Berlin. Senta Berger verrät, wer sie vor fünfzig Jahren davon abhielt, ihre Karriere zu beenden und wie sie mit der Trauer um ihren Ehemann umgeht.
Die TV–Ausstrahlung von Senta Bergers Tragikomödie „Weißt du noch“ (am 10. Januar um 20.15 Uhr im Ersten) ist der offizielle Anlass für dieses Gespräch. Aber der wird überlagert von der Erinnerung an ihren im April 2024 verstorbenen Mann, Michael Verhoeven. Die 83–jährige Schauspiellegende zeigt sich gefasst – trotz dieses schmerzhaften Themas.
Sie wollten ja eigentlich langsam in den Ruhestand gehen. Aber nun drehen Sie demnächst wieder mit Ihrem Sohn Simon Verhoeven, und im Fernsehen läuft Ihr Kinofilm „Weißt du noch“. Was erklärt diese Aktivität?
Senta Berger: Es ist richtig. Mit 80 fand ich es an der Zeit, mich weitgehend von meinem Beruf zurückzuziehen. Meinen ersten Kinofilm hatte ich schon mit 16 gedreht – einen Heimatfilm, wie man damals die zuckersüßen Geschichten nannte. Aber da kam dieses wunderbare Drehbuch von Martin Rauhaus „Weißt Du noch“, in dem ich unbedingt spielen wollte. Das war vor drei Jahren. Seitdem ist viel geschehen.
Leider geschah auch eine große Tragödie – im vergangenen Jahr verloren Sie Ihren Mann, Regisseur Michael Verhoeven.
Berger: Darüber komme ich auch nicht hinweg. Aber er lebt in meinen Söhnen und deren Söhnen weiter – nicht nur optisch, sondern auch in deren Wesen. Und er lebt in meinen Erinnerungen weiter. Das ist mein Trost.
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Senta Berger über Ehe: So gingen sie mit Schulden um
Was sorgt in dieser schwierigen Zeit sonst noch für Glücksmomente?
Berger: Es ist Glück, dass ich meine Enkelkinder aufwachsen sehe. Sie sind im Alter sehr weit auseinander. Der Älteste ist schon 20, der Jüngste ist vier. Dazwischen ist noch ein Vierzehnjähriger und einer mit neun Jahren. Alles Buben. Es ist spannend, ihre Verschiedenartigkeit zu sehen. Dennoch erinnert mich jeder an meine Söhne in diesem Alter. Wir sprechen auch über mich als junge Mutter und wie meine Söhne sich an mich erinnern. Ich scheine ziemlich viel richtig gemacht zu haben.
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„Weißt du noch“ handelt von einem Ehepaar, das sich dank einer Pille an all seine gemeinsamen Erfahrungen erinnert. Was haben Sie in Ihrer Ehe mit Ihrem Mann gelernt?
Berger: Soll ich sagen: Ich habe Toleranz gelernt? Mein Mann hätte kurz aufgelacht und gesagt: „Du und Toleranz“. Wir haben so vieles miteinander erlebt und geteilt, Erfolge und Niederlagen – auch Schulden, Sorgen und Trauer. Und das Glück, Kinder zu haben. Das Glück, sich zu vertrauen, sich immer wieder aneinander zu erfreuen. Und das Glück, sich immer wieder gut zu sein.
Sie feierten gemeinsam viele berufliche Erfolge. Gleichzeitig gelang es Ihnen, zwei Kinder großzuziehen. Die gern gestellte Frage: Wie gelang es Ihnen seinerzeit, den Beruf und zwei Kinder miteinander auszubalancieren?
Berger: Ich habe das alles organisieren können, auch dank meiner Mutter, die mich zum Beispiel mit den Kindern während meiner Drehs in Italien besucht hat. Manchmal habe ich die unglaublichsten Sachen gemacht. Zum Beispiel bin ich nach den Theatervorstellungen in Wien in den Schlafwagen gestiegen, und zum Frühstück war ich in München. Ich hatte das Gefühl, es wächst mir so viel Kraft zu, ich schaffe das alles.
Aber angeblich wollten Sie in dieser Zeit einmal die Schauspielerei aufgeben...
Berger: Ja, das war 1972, wenige Monate nach der Geburt meines Sohns Simon. Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern: Ich fuhr ihn im Kinderwagen durch den verschneiten Wald, und ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wieder abzureisen und ihn allein zu lassen. Da kam mir zufälligerweise Kurt Meisel entgegen, der damalige Intendant des Münchner Residenztheaters, den ich gut kannte. Er fragte mich, was los sei, da habe ich mich ihm anvertraut. Und er meinte: „Überleg dir das gut, deine Kinder werden dich früher als Mutter entlassen, als du denkst. Gib deinen Beruf nicht auf, der wird dich begleiten, ein Leben lang.“
Senta Berger: Diese Fehler bereut sie heute noch
Wenn Sie die 83 Jahre Ihres Lebens zurückblicken, haben Sie da auch Fehler gemacht?
Berger: Ich habe Menschen verlassen, die nicht hätten verlassen werden sollen. Weil mir Abschiednehmen so schwerfällt, habe ich Kapitel aus meinem Leben ausradiert. Ich fühlte mich dabei wie in einer Falle, aus der ich nicht herauskomme, wo ich vielleicht lüge und mich dann doch irgendwie davon schleiche. Das war mir schrecklich unangenehm. Daher habe ich mehrere Male in meinem Leben gesagt: aus, Schluss. Das beschwert mich heute immer wieder sehr. Aber man muss lernen, die eigenen Fehler auszuhalten.
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Und was wird von Ihrer Karriere bleiben?
Berger: Wir Menschen sind doch nur ein Sandkorn. Manche brauchen den tröstlichen Gedanken, dass was bleibt. Aber ich nicht. Meine Mutter wurde 99, und sie hat fast scherzhaft, aber auch ernsthaft gemeint: „Begrabt’s mich im Garten und setzt’s an Rosenbusch auf mein Grab. Damit ihr was Schönes habt zum Schauen.“