Washington. Normalerweise zieren Musiker oder Filmstars das Cover des US-Magazins “Rolling Stone“. In der August-Ausgabe: Dschochar Zarnajew, der mutmaßliche Bombenleger vom Boston-Marathon. Die Zeitschrift hat mit dem Titel einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Bei Facebook und Twitter tobt der Shitstorm.
Das August-Cover der Zeitschrift "Rolling Stone" hat große Empörung ausgelöst. Die Titelseite des Musikmagazins räumt dem mutmaßlichen Bombenleger des Boston-Marathons, Dschochar Zarnajew, den sonst für Musiker und Stars reservierten Platz ein.
Die Redaktion veröffentlichte das Foto in der Nacht zu Mittwoch auf der "Rolling Stone"-Facebook-Seite, um damit die "tiefgehende" Titelgeschichte über "das Leben des Boston-Bombers" zu propagieren. Doch der Coup ging nach hinten los. Im Internet löste das Foto nach der Veröffentlichung einen Sturm der Entrüstung aus.
Tausende wütende Kommentare zum Zarnajew-Cover
Mehr als 12.000 Facebook-Nutzer kommentierten den Eintrag innerhalb von nicht einmal 24 Stunden. Die meisten drückten auf deutliche Art und Weise ihr Entsetzen aus: "Was für eine Schande, einen Mörder wie einen Rockstar aussehen zu lassen", schrieb ein Nutzer. "Wer immer dachte, das sei eine gute Idee, sollte gefeuert werden", lautete ein anderer Kommentar.
Auch interessant
Diverse Menschen aus Boston selbst meldeten sich zu Wort. Es sei schändlich, Zarnajew solch ein Forum zu bieten. "Was für ein Schlag ins Gesicht für die Stadt Boston und die Opfer des Anschlags auf den Marathon", schrieb eine Nutzerin. "Nie wieder werde ich eine Ausgabe des 'Rolling Stone' kaufen."
CVS will August-Ausgabe des "Rolling Stone" nicht verkaufen
Auch im Kurznachrichtendienst Twitter tobte der Shitstorm. Die Apotheken- und Supermarkt-Kette CVS kündigte auf Facebook an, die August-Ausgabe des "Rolling Stone" nicht zu verkaufen - "aus Respekt für die Opfer der Anschläge und ihre Angehörigen".
Die Titelgeschichte trägt die Überschrift "Der Bomber: Wie ein beliebter, vielversprechender Schüler von seiner Familie im Stich gelassen wurde, dem radikalen Islam verfiel und ein Monster wurde." Journalistin Janet Reitman habe in den vergangenen zwei Monaten dutzende Quellen interviewt, verkündete der "Rolling Stone" in einer Pressemitteilung. Ergebnis sei ein "fesselnder und herzzerreißender Bericht, wie aus einem reizenden Kind mit einer tollen Zukunft ein Monster wurde".
Unzählige Leser kündigten in den Online-Kommentaren an, bestehende Abos sofort zu kündigen. Bei Facebook und Twitter setzte die Redaktion ihre Social-Media-Aktivitäten so fort, als sei nichts gewesen.Das Magazin war für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar. Laut "USA Today" habe die Redaktion lediglich darauf hingewiesen, dass die Debatte an die Reaktionen auf einen "Rolling Stone"-Titel mit Massenmörder Charles Manson aus dem Jahr 1970 erinnere. Damals hatte die Zeitschrift den Verurteilten im Gefängnis interviewt - und einen "National Magazine Award" dafür bekommen. (dpa/shu)