Berlin. Die Podcaster Hoss und Hopf manipulieren ihr Publikum und bedienen sich rechter Narrative. Ihre Vorbilder: Andrew Tate, Trump und Musk.
Ach ja, das schnelle Kryptogeld. „Bitcoin auf $250.000 – der Trump-Effekt!“ Und dann noch „100x Hebel risikolos“ darauf. Wer würde sein Erspartes bei einem solchen Anbieter anlegen, zumal der Bitcoin–Kurs nicht mal die Hälfte vom angeblichen Trump–Effekt entfernt ist? Egal. Im Internet zählt schrill. Und schrill kann der angebliche Millionär Kiarash Hossainpur (25). Seinen Märchenstunden lauschen über 300.000 Follower.
Hossainpurs Kumpel Philip Hopf, 39, ist ebenfalls Aufregungsprofi, der keinen Satz ohne „unfassbar“ oder „die letzten Tage Roms“ beendet. Hopf will das Buch „Think and grow rich“ 36–mal gelesen haben und ist dem Markt, na klar, zwei Schritte voraus. Mithilfe bunter Linien verheißt er 780 Prozent Gewinn, bevor er Studien aus Neurobiologie und Klimaforschung kommentiert. Sein Lieblingswort heißt „Untergang“. Ein Hauch Trumpschen Erlöserfimmels umweht sein monströses Ego.
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Hoss und Hopf sind zwei von unzähligen halbseidenen Finanzinfluencern, kurz Finfluencer, die auf YouTube aufgeregten Unsinn erzählen. Und jetzt erklären sie auch noch die ganze Welt. Die Botschaft ist immer dieselbe: Deutschland ist am Ende, das System hat alle unterjocht. Aber wir wissen, wie du dein Geld rettest und zu einem Lamborghini kommst. Hier abonnieren. Trumps Wahlsieg in den USA gründete auch auf gewaltigem Zuspruch von jungen Männern, die er mit seiner aggressiven Rhetorik in millionenfach gehörten Podcasts bediente, wo Themen wie Krypto, Gaming und Biohacking mit rechtem Denken zusammenfließen.
Hoss & Hopf: Das macht den Podcast so gefährlich
Entscheidend, so der US–Wirtschaftsprofessor Scott Galloway, war die Frage, wer „das härtere Männlichkeitsbild angeboten hat“. Kurz: Harris mit Beyoncé oder Trump mit Hulk Hogan? Die Gurus heißen Andrew Tate, Jordan Peterson oder Elon Musk, die die diffusen Ängste ihres Publikums vor Demütigung oder Abgehängtsein mit dem Versprechen auf schnelles Geld und Überlegenheitsstolz lindern.
So wie Hoss und Hopf. Ihr Podcast reiht sich ein in ein junges rechtes Digitalangebot, das herkömmliche Medien nicht ergänzen, sondern ersetzen will. Vom Musterschüler Niklas Notz (Neverforgetniki), der sich als Verfolgter „der Medien“ inszeniert und um Spenden bettelt, über AfD–Sirene Naomi Seibt bis zur Anlageberaterin Krissy Rieger ist ein schmieriges mediales Paralleluniversum entstanden, das den Rechtsdrift von Jungwählern befeuert.
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Der Soziologe Matthias Quent beschreibt die rechten Medienmacher als „laute Minderheit“. Laut, ja, aber Minderheit? Das war mal. „Hoss und Hopf“ ist einer der erfolgreichsten deutschen Podcasts, wo man gern Witze über junge Politiker macht, die ja keine ordentliche Ausbildung genossen hätten. Die Bildungsbiografie von Hoss und Hopf liegt ebenfalls im Dunkeln, ihr Weltbild bleibt durch fortwährendes Verallgemeinern übersichtlich. Kostprobe: „Ukrainer kriegen so viel Geld und kaufen nur Alkohol“ (Hoss). Wladimir Putin gefällt das.
