Berlin. Nach Bergung eines 15-Tonnen-Pottwals vor Sylt wird versucht, das Tier weiter zu zerlegen. Nicht nur die Eiseskälte ist dabei hinderlich.

Seit dem Wochenende dümpelte ein verendeter Pottwal-Bulle im flachen Wasser vor Sylt. Durch die einsetzende Verwesung drohte der Kadaver durch aufgestaute Faulgase zu explodieren. Am gestrigen Montag gelang es schließlich den 14-Meter-Pottwal mit eine Kettenfahrzeug an Land zu ziehen. Seitdem wird versucht, den 15-Tonnen-Koloss am Hörnumer Strand zu zerlegen. Keine einfache Aufgabe, wie sich jetzt herausstellte.

Laut Wolf Paarmann, dem Sprecher des Landesbetriebes Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN), musste Verstärkung angefordert werden. Er sagte am Dienstag: „Es kommen noch zwei Experten mit Spezialmessern. Ziel ist es, heute fertig zu werden.“

Toter Pottwal am Strand von Sylt
Nichts für Zartbesaitete. Ein Schlachter vom Festland bei seinem Spezialauftrag auf Sylt. © DPA Images | Svenja Martens

Probleme auf Sylt: Kadaver teilweise gefroren, furchtbarer Gestank und ungeeignetes Werkzeug

Frostige Temperaturen hatten dafür gesorgt, dass der Wal teilweise gefroren ist. Aber auch die Werkzeuge sorgten am Morgen für Probleme: „Es läuft nicht so, wie es soll, ich bräuchte eine ordentlichere Motorsäge“, sagte Timo Arp, Schlachter aus Jagel (Schleswig-Holstein). Hinzu komme die immense Größe des Tieres, sonst zerteile er eher weniger große Körper.

Die von vielen befürchtete Explosion war bei der Zerteilung des Wals ausgeblieben. Aufgrund dieser Gefahr hatte die Polizei den Strand rund um den Kadaver vor Schaulustigen zunächst abgesperrt.

Toter Pottwal am Strand von Sylt
Am Dienstagmorgen macht sich der Schlachter an der Schwanzflosse zu schaffen. © DPA Images | Lea Albert

Kurz nach Sonnenaufgang hatte Schlachter Timo Arp den Pottwal mit einer Kettensäge in Stücke weiter zerlegt. Begonnen hatte er dafür an der Schwanzflosse. Allein für das erste Drittel des gigantischen Tieres brauchte er rund vier Stunden. 

Toter Pottwal am Strand von Sylt
Die zum Großteil abgesägte Schwanzflosse muss von einem Gabelstapler angehoben werden. © DPA Images | Svenja Martens

Kein Idyll auf Sylt: Blut, Knochen, Gedärme und bestialischer Gestank

Der Einsatz an dem toten Koloss verursacht einen beißenden Geruch, der bei Zartbesaiteten möglicherweise Übelkeit hervorrufen könnte. Eine dpa-Reporterin berichtete, dass der Gestank dermaßen intensiv sei, dass dieser sogar an der Kleidung haften blieb.

Toter Pottwal am Strand von Sylt
Strandspaziergänger betrachten das schaurige Spektakel aus sicherer Entfernung. © DPA Images | Jonas Walzberg

Während also Urlauber ihre Hunde bei winterlichem Postkartenwetter am glitzernden Meer entlang führten, stand nur wenige Meter entfernt ein Mann im blutverschmierten Schutzanzug in einer Wolke aus Faulgasen.

So kam der Pottwal-Kadaver an Land

Der 14,3 Meter lange Walbulle war am Montag bei auflaufendem Wasser mit einem Traktor und einem Raupengefährt an den Strand nahe des Hörnumer Hafens gezogen worden. Experten einer Fachfirma hatten noch am Abend mit der Zerlegung begonnen und den Unterkiefer des gigantischen Tieres mit Messern, Kettensäge und Baggerschaufel abgetrennt. 

Toter Pottwal am Strand von Sylt
Um den Unterkiefer abzutrennen, musste ein Bagger eingesetzt werden. © DPA Images | Lea Albert

Das Teil bleibe auf Sylt und solle hier präpariert und später im Erlebniszentrum in List ausgestellt werden, sagte Anne Schacht, Sylter Nationalpark-Rangerin. Eine Präparatorin soll dazu in der kommenden Woche auf die Insel kommen. Das Skelett soll laut Schacht nicht ausgestellt werden.

Toter Pottwal am Strand von Sylt
Der abgetrennte Unterkiefer des Tieres soll präpariert werden. © DPA Images | Lea Albert

Auge, Ohr, Mageninhalt: Was passiert jetzt mit den Einzelteilen?

„Wir werden versuchen das Auge zu entnehmen, dann werden wir die Ohren entnehmen und ich habe Tierärzte bei mir, die das Tier pathologisch untersuchen sollen“, sagte Joseph Schnitzler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) in Büsum. Auch am Mageninhalt des Tieres seien die Experten interessiert – dieser sollte in Spezialkleidung noch vor Ort geöffnet werden. Bis erste Ergebnisse vorliegen, könne es wohl noch einige Zeit dauern. 

Die Experten nahmen Proben von dem Pottwal-Kadaver, darunter Hautproben für genetische Untersuchungen, um die Herkunft zu bestimmen sowie Gewebe und Fettproben für toxikologische Untersuchungen

Toter Pottwal am Strand von Sylt
Wie der Meeressäuger in die Nordsee vor Sylt gelangte und woran er starb, ist noch unklar (Drohnenaufnahme). © DPA Images | Jonas Walzberg

Wenn alle Proben entnommen sind, werden die Teile des 10 bis 15 Tonnen schweren Kadavers in Containern auf Lastwagen mit dem Autozug nach Jagel zur Tierverwertung gebracht, wie Küstenschützer Wolf Paarmann sagte. „Wir sind mit dem Zerteilen des Wals relativ weit fortgeschritten, ich hoffe, dass wir es heute noch fertig bekommen.“