Madrid. Nach ihrer Ausbildung beim Heer soll Spaniens Thronfolgerin Leonor als Marinesoldatin um die Welt segeln. Die Erwartungen sind hoch.

Sie robbte durch den Schlamm, kroch unter Stacheldrahtsperren hindurch, lernte den Umgang mit Schusswaffen sowie Handgranaten und marschierte stundenlang mit Sturmgepäck durchs Gelände. Seit anderthalb Jahren dient Spaniens junge Thronfolgerin Leonor bereits in der spanischen Armee. Das brachte ihr viel Achtung ein. Nun beginnt für die 19–jährige ein neuer Abschnitt: ein fünfmonatiger Drill auf dem Marine–Segelschulschiff „Juan Sebastián de Elcano“ – eines der größten militärischen Segelschiffe der Welt.

Leonor gehört zu den 76 spanischen Offiziersanwärtern, die auf dem Großsegler ihre praktische Marineausbildung absolvieren. Vorausgegangen war ein halbes Jahr Büffeln auf der Schulbank in einer Marineakademie. Auf dem Stundenplan stehen nicht nur Navigieren, Schiffstechnik, Wetter- und Waffenkunde, sondern auch militärische Verteidigungsstrategien und Seekriegstaktik. Als Spaniens künftige Königin wird Leonor zugleich Oberbefehlshaberin der Streitkräfte sein.

Die Königstochter genieße bei ihrer Ausbildung keine Privilegien, versichert die Armeeführung. „Sie wird genauso behandelt wie alle anderen Soldatinnen und Soldaten.“ Aber als sie vor einigen Tagen in schmucker Uniform über die Zugangsbrücke erstmals auf das Schiff kam, wurden sie doch mit besonderen Ehren begrüßt: „Ihre Königliche Hoheit, Prinzessin Leonor, ist an Bord“, tönte es aus den Lautsprechern des Marineseglers, um die Besatzung zu informieren.

Aber das war es dann auch schon mit der Extrabehandlung: Die Prinzessin bekomme keine Einzelkabine, heißt es weiter. Sie muss sich eine kleine Kajüte mit drei weiteren Soldatinnen teilen. Geschlafen wird in schmalen Stockbetten. Nach dem Aufstehen um 6.45 Uhr muss die Prinzessin ihr Bett selbst machen und zum Morgenappell antreten.

Spaniens Thronfolgerin segelt mit Marine-Schulschiff um die Welt

An diesem Samstag wird die Marinesoldatin Leonor vom Hafen der südspanischen Atlantikstadt Cádiz aus in See stechen. König Felipe, Königin Letizia und Verteidigungsministerin Margarita Robles kommen zur großen Abschiedszeremonie, zu der auch Tausende von Schaulustigen erwartet werden. Wenn die stolze „Juan Sebastián de Elcano” den Hafen verlässt, wird eine Militärkapelle spielen, Salutschüsse und Schiffssirenen werden ertönen.

La Princesa Leonor enbara en el Juan Sebastian Elcano en Cadiz
Auf der „Juan Sebastián de Elcano“ wird die spanische Prinzessin Leonor den zweiten Teil ihrer Militärausbildung absolvieren. © imago/CordonPress | IMAGO

Der strahlend weiße Viermaster ist mit 113 Meter Länge und 13 Meter Breite größer als zum Beispiel das deutsche Marine-Segelschulschiff „Gorch Fock” (89 Meter). Der 1927, also vor fast 100 Jahren, vom Stapel gelaufene Großsegler kann an seinen bis zu 50 Meter hohen Masten insgesamt 20 Segel setzen. Sie bieten eine Segelfläche von 3150 Quadratmetern. Das Schiff hat Platz für 250 Besatzungsmitglieder und ist mit zwei Kanonen sowie vier Maschinengewehren bestückt. Die „Juan Sebastián de Elcano“ ist nach dem ersten spanischen Seefahrer benannt, der im Mittelalter die Welt umsegelte.

Nun steht eine neue Weltreise an. Zunächst wird zu den Kanaren gesegelt. Von dort geht es über den Atlantik nach Brasilien. Dann führt die Route um Südamerika herum durch den Pazifik nach Chile und Peru. Über den Panama-Kanal geht es weiter ins Karibische Meer mit Hafenstopps in Kolumbien und in der Dominikanischen Republik. Letztes Ziel ist schließlich im Juni New York an der US-amerikanischen Ostküste – von dort geht es zurück nach Spanien.

Leonor startete bereits mit 17, nach dem Abitur auf einer britischen Privatschule, ihre insgesamt dreijährige Militärausbildung. Zunächst verbrachte sie ein Jahr beim Heer. Seit August 2024 dient sie bei der Marine. Im Sommer wird sie dann für ihr letztes Ausbildungsjahr zur Luftwaffe gehen. Dort wird sie lernen, Flugzeuge und Hubschrauber zu steuern.

„Leonor-Euphorie“: Tochter läuft König Felipe den Rang ab

„Diese Lehrzeit wird zu ihrer persönlichen Entwicklung beitragen und ihr Engagement für den Dienst an Spanien stärken“, schrieben König Felipe und Königin Letizia in einer Mitteilung. Mit der Offiziersschulung folgt Leonor ihrem Vater Felipe. Der heute 56-Jährige durchlief als junger Mann ebenfalls eine Militärausbildung, bevor er Jura und internationale Politik studierte. 2014, mit 46 Jahren, übernahm Felipe von seinem wegen zahlreicher Skandale in Ungnade gefallenen Vater Juan Carlos die Krone.

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Für die 19-jährige Leonor könnte es ebenfalls noch lange dauern, bis sie zu Spaniens Königin ausgerufen wird. Doch schon jetzt ist sie zu einem wichtigen Werbefaktor für die Monarchie geworden. In Beliebtheitsumfragen liegt sie bereits gleichauf mit ihrem Vater Felipe, der es als seriöser Staatsmann schaffte, das durch Juan Carlos beschädigte Ansehen des Königshauses wieder aufzupolieren.

Auch die Armee profitiert von Leonors Glanz. Seit Leonor in Uniform dem Land dient, melden sich immer mehr junge Frauen bei den Streitkräften. Der Frauenanteil an der spanischen Berufsarmee mit insgesamt 120.000 Militärs liegt inzwischen bei 13 Prozent – mit steigender Tendenz. Spanische Medien sprechen bereits von einer „Leonor-Euphorie“, die sich im Land breit macht.