Berlin. Zahlreiche Erdbeben haben zuletzt Santorini erschüttert, Tausende sind auf der Flucht. Droht jetzt auch noch ein Vulkanausbruch?

Ausnahmezustand auf Santorini: Seit über zwei Wochen gibt es auf der griechischen Insel immer wieder Erdbeben. Tausende Menschen haben die Insel bereits verlassen, während Wissenschaftler rätseln, was hinter den andauernden Erdstößen steckt. Die Angst vor einem bevorstehenden Hauptbeben wächst – und die Angst vor der Aktivierung eines Vulkans.

Die Beben sind für die Bewohner der Vulkaninsel nicht ungewöhnlich, doch die hohe Frequenz der Erschütterungen sorgt für Besorgnis. „Noch nie haben wir eine derartige Serie von Erdbeben in so kurzer Zeit registriert“, erklärte die Geologie-Professorin Evi Nomikou gegenüber dem Nachrichtensender Skai.

Griechische Seismologen gehen davon aus, dass das eigentliche Hauptbeben noch bevorsteht. Erst danach werde sich zeigen, ob sich die aufgestaute seismische Energie entladen hat. Experten rechnen mit einer Magnitude von 5,5 bis 6, was zu erheblichen Schäden führen könnte. Besonders besorgt sind Wissenschaftler über die Möglichkeit, dass die anhaltenden Beben den Unterwasservulkan Kolumbo aktivieren könnten.

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Unterwasservulkan Kolumbo: Steht eine Eruption bevor?

Santorini liegt im Zentrum eines aktiven Vulkanfeldes, das sich vom Archipel der Christiana-Inseln bis zur Kolumbo-Vulkankette erstreckt. Geologen bezeichnen dieses Gebiet als „Ägäischen Feuerring“. Das Vulkanfeld um Santorini gilt als extrem gefährlich, da es in der Vergangenheit immer wieder zu gewaltigen Eruptionen kam. Die bislang schwerste Katastrophe ereignete sich um 1600 vor Christus, als der Thera-Vulkan ausbrach und eine Serie von Tsunamis, Erdbeben und Ascheregen auslöste.

Der Kolumbo selbst sorgte zuletzt im Jahr 1650 für Verwüstungen. Damals tötete ein gewaltiger Unterwasser-Ausbruch 70 Menschen auf Santorini und setzte enorme Mengen Lava und Asche frei. Die Eruption dauerte zwei Monate und richtete noch auf 150 Kilometer entfernten Inseln Schäden an. Forschungen von Vulkanologen um Kajetan Chrapkiewicz vom Imperial College London zeigen, dass sich im Reservoir des Unterwasservulkans Kolumbo bereits 1,4 Kubikkilometer Magma angesammelt haben. Diese Menge entspricht fast der des letzten Ausbruchs vor 375 Jahren und könnte eine neue Eruption wahrscheinlicher machen.

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Experten warnen vor Tsunami-Gefahr

Eine entscheidende Frage ist, ob das Magma im Reservoir des Kolumbo noch heiß und schmelzflüssig oder bereits erkaltet ist. Wissenschaftler um den Vulkanologen Kajetan Chrapkiewicz erklären in der Studie, dass eine große Ansammlung von mobilem Magma in geringer Tiefe ein ernsthaftes Risiko für eine hochexplosive Eruption mit Tsunami-Gefahr berge.

Sollte der Kolumbo ausbrechen, könnte die Druckexplosion eine kilometerhohe Eruptionswolke erzeugen und große Mengen Asche sowie Bimsstein in die Umgebung schleudern. Ein Tsunami würde nicht nur Santorini, sondern auch weitere Inseln der Ägäis bedrohen. Aufgrund der geringen Wassertiefe von nur 500 Metern würde die Eruption besonders explosiv ausfallen.

Parallelen zu Tonga-Ausbruch

Forscher ziehen Parallelen zur gewaltigen Eruption des Unterseevulkans Hunga Tonga-Hunga Ha‘apai im Jahr 2022. Dort ereignete sich eine gewaltige Eruption nahe der Wasseroberfläche, die große Teile Tongas mit einer bis zu 10 Zentimeter dicken Schicht aus vulkanischer Asche bedeckte. „Auch wenn ein Ausbruch des Kolumbo wahrscheinlich schwächer wäre, könnte er schwerwiegendere Folgen haben“, warnen die Autoren in der Studie. Der dichte Schiffs- und Flugverkehr in der Region sowie die hohe Bevölkerungsdichte würden eine Katastrophe noch verstärken.

Die Wissenschaftler fordern daher eine Echtzeit-Überwachung des Kolumbo durch ein fest installiertes Messnetz. Ein kontinuierliches Monitoring könnte helfen, Eruptionen frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig Evakuierungsmaßnahmen einzuleiten.

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