Berlin. Nach einer vorübergehenden Festnahme in Russland musste ein deutscher Pfarrer nun nach mehr als 10 Jahren das Land verlassen.

Russland geht mit Härte gegen unliebsame ausländische Geistliche vor. Nun musste ein deutscher Pfarrer nach elf Jahren das Land verlassen. Bisher bieten die katholische und die evangelische Kirche in Russland oft einen letzten Schutzraum vor politischer Indoktrination.

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Auf Druck der russischen Behörden hat ein ranghoher deutscher Geistlicher der evangelischen Kirche in Sankt Petersburg Russland verlassen. Seine Kirchengemeinde in Sankt Petersburg teilte am Montag mit, Pfarrer Michael Schwarzkopf sei nach elf Dienstjahren in Russland nach Deutschland zurückgekehrt. Der für alle Gemeinden im Nordwesten Russlands verantwortliche Pfarrer war vergangene Woche festgenommen und örtlichen Medienberichten zufolge erst nach einer Nacht im Polizeigewahrsam freigelassen worden.

Wegen falscher Meldeadresse drohte Abschiebung

Russischen Medien berichteten, auch Schwarzkopfs Frau und ihr gemeinsamer Sohn hätten Russland verlassen. Die russischen Behörden hatten dem Pfarrer vorgeworfen, nicht an der angegebenen Meldeadresse gewohnt zu haben, und ein Gerichtsverfahren eingeleitet. Ihm drohte die Abschiebung, hieß es. Das deutsche Generalkonsulat in Sankt Petersburg hatte nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin den Fall von Beginn an sehr eng betreut.

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) bestätigte unterdessen auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass Schwarzkopf und seine Familie sich wieder in Deutschland aufhalten, „was die Landeskirche sehr erleichtert und begrüßt“.

Zu Sowjetzeiten Schwimmbad, heute wieder Kirche
Seit 2013 arbeitete Michael Schwarzkopf in St. Petersburg. © picture alliance/dpa | Christian Thiele

Druck auf Kirchen wächst

Nach Ansicht der Theologieprofessorin und Russland-Expertin Regina Elsner von der Universität Münster zeigt der Fall, dass der „allgemeine, massive Druck der Regierung in Moskau auf die Zivilgesellschaft in Russland“ sich auch gegen Religionsgemeinschaften richte. „Seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine wird das Mittel des Aufenthaltsrechts nun intensiv genutzt, um jede Möglichkeit des unabhängigen Agierens von Kirchen auszuschließen“, sagte sie der KNA. Vor Schwarzkopf seien vor allem polnische katholische Priester und Ordensleute aus Russland ausgewiesen oder nach Auslandsaufenthalten nicht wieder ins Land gelassen worden.

Laut Elsner bieten die katholische und die lutherische Kirche in Russland „oft einen letzten Schutzraum vor der politischen Indoktrination“. Doch der russische Staat lasse beide Kirchen „unter Vorwänden wie im Fall von Pfarrer Schwarzkopf spüren, dass sie vollkommen von der Gnade des Staates abhängen“.

Russland weist vermehrt Ausländer aus

Der aus Thüringen stammende Pfarrer Schwarzkopf begann seinen Dienst in Russland 2013 an der Petrikirche. Sie liegt an St. Petersburgs Prachtstraße, dem Newski-Prospekt. Nur ein winziger Bruchteil der russischen Bevölkerung sind Lutheraner. Ihre Zahl wird im europäischen Teil Russlands auf etwa 15.000 geschätzt.

Im August hatte Russlands Präsident Wladimir Putin ein Dekret unterzeichnet, wonach ausländische Staatsbürger auch ohne Gerichtsentscheidung des Landes verweisen werden können. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 wurden laut Medienberichten mehr als 30.000 Ausländer aus Russland abgeschoben.

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