldorf will die Gelegenheit nutzen, auf dass schöne Bilder und Texte um die Welt reisen. Zwölf Arbeitsgruppen basteln an Konzepten für Stadtmöblierung oder Rahmenprogramme. Mehr als 800 Freiwillige haben sich bereits gemeldet, um Besucher in der Stadt und an der Arena zu betreuen. Rund 1000 Düsseldorfer bieten ein Zimmer zur Übernachtung an – und sei es auf der 1,40 Meter breiten Luftmatratze von Andreas Maas im Apartment in Unterbilk: „Ich hab schon selbst in Privatunterkünften geschlafen und fand das sehr sympathisch.“ „Wir freuen uns auf spannende neue Bekanntschaften“, erzählt Anja Vervoorts, die im Kinderzimmer ihrer Tochter ein spanisches Paar unterbringen wird.
Das Ereignis soll für Wochen präsent sein in der City. „Wir werden unter anderem sechs Kilometer Bauzäune mit Werbefahnen einhüllen“, berichtet Event-Expertin Alexandra Iwan. Der Flughafen, so Chef Christoph Blume, präsentiere ein 385 Meter langes Megaposter im Terminal. „Und der Lena-Song ,Taken by a Stranger’ läuft bei uns in der Warteschleife am Telefon.“ In Kö-Nähe, nun ja, lockt ein zehn Meter hoher, mobiler Haarsalon, den Karl Lagerfeld konzipiert hat.
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Weltgrößter Fernseher
Das Thyssen-Hochhaus im Zentrum verwandelt sich für zehn Tage in den größten Fernseher der Welt. Auf 6300 Quadratmetern sind Live-Übertragungen, Multimediashows mit 3D-Effekten und Stadtwerbung geplant. „Und“, so Elbers, „wir wollen Musik auf vielen Bühnen in allen Stadtteilen sichtbar machen.“ Standorte für Public Viewing werden noch gesucht.
Journalisten und Delegationsmitglieder will man mit Unterhaltungsprogrammen und begleiteten Touren bei Laune halten. Die enden nicht nur in der Düsseldorfer Altstadt oder im Medienhafen. Sondern auch auf Zollverein in Essen. Und sogar in Köln. Eine Stadt, 40 Kilometer südlich von Düsseldorf.