Madrid. Spaniens Regierung plant, die Datenerfassung von Touristen massiv zu erweitern. Doch Kritiker haben große Bedenken beim Datenschutz.

Wer kennt das nicht: Die Reise war lang, alle wollen sich ausruhen, aber bei der Ankunft im Hotel muss erst einmal ein Formular ausgefüllt werden. Name, Adresse, Ausweisnummer – die Datenerhebung beim Check-in an der Rezeption gehört zur Routine für Urlauber und Hoteliers. Diese Angaben dienen aber nicht nur der internen Buchhaltung und Gästeverwaltung. Sondern auch den Sicherheitsbehörden, um die Verfolgung mutmaßlicher Straftäter zu erleichtern.

Auch interessant

Das war auch in Spanien schon immer so. Doch nun sorgt ein Dekret der Regierung in Madrid für Aufregung, mit dem die Sammlung von persönlichen Daten aller Touristen, also in- wie ausländischer Besucher, massiv ausgeweitet werden soll. Der Start des neuen Registrierungsverfahrens war eigentlich für den 1. Oktober vorgesehen. Aber nach einem Proteststurm der Tourismusbranche verschob Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska das Inkrafttreten der verschärften Meldebestimmungen auf Anfang Dezember.

„Touristenpolizei“: Diese Daten müssen Anbieter sammeln

Der Tourismusindustrie reicht dieser Aufschub nicht. Sie fordert, das umstrittene Dekret, das nicht mit der Branche abgestimmt worden sei, ganz zu kippen. Die Sammelwut der Sicherheitsbehörden sei „unverhältnismäßig”, verstoße gegen europäische Datenschutzbestimmungen und verwandele die Hoteliers in eine Art „Touristenpolizei”, heißt es. Denn die Beherbergungsbetriebe werden verpflichtet, die Personenangaben auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Bei Zuwiderhandlung drohen Strafen bis zu 30.000 Euro.

Beautiful couple doing the check-in at a hotel reception
Mehr als 20 persönliche Angaben müssen Hotels in Spanien von ihren Gästen künftig fordern. © Getty Images | South_agency

Mehr als 20 persönliche Angaben sollen die Spanien-Reisenden künftig in den polizeilichen Meldeformularen an der Rezeption hinterlassen. Und zwar nicht nur die kompletten Ausweisdaten, sondern auch weitere private Informationen wie:

  • Mailadresse
  • Festnetz-Nummer
  • Handynummer
  • Geschlecht
  • Verwandtschaftsgrad zu erwachsenen Mitreisenden (im Fall von Minderjährigen)

Zudem sollen die kompletten Zahlungsdaten routinemäßig den Sicherheitsbehörden zufließen. Je nach Zahlungsweg also auch Bankdaten mit Kontonummer sowie Kontoinhaber oder im Falle von Kreditkarten deren Nummer, Gültigkeit und Inhaber. Alle Daten sollen drei Jahre gespeichert bleiben. Kritiker sprechen schon vom „gläsernen Mallorca-Reisenden”. Adiós Bankgeheimnis und Datenschutz?

Es kommt noch heftiger: Dieser Datenwust soll nicht nur von Beherbergungsbetrieben aller Art erhoben und ans Innenministerium weitergeleitet werden – also von Hotels, Pensionen, Campingplätzen und privaten Vermietern von Ferienwohnungen. Sondern genauso von Reisebüros, digitalen Urlaubsagenturen und sogar Autovermietungen.

Mit der Folge, dass zum Beispiel ein Mallorca-Besucher, der über eine Reiseagentur einen Hotelurlaub mit Mietwagen reserviert, dann gleich dreimal im Polizeicomputer landet. Und zwar über den Datensatz der Agentur, des Hotels und des Autovermieters. Auch deswegen spricht der Dachverband der spanischen Reisebranche Cehat von einem „Chaos”. Verbraucherschützer kritisieren unterdessen den „Datenwahnsinn”. Das Meldedekret sei nicht mit dem europäischen Grundsatz der „Datenminimierung“ vereinbar.  

Spaniens Regierung argumentiert mit Verbrechensbekämpfung

Auf der Webseite des europäischen Datenschutzbeauftragten Wojciech Wiewiórowski heißt es dazu: „Der Grundsatz der Datenminimierung bedeutet, dass ein für die Verarbeitung Verantwortlicher die Erhebung personenbezogener Daten auf die Informationen beschränken sollte, die von direkter Relevanz und für die Erfüllung eines spezifischen Zwecks erforderlich sind. Außerdem sollten die Daten nur so lange aufbewahrt werden, wie es für die Erfüllung dieses Zwecks erforderlich ist.”

Auch interessant

Was wirklich notwendig ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Das Innenministerium begründet seinen Verstoß mit der Verbrechensbekämpfung: „Derzeit werden die größten Angriffe auf die Sicherheit der Bürger sowohl durch terroristische Aktivitäten als auch durch organisierte Kriminalität verübt“, heißt es in der Gesetzesbegründung. Bei der Gefahrenabwehr komme der Kontrolle der Übernachtungsbetriebe und der Autovermieter besondere Bedeutung zu. Die bisherige Gesetzgebung reiche nicht mehr aus, damit die Polizei „ihren Auftrag der Kriminalitätsverhütung“ wahrnehmen könne.

Spanien ist in der Tat nicht nur eines der populärsten Reiseziele Europas. Sondern es gilt auch als Paradies für internationale Verbrecherbanden. Warum? Weil sie es relativ einfach haben, in der Masse der ausländischen Urlauber und Residenten unterzutauchen.