Berlin. „Germany's Next Topmodel“ wird 20 Jahre alt. Zeit, mit dem Bashing aufzuhören. Denn die Sendung ist feministischer als viele denken.

Es gehört fast schon zum guten Ton, auf Heidi Klum zu schimpfen. Wenn sie in ihren schrillen Outfits bei „Germany's Next Topmodel“ mal wieder den markanten Satz „Ich habe heute leider kein Foto für dich“ sagt, reproduziert das deutsche Feuilleton Jahr für Jahr die gleiche Meinung. Frauenfeindlich sei das Ganze und Heidi Klum eine höchst zweifelhafte Person. Dabei sind genau solche Hasstiraden gar nicht progressiv, sondern frauenverachtend. Denn während viele Feministinnen Solidarität unter Frauen predigen, scheint diese Regel für das deutsche Supermodel und ihre „Mädchen“ nicht zu gelten.

Heidi Klum mag zwar keine feministische Ikone sein, aber sie ist eine emanzipierte Geschäftsfrau mit Vorbildfunktion: Nicht viele Deutsche haben es geschafft, in den USA ein erfolgreiches Business aufzuziehen und sich trotz aller Kritik über so lange Zeit in der Öffentlichkeit zu behaupten. In der patriarchal geprägten Fernsehlandschaft, in der Frauen immer noch unterrepräsentiert sind, hat Klum obendrein eine Sendung erschaffen, die Fokus auf Frauen und ihre Geschichten legt und sich erfolgreich seit 20 Jahren im Programm hält. Und ganz nebenbei bietet sie jungen Frauen ein Sprungbrett, das ihnen in einer hart umkämpften Branche zu Karrieren und Selbstständigkeit verhelfen kann.

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Würde es aber nach vielen gehen, dürfte die Show nur dann eine Daseinsberechtigung haben, wenn die Frauen auch gleichzeitig ihre Dissertation auf dem Laufsteg machen würden. Dabei übersehen viele, dass es sich immer noch um eine Unterhaltungssendung und keinen Polit-Talk handelt. Zudem hat sich die Show im Vergleich zur ersten Staffel durchaus gewandelt und ist deutlich diverser aufgestellt.

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Heidi-Klum-Bashing ist kein Feminismus

Man muss das gezeigte Frauenbild bei „Germany's Next Topmodel“ natürlich nicht befürworten, man darf es kritisieren. Denn eine konstruktive Kritik fördert den Wandel in der Gesellschaft und auch in TV-Formaten. Aber über Frauen zu lästern, ihnen jegliche Entscheidungsfähigkeit abzusprechen und sie kollektiv für naiv, gar dümmlich zu halten, nur weil sie Model werden wollen, widerspricht genauso feministischen Werten.

Alina Juravel ist Redakteurin im Ressort „Leben“ der FUNKE Zentralredaktion.
Alina Juravel ist Redakteurin im Ressort „Leben“ der FUNKE Zentralredaktion. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Denn Feminismus bedeutet auch, andere Lebensformen zu akzeptieren und niemanden auszuschließen. Jede Frau soll das Recht haben, sich für einen Job zu entscheiden, in dem Aussehen eine wichtige Rolle spielt. Eine Frau ist dann nicht weniger wert, nur weil sie keine Ärztin oder Anwältin werden will.

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Und überhaupt ist Schönheit kein Widerspruch zu Intelligenz, Eigenständigkeit und Meinungsstärke. Auch Models können erfolgreiche Geschäftsfrauen und Feministinnen sein. Die Annahme, dass das eine das andere ausschließt, offenbart nur eines: starres Schubladendenken.