Ankara. .

Bier, Wein oder Schnaps – in der Türkei werden diese Getränke immer teurer. Die Regierung will den Alkoholkonsum immer weiter einschränken. Werbung ist künftig verboten.

Ehrensache, womit die Fans des türkischen Basketballklubs Efes Pilsen auf einen Sieg ihrer Mannschaft anstoßen? Mit einem kühlen Efes Pilsen natürlich, dem Bier, dessen Namen der Verein trägt. Aber nicht mehr lange. Der 13fache türkische Meister muss seinen Namen ändern. Alkoholproduzenten wie der Brauerei Efes wird es künftig untersagt, Sportvereine zu sponsern oder bei Sportveranstaltungen zu werben.

Das ist nur eine von mehreren neuen Beschränkungen, mit denen die staatliche Regulierungsbehörde für den Tabak- und Alkoholmarkt (TAPDK) jetzt den Alkoholverkauf und -konsum weiter zu erschweren versucht.

Gegner wittern Islamisierung

Gegner des islamisch-konservativen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan sehen in den Restriktionen ein weiteres Indiz für den angeblichen Geheim-Plan des Premiers, die Islamisierung der Republik.

Nicht mal ein Sonnenschirm darf künftig eine Bierwerbung tragen. Werbung für Alkohol wird in jeder Form untersagt. Alkoholische Getränke im Präsentkorb? Künftig verboten. Auch die Cateringfirmen, die zum Beispiel die Botschaftsempfänge in Ankara ausrichten, dürfen künftig keine Alkoholika mehr anliefern. Wenn die ausländischen Diplomaten ihren Gästen Wein, Whisky oder ein Bier anbieten möchten, müssen sie das selbst organisieren. Restaurants dürfen nach den neuen Bestimmungen nicht mehr zum Alkoholkonsum ermuntern. Damit könnte sich ein Kellner schon strafbar machen, wenn er dem Gast un-gefragt eine Weinkarte vorlegt.

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Von DerWesten

Bei der Vergabe von Konzessionen für den Alkoholausschank verfahren die von Erdogans Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) regierten Städte und Gemeinden immer härter. Selbst in der Umgebung der Touristenhotels in Istanbul führen viele Läden inzwischen weder Bier noch Wein. Geschäftsinhaber berichten vom Druck städtischer Behörden, Alkohol aus dem Sortiment zu nehmen.

Premier Erdogan selbst geht mit gutem Beispiel voran: Der Premier trinkt keinen Tropfen Alkohol und duldet ihn in seiner Gegenwart auch nicht. Er verstehe nicht, warum Leute Wein trinken, erklärte Erdogan jüngst auf einer Konferenz der Weltgesundheitsorganisation, schließlich gebe es doch auch Traubensaft. Gleich in seinem ersten Regierungsjahr erhöhte Erdogan die Alkoholsteuern um 129 Prozent.

Die Abgaben auf Bier stiegen in seinen bisher acht Regierungsjahren um 737 Prozent. Die Flasche des Nationalschnapses Raki, Lieblingsgetränk des Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk, verteuerte sich von neun auf 35 Lira. Das sind rund 17 Euro

Regierungskritiker wollen nicht aufgeben

Horrende Besteuerung und immer neuen Beschränkungen zeigen Wirkung: Zwischen Erdogans Amtsantritt 2003 und 2008 sei der Alkoholkonsum um 34 Prozent zurückgegangen, heißt es in einer Studie der Istanbuler Bahcesehir-Universität.

Dabei wurde in der Türkei nie viel getrunken: Laut der Weltgesundheitsorganisation konsumierten die Türken 2003 pro Kopf 1,4 Liter Alkohol. Selbst im sittenstrengen Katar liegt der Konsum dreimal höher und in Deutschland werden rund 10 Liter Alkohol pro Kopf konsumiert.

Die Regierungskritiker wollen sich nicht geschlagen geben. Manche fühlen sich an die Ära des von 1623 bis 1640 herrschenden osmanischen Sultans Murad IV. erinnert, der den Konsum von Kaffee, Wein und Tabak mit dem Tod bestrafen ließ.