Washington.. Amerika ist erschüttert über den Tod von drei Schwarzen in Oklahoma. Die Täter waren Weiße. Zugleich wurde bekannt, dass sich die Zahl der Toten aufgrund angeblicher Notwehr durