Koblenz.. Ein Stiefsohn hat Detlef S. sexuellen Missbrauch vorgeworfen. Zudem habe der Angeklagte häufig mit der Lederpeitsche zugeschlagen - auch wenn die leiblichen Kinder Mist gebaut hätten. Der Stiefsohn bezeichnet Detlef S. als „Diktator“ und „Hierachist“.
Im Westerwälder Missbrauchsprozess hat am Donnerstagmorgen ein weiterer Stiefsohn des Angeklagten neue Vorwürfe erhoben. Er sei von seinem Stiefvater Detlef S. sexuell missbraucht worden, sagte der 29-jährige Sven S. als Zeuge vor dem Koblenzer Landgericht. Der Angeklagte sei mehrfach „in sein Bett gekrochen“ und habe an seinem Genital „gespielt“. Auch unter der Dusche sei er von seinem Stiefvater angefasst worden.
Als Sven S. Patenonkel des ersten Kindes von der Stieftochter des Angeklagten werden sollte, habe er diese gefragt, wer der Vater sei. Doch Natascha habe nur geantwortet: „Frag nicht, es ist schon schlimm genug“. Er sei schließlich ausgezogen, nachdem es zu einem Eklat mit dem Vater gekommen war. Detlef S. habe die Mutter bewusstlos geschlagen.
Nachbarn sollten die Schreie nicht hören
Der Einsatz der Lederpeitsche sei bei Detlef S. gang und gäbe gewesen. Die Peitsche habe der Angeklagte aus einem Besenstil und riesigen Lederstreifen aus einem alten Schulranzen gefertigt, so Sven S. Verprügelt wurden stets nur die Stiefkinder, auch wenn die leiblichen Kinder Mist gebaut hätten. „Oft ist er mit uns in den Wald gefahren, damit die Nachbarn die Schreie nicht hören.“
Die Mutter sei öfter "abgefüllt worden", damit sie nichts mitbekomme, berichtete der Zeuge. Beim Jugendamt habe er die Probleme geschildert, aber dieses habe nicht handeln wollen, so lange er keine konkreten Beweise für die Vorwürfe vorlegen könne.
Zudem warf er dem Vater vor, die Stiefkinder nur adoptiert zu haben, um an Zuschüsse vom Staat zu gelangen. Sven S. und sein Bruder Markus seien von Detlef S. gezwungen worden, eine Bürgschaft über 150.000 Euro zu übernehmen . „Die haben wir jetzt noch am Hals.“ Und über seinen Stiefvater sagt Sven S.: „Der war ja immer zu faul zum arbeiten. Ich bezeichne ihn nicht als Mensch, sondern als Diktator oder Hierachist.“ Ein Psychiater fragte den Zeugen, ob es denn auch freudvolle Momente gegeben hätte. Daraufhin antwortete Sven S.: „Es gab gar nichts. Wir wurden immer nur kleingehalten.“
Hass und Wut
Auch der zweite Zeuge, Markus (32, Straßenbauer), schilderte vor Gericht die Prügeleien und Peitschenhiebe von Detlef S.. Staatsanwalt Kahl fragte Markus, warum er sich nicht gewehrt hätte, schließlich wirke der Angeklagte körperlich nicht so stark. Darauf antwortete Markus: „Das ist äußerlich, er hatte andere Methoden.“ Schließlich sprach der Zeuge Detlef S. direkt an: „Es wäre leichter, wenn du uns das Leben lässt und endlich die Klappe aufmachst.“ Anfangs habe er Angst vor Detlef S. gehabt. Das sei schließlich in Hass und Wut umgeschlagen.
Mit Natascha sei der Angeklagte oft alleine weggefahren, um zu tanken. Doch als sie wiederkamen, sei Schlamm an den Reifen gewesen.
350 Fälle von sexuellem Missbrauch
Am Mittwoch hatte der 48-jährige Angeklagte überraschend ein Teilgeständnis abgelegt, in dem er den Missbrauch an seiner leiblichen Tochter einräumte. Zu den Anschuldigungen im Zusammenhang mit den 28-jährigen Zwillingen Natascha und Björn äußerte sich der Angeklagte hingegen nicht. Zum Prozessauftakt hatte er lediglich eingeräumt, mit Natascha acht Kinder gezeugt zu haben.
Vorgeworfen werden dem Mann insgesamt 350 Fälle von sexuellem Missbrauch sowie 35 Fälle, in denen er die beiden Mädchen zur Prostitution gezwungen haben soll. Außerdem soll er die Kinder immer wieder mit Schlägen traktiert haben. Seit 10. August 2010 sitzt er in Untersuchungshaft. Der Angeklagte hat mit seiner 52 Jahre alten Ehefrau vier gemeinsame Kinder. Vier weitere Kinder brachte die Frau aus vorherigen Ehen mit in die Familie. (mit dapd)