Essen/Berlin.

Erst infizierte sich Timothy Ray Brown (39) mit HIV, dann, einige Jahre später, erkrankte er an Leukämie. Es war sein Glück: Die Behandlung mit manipulierten Stammzellen gegen Leukämie befreite ihn auch vom HI-Virus.

Bei ihm schlug das Schicksal gleich zwei Mal heftig zu: Erst infizierte sich Timothy Ray Brown (39) mit HIV, dann, einige Jahre später, erkrankte er an Leukämie. So seltsam es sich anhört – es war sein Glück: Die Behandlung mit manipulierten Stammzellen gegen Leukämie befreite ihn auch vom HI-Virus.

Die Erkenntniss stammen aus dem Jahr 2008, nun aber haben die Wissenschaftler der Berliner Charité die Ergebnisse in der Online-Ausgabe des Fachmagazins „Blood“ vorgestellt.

Knochenmarkspender sollte immun gegen das Aids-Virus sein

Um beide tödlichen Krankheiten gleichzeitig zu bekämpfen, suchten die Ärzte nach einem besonderen Knochenmarkspender. Er sollte gegen das Aids-Virus immun sein. Das ist jedoch nur bei bis zu drei Prozent der Spender der Fall. Prof. Norbert Brockmeyer vom Kompetenznetz HIV/Aids der Dermatologischen Klinik der Ruhr-Uni Bochum: „Es ist eine hoch spannende Erkenntnis. Bisher hat keiner geglaubt, dass das Virus tatsächlich wieder aus dem Körper entfernt werden kann.“

Trotzdem spricht Brockmeyer vom Präzedenzfall: „Eine Knochenmark-Transplantation ist aufwendig. Und auch mit Gefahren verbunden. Immer noch sterben nicht wenige Patienten in Folge des Eingriffs.“ Es geht anders: Patienten, die heute mit Medikamenten behandelt werden, „können deutlich mehr als dreißig Jahre überleben“.

Seit vielen Jahren werden Stammzelltherapien als Revolution in der Medizin gefeiert. Im Zuge der Behandlung wird nicht das Erbgut einer Zelle künstlich verändert, sondern bereits vorhandene Zellen, eben Stammzellen, „gezüchtet“. Das kranke Knochenmark wird zunächst durch Bestrahlung oder Chemotherapie zerstört. Anschließend werden die Blutstammzellen als Infusion verabreicht. Sie wandern ins Knochenmark und produzieren dort neue, gesunde Blutzellen.

Neue Medikamente entwickeln

Auch wenn es kein Patentrezept ist, sagt Brockmeyer: „Interessant ist zu schauen, welche Faktoren es gibt, dass Menschen in der Lage sind, die Viren zu unterdrücken. Dies bedeutet, dass wir die Immunreaktionen des Patienten genau untersuchen müssen, um Faktoren zu isolieren, die diese Virushemmung auslösen und um diese Faktoren später bei anderen einsetzen zu können.“ Was heiße: neue Medikamente zu entwickeln.

„Wir werden in der Forschung vielleicht ganz neue Wege gehen. Eine Behandlung mit gentechnisch veränderten Stammzellen, die mit Virusteilen beladen sind, könnten gewinnbringende neue Ansätze sein und Abwehrreaktionen gegen HIV auslösen und zur Kontrolle des Virus beitragen.“ Allerdings müsse man auch ganz klar sagen: „Wir werden die HIV-Infektion nicht besiegen, solange kein Impfstoff gefunden ist. Auch die Ausrottung der Pocken wäre ohne einen Impfstoff nicht möglich gewesen.“