Verschwörungstheorien im Podcast
Aber ihre mediale Macht ist gewaltig: Ihr Lebenshilfebuch „Jeden Tag ein Schritt“ erklomm zwei Monate vor Erscheinen Platz eins der Vorbestellungen bei Amazon. Dem deutschen Elend sind die beiden entflohen. Hopf lebt angeblich in der Schweiz, auch wegen angeblicher „Masturbationsräume“ in deutschen Kitas, wie er raunt. Hoss („Ich habe elf Unternehmen“) residiert wiederum in Dubai, auch wenn dort die Scharia als Quelle der Gesetzgebung dient.
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In diesem Frühjahr wurde der Podcast bei Eltern bekannt, die sich wunderten, dass ihre Kinder am Abendbrottisch plötzlich merkwürdige Dinge zu Migration oder Wokeness zum Besten gaben. Verschwörungserzählungen über die Rothschilds, Thesen zu staatlichen Geheimplänen oder Systemmedien, alles klassische Einstiegshilfen für das rechte Milieu. Der Bildungsblogger Bob Blume warnt vor „Gift für die Jugend“. Die massive Kritik nutzten die beiden Podcaster schlau zur Eigenwerbung. „Werden wir jetzt verboten?“, fragten sie kühn, um sich im Ruf der Staatsfeinde zu sonnen.
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Empörtes Raunen ist ihr bevorzugtes Stilmittel, die Halbwahrheit ihre Waffe: Elon Musk vs. das System! Kommen wir ins Gefängnis für Nicht-Gendern? Generationen im Verfall! Bürgerkrieg, globaler Crash und die nächste Pandemie! Die Folgentitel lesen sich wie eine Rede von Alice Weidel. Dass die Anfangsbuchstaben von „Hoss und Hopf“ zufällig für eine Grußformel stehen, die vor neunzig Jahren kurz mal populär war, kann Zufall sein oder ein Code für Eingeweihte. Die Doppeldeutigkeiten jeder Folge liefern reichlich Stoff für eine wissenschaftliche Arbeit über manipulative Kommunikation.
Hoss und Hopf polarisieren – und nutzen AfD-Methoden
Anders als etablierte Medien haben Hoss und Hopf das Internet technisch begriffen. Rund um den Podcast sind auf YouTube, Instagram, TikTok allerlei Beratungs- und Verkaufsangebote geschaltet. Mit Bargeldgewinnen werden Fans animiert, die Beiträge zu teilen und Reichweite zu steigern. Den Rest erledigt der Algorithmus.
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Zufall oder Absicht, Hoss und Hopf funktioniert nach dem Prinzip, das rechte Propagandaexperten wie Ex–Trump–Berater Steve Bannon oder der AfD–Vordenker Götz Kubitschek empfehlen: klassische Medien unglaubwürdig machen, den Diskurs polarisieren, Grenzen überschreiten, um schließlich die „kulturelle Hegemonie“ zu erobern. Der Begriff stammt vom italienischen Marxisten Antonio Gramsci, der vor hundert Jahren predigte, dass ein Umsturz erst dann erfolgen könne, wenn die Köpfe der Menschen hinreichend präpariert seien. An eben dieser Hegemonie arbeiten verschiedenste Rechtskonservative, mal als bewaffnete Reichsbürger, mal als smarte Podcaster. Ihr gemeinsames Ziel: Der Tag X, an dem die parlamentarische Demokratie endet.
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Wie ihr Idol Elon Musk inszenieren sich Hoss und Hopf als Freiheitskämpfer, die sich dem libertären Weltbild verbunden fühlen, nicht zu verwechseln mit liberal. Libertär, das ist die sozialdarwinistische Religion vieler Internet–Milliardäre wie Peter Thiel, die die Demokratie für ein Auslaufmodell halten und das Recht des Stärkeren feiern. Auch wenn die Plattform TikTok die Machwerke von Hoss und Hopf sperrt, ist ein juristisches Vorgehen kaum erfolgversprechend. Was besorgte Eltern tun können? Gemeinsam hören, im Gespräch bleiben, Fakten checken. Schwätzer fürchten nichts mehr als die Wahrheit.