Madrid. Skandal im kanarischen Badeparadies: Auf Teneriffa wird Fäkalienwasser ins Meer geleitet, was zu Strandsperrung und Badeverbot führt.

Es war bisher der Vorzeigestrand von Puerto de la Cruz, dem touristischen Zentrum im Norden Teneriffas. Die paradiesische Playa Jardín (auf Deutsch: Gartenstrand) besteht aus drei Buchten mit schwarzem, feinem Vulkansand. Es ist eine von dem berühmten kanarischen Künstler César Manrique geschaffene Badelandschaft, eingerahmt von einer Promenade und blühenden Gärten. „Ideal für ein Meeresbad oder einen romantischen Spaziergang“, verspricht das örtliche Fremdenverkehrsamt.

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Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Seit Anfang Juli bietet dieser Traumstrand ein trauriges Bild: Sonnenliegen, auf denen normalerweise Feriengäste ruhen, stehen ungenutzt unter Palmen. Absperrbänder verhindern den Zugang zum Meer. An Masten wehen rote Fahnen und signalisieren ein absolutes Badeverbot. „Badewasser von unzureichender Qualität aufgrund von Abwasserverschmutzung“, steht auf Schildern. Vor den Hinweistafeln sieht man ratlose Urlauber, die unverrichteter Dinge abziehen müssen.

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Diesen Sommer wird es hier wohl nichts mehr mit einem Bad. Die Strandsperrung gelte auf unbestimmte Zeit, teilt das Rathaus mit. Noch immer sind die Experten auf der Suche nach der Ursache für den Fäkalienalarm. Bisher gibt es nur Vermutungen, warum seit Wochen die Bakterie Escherichia coli (E. coli), die bei Menschen Infektionen verursachen kann, das Wasser verseucht. Ein Rohr, das an diesem Strand Abwasser aus der Stadt ins Meer leite, könne schuld sein, heißt es. Zudem sei die Kläranlage im benachbarten Wohnviertel Punta Brava veraltet und laufe über, wodurch ebenfalls Ekelhaftes ins Meer fließen könnte.

Urlauber auf Teneriffa können längst nicht an allen Stränden entspannen: Dank Abwasserbrühe im Meer gilt im Norden Badeverbot.
Urlauber auf Teneriffa können längst nicht an allen Stränden entspannen: Dank Abwasserbrühe im Meer gilt im Norden Badeverbot. © picture alliance / Bildagentur-online/McPhoto-Boyun | Bildagentur-online/McPhoto-Boyungs

Wie auch immer: Es ist ein Desaster für die Urlaubsstadt, die vom wachsenden internationalen Tourismus lebt und in deren Umgebung Tausende deutschsprachige Menschen ihre zweite Heimat haben. Eine Katastrophe mit Ansage. Bereits seit Jahren gibt es hier Probleme mit der Wasserqualität. Die Behörden wussten schon länger, dass Fäkalien ins Meer fließen. Deswegen verlor der einst so paradiesische Strand bereits 2022 die begehrte „blaue Flagge“, mit der die globale Stiftung für Umwelterziehung FEE saubere und nachhaltige Strände auszeichnet.

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Nicht nur Bürgermeister Marco González befürchtet, dass dieser Umweltskandal dem Ansehen der Ferienhochburg Puerto de la Cruz schaden wird. Auch für Teneriffa, die meistbesuchte der zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln, ist diese Fäkalaffäre keine gute Werbung. Zumal sich in letzter Zeit Meldungen häuften, dass Inselstrände wegen Bakterienproblemen, die die Gesundheit beeinträchtigen können, gesperrt werden mussten.

Skandal: Abwasser wird unbehandelt ins Meer gepumpt

Inzwischen weiß man, dass in vielen Orten auf Teneriffa die braune Abwasserbrühe immer noch nicht ausreichend geklärt oder sogar gänzlich unbehandelt ins Meer gepumpt wird. Nach Angaben der kanarischen Umweltbehörden existieren allein auf Teneriffa nahezu 200 Abwasserrohre, über die menschliche Hinterlassenschaften ins Meer fließen. Nimmt man die anderen Kanareninseln Gran Canaria, Lanzarote und Fuerteventura hinzu, dann sind es mehr als 400 den Behörden bekannte Schmutzwasser-Einleitungen an den Küsten.

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„Hast du nicht auch schon mal Durchfall gehabt, nachdem du einen Tag am Strand verbracht hast?“, fragt der kanarische Meeresbiologe Pablo Martín in einem Instagram-Video. Jetzt im Sommer haben die Bakterien Hochsaison auf den Kanaren, sagt er. „Das Meer ist ruhig, es gibt wenig Wellen. Zusammen mit den hohen Temperaturen bildet dies den perfekten Nährboden für die Fäkalbakterien an unseren Stränden.“ Eine Situation, die den Inselpolitikern seit Langem bekannt sei, ohne dass sie etwas dagegen getan hätten.

Paradiesisches Teneriffa: Doch ins Meer geleitete Abwässer machen Strandsperrungen nötig.
Paradiesisches Teneriffa: Doch ins Meer geleitete Abwässer machen Strandsperrungen nötig. © picture alliance / Bildagentur-online/McPhoto-Boyun | Bildagentur-online/McPhoto-Boyungs

„Die Verschmutzung des Meeres durch unbehandelte Abwässer ist heute eines der größten Probleme Teneriffas wie der gesamten kanarischen Inselgruppe“, erklärt Spaniens Umweltverband „Ecologistas en Acción“ in seinem jüngsten Bericht über den Zustand der Küsten. Jedes Jahr vergeben die Umweltschützer schwarze Fahnen als Symbol für die schlimmsten Fälle von Verschmutzung oder Zerstörung der Küsten. Teneriffa wurde dieses Jahr mit einem dieser unehrenhaften schwarzen Banner ausgezeichnet.

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Die Schlamperei mit dem Dreckwasser auf Teneriffa hat auch die Europäische Kommission auf den Plan gerufen. Erst schickte Brüssel Mahnungen an die Behörden mit dem Hinweis, dass dies den EU-Umweltnormen widerspreche. Dann verhängte die EU-Kommission millionenschwere Geldstrafen, die so lange gezahlt werden müssen, bis der Missstand behoben ist. Weil auch dies wenig half, verklagte die Kommission Spanien Ende 2023 vor dem Europäischen Gerichtshof „wegen Nichteinhaltung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser“.

Teneriffa will mehrere hundert Millionen Euro in Kläranlagen investieren

In dieser Klage wird übrigens nicht nur Teneriffa an den Pranger gestellt, wo Brüssel allein 13 Verstöße gegen die Abwassernormen auflistet. Sondern es geht um mehr als 200 spanische Gemeinden, in denen Fäkalwasser nicht ausreichend geklärt in die Umwelt gepumpt wird. Spanien ist laut Brüsseler Statistik vor Italien und Polen das EU-Land mit den meisten Verstößen gegen europäisches Umweltrecht.

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Der große Brüsseler Druck scheint nun doch langsam Wirkung zu zeigen. Auf Teneriffa kündigte die Inselregierung an, dass man mehrere hundert Millionen Euro in den Bau von Kanalisation und Kläranlagen investieren wolle. Schon bis Ende 2025 werde man auf der Insel statt bisher vier insgesamt zwölf Kläranlagen haben. Es gibt also Hoffnung, dass die Insel aus der sommerlichen Fäkalienaffäre etwas gelernt hat und das Badeparadies Teneriffa noch nicht verloren ist.