Köln. Bei den Videodays in Köln können Fans ihre Youtube-Stars persönlich treffen. Die Besucher sind eher jung, oft weiblich - und sehr begeisterungsfähig.
Howard Carpendale schaut verträumt von einem Plakat, es kündigt sein nächstes Konzert in der Kölner Lanxess Arena an. Die Jugendlichen, die gerade an dem großformatigen Poster vorbeiziehen, haben allerdings keine Augen für den Schlagerstar. Vermutlich kennt sie ihn nicht einmal. Ihre Helden heißen Dner, Y-Titty, Joyce Ilg oder Dagibee - Stars der Video-Plattform Youtube.
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An diesem Freitag sind Tausende Fans nach Köln zum Fantreffen Videodays gekommen, um sich ein Autogramm oder ein Foto mit den Youtube-Bekanntheiten abzuholen. Es ist schwül-warm und riecht nach Schweiß und Parfüm. Wer hierher gekommen ist, ist eher jung, oft weiblich und sehr begeisterungsfähig.
15.000 Besucher strömen zu den Videodays
Die Youtube-Szene ist längst keine Nische mehr. 2010 kamen zu dem Kölner Fantreffen nach Angaben der Veranstalter 400 Menschen. 2015 sind es schon mehr als 15 000. Viele Youtuber haben mehrere Hunderttausend Fans, die ihre Videos regelmäßig ansehen. Sie geben Schminktipps, kommentieren Videospiele oder drehen Comedy-Clips. Dahinter steht eine professionelle Industrie, die sie vermarktet. Jedes Jahr wächst der Hype um die Szene.
"Ich will zu Melina, sie ist so sympathisch und locker", sagte die 13-Jährige Lara Sophie, die vor der Halle in einer langen Schlange wartet. Die neuen Videos der Youtuberin schaue sie sich immer sofort an, wenn es geht. Was unterscheidet Melina von einem Pop- oder Schauspielstar? "Sie macht das irgendwie hobbymäßiger", sagt Lara Sophie. Youtuber sprechen direkt mit ihren Fans und wirken oft ungefiltert, wie Kumpel.
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Dabei hat eben jene Melina allein auf Youtube fast eine Million Abonnenten, dazu eine halbe Million Facebook-Fans und 1,3 Millionen Abonnenten auf der Foto-Plattform Instagram. Was unfertig wirkt, ist oft ein Vollzeitjob, mit dem die Videomacher Geld verdienen.
Kann Youtuber ein dauerhafter Job sein?
"Die Youtuber beschäftigen sich oft mit sehr einfachen Konsummustern: Sie geben Schmink- oder Musiktipps, sie sprechen über Videospiele", sagt Edwin Ferger, der an der Uni Köln Mediensoziologie lehrt. Die Gruppen, die das interessiere, seien recht klar abgegrenzt. "Dadurch entsteht aber ein großes Gemeinschaftsgefühl", sagt Ferger. "Youtuber sind heute das, was früher der Dorfbrunnen war - ein Ort, an dem sich Jugendliche treffen. Mal die eine Gruppe, mal die andere."
Wie bei jedem Personenkult besteht allerdings die Gefahr, dass die Fanliebe erkaltet. Kann Youtuber ein dauerhafter Job sein? Die Frage kennen die Brüder Philipp und Sebastian Meichsner, die Teil des Comedy-Trios "Bullshit TV" sind. "Natürlich wird es immer die Kids geben, die uns mit elf cool finden und mit zwölf jemand anderen cool finden", sagt Sebastian, 29 Jahre alt. "Deshalb versuchen wir, dass es weniger so einen Personen-Hype um uns gibt." Der Inhalt soll die Zuschauer bei Laune halten, nicht die Personen. Für "Bullshit TV" läuft das ganz gut: Sie haben mehr als eine Million Abonnenten. (dpa)