Berlin. In „Bettys Diagnose“ stößt Nicolas Türksever in seiner neuen Rolle die Belegeschaft vor den Kopf. Privat hat er eine harte Kindheit erlebt.

Als Dr. Tarik Şahin bringt Nicolas Türksever eine gehörige Portion Ego und Testosteron in den Serienerfolg „Bettys Diagnose“ (neue Staffel ab 10. Januar um 19.25 Uhr im ZDF) ein. Privat setzt der 36-jährige Schauspieler, der unter anderem mit dem Comedy-Format „Wrong – Unzensiert“ bekannt wurde, eher auf Humor und Selbstironie, was auch seine kleine Tochter zu schätzen weiß. Im Hochhausviertel seiner Jugend musste er zwar auch Härte beweisen, aber seine Lust an der Komik verlor er dabei nicht.

Sie haben schon in verschiedensten Formaten von Comedy bis Krimi gespielt. Welche besonderen Talente bringen Sie bei „Bettys Diagnose“ ein?

Nicolas Türksever: Bei „Bettys Diagnose“ ist es das Schöne, dass es oft zwei Handlungslinien gibt – die eine ernster und die andere mit Augenzwinkern. Und ich bin jemand, der gerne viel Quatsch macht. Das heißt, ich sehe es auch als meine Aufgabe an, die Kollegen zum Schmunzeln zu bringen, wenn Raum dafür ist.

Was machen Sie da?

Türksever: Wenn es gerade mal Leerlauf gibt, dann kann es passieren, dass ich eine Szene im schwäbischen Dialekt durchspreche.

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Sorgen Sie auch privat für gute Laune?

Türksever: Mit einer fünfeinhalbjährigen Tochter muss ich einiges an Programm auffahren. Da bin ich gerne der Clown. Welches Kind lacht sich nicht kaputt, wenn sich der Papa auf dem Boden herumkugelt? Und wenn ich ihr abends vorlese, dann spreche ich die verteilten Rollen mit komischen Stimmen.

Nicolas Türksever: „Meistens gingen die Witze auf meine Kosten“

Waren Sie auch in der Schule der Klassenclown?

Türksever: Genau der. Aber ich habe das immer mit Charme gemacht. Eine Lehrerin meinte zu mir: „Was du dir erlauben kannst, kann sich niemand anders erlauben.“ Das lag auch daran, dass ich niemand heruntergemacht habe. Meistens gingen die Witze auf meine Kosten.

Was haben Sie sich denn erlaubt?

Türksever: Ich war mit 13, 14 im Judo, und da habe ich gelernt, wie man fällt. Das habe ich dann auf dem Schulhof ausprobiert und mich vor irgendwelchen Leuten die Treppe heruntergestürzt, dass denen das Herz fast stehenblieb. Dann bin ich normal aufgestanden und weitergelaufen.

Nicolas Türksever: „Ich lasse mich nicht gerne herumschubsen“

So gesehen sind Sie eher ein Gegenbild zu Ihrem Protagonisten in „Bettys Diagnose“, der mit seinem forschen Verhalten die Belegschaft vor den Kopf stößt …

Türksever: Es wird sich schon noch zeigen, dass er einen gewissen Humor hat. Alle gehen eben vorsichtig miteinander um, und er kommt aus der Welt der Notarzt-Hubschrauber, da gibt es keine große Zeit für „Bitte“ und „Danke“. Ich bin da eher eine Mischung. Ich lasse mich nicht gerne herumschubsen, aber lasse auch andere in Ruhe, wenn ich merke, dass sie das brauchen.

Jedenfalls sind Sie aber bei den Kolleginnen und Kollegen von „Bettys Diagnose“ nicht angeeckt …

Türksever: Ich habe neun Jahre Theater gemacht, und das ist der absolute Teamsport. Deshalb bin ich schnell Teil der Familie von „Bettys Diagnose“ geworden.

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Dass Sie als Klassenclown Schauspieler werden, war eigentlich zwingend …

Türksever: Am Anfang dachte ich eher an Grafikdesign oder Werbung, weil ich lustige Storys erzählen wollte. Aber es gab einen tollen Leiter der Theatergruppe an meiner Schule. Der hat in den Pausen gesehen, was ich so treibe, und erkannte eine Energie, die sich kanalisieren ließ. So bekam ich eine Rolle im „Mitsommernachtstraum“. Das war eine superschöne Erfahrung. Was immer problematisch angesehen wurde, war hier gefragt.

Nicolas Türksever: „Ich war immer in langen Beziehungen“

Waren Ihre Eltern nicht über Ihre komischen Eskapaden an der Schule besorgt?

Türksever: Ich hatte immer einen soliden Zweierschnitt. Also war die Versetzung nie gefährdet. Natürlich wünschen sich Eltern, dass sich ihr Sohn anständig verhält, aber sie haben mich immer unterstützt. Für mich war aber die soziale Komponente an der Schule am wichtigsten. Das Lernen geschah so nebenbei. Ich habe mich auf die Pausen gefreut oder auf bestimmte Stunden, wo ich wusste: Da sitze ich neben dem und dem.

Vermutlich dürfte Ihr Humor auch bei den Mädchen geholfen haben?

Türksever: Ich war immer in langen Beziehungen, auch in der Schulzeit. Ich habe nie so darauf geachtet, wie ich damit ankomme. Ob das am Ende geholfen hat, weiß ich eher nicht. Für mich ist es einfach nur wichtig, dass die Leute in meinem engsten Kreis eine gute Zeit haben.

Türksever über Kindheit in Hochhaussiedlung: „Leben dort hat mich geprägt“

Vor nicht allzu langer Zeit sind Sie mit Ihrer Tochter an die Stätten Ihrer Jugend zurückgekehrt. Auf Ihrer Instagram-Seite ist ein Foto, wo Sie ihr das Hochhaus zeigen, in dem Sie aufgewachsen sind. Was bedeutet Ihnen dieses Haus?

Türksever: Das Leben dort hat mich geprägt. Das waren schon andere Erfahrungen als in einer Reihenhaussiedlung. Da musste man sich durchsetzen und eine etwas härtere Schale zulegen. So kommt es, dass ich heute bei einem Problem nicht den Kopf in den Sand stecke. Da erwacht dann der Kampfgeist – nach dem Motto: „jetzt erst recht“.

Das heißt, es gibt zwei Seiten in Ihnen: den Harten und den Lustigen?

Türksever: Jeder trägt diese beiden Seiten in sich. In bestimmten Situationen aktiviere ich meine harte Schale und gucke ein bisschen böse, und im vertrauten Umfeld kann ich loslassen und lustig und sorgenfrei sein. Das war auch schon in meiner Jugend so: Meine Eltern haben dafür gesorgt, dass zu Hause ein sorgenfreier Raum war, und draußen habe ich meine Grenzen ausgetestet.

Können Sie das ein bisschen näher beschreiben?

Türksever: Meine Wohngegend war vom Hip-Hop geprägt. Und am Gymnasium habe ich andere Einflüsse bekommen, sodass ich eher in die Punker-Richtung gedriftet bin. Allein das hat gereicht, dass man schief angeguckt wurde. Was einem fremd ist, das versucht man von sich wegzustoßen, und das habe ich oft zu spüren bekommen – bis hin zur körperlichen Auseinandersetzung.

Warum hatten Sie eine Affinität zum Punkertum?

Türksever: Es war am Gymnasium eine andere Welt, die ich gerne angenommen habe. Ich war auf einer Suche, um etwas Neues zu erfahren. Es war nicht so, dass ich gesagt hätte: Das ist das Einzige, und so werde ich für immer bleiben. Ich bin dem einfach nachgegangen und habe ich mir eben für zwei Jahre mal den halben Kopf rasiert und hatte enge Jeans mit Löchern. Das war ein Ausprobieren. Dass ich überall hineingeschnuppert habe, hilft mir auch heute bei den Rollen. Denn so trage ich viele Aspekte in mir und konnte Empathie für ganz viele Menschen entwickeln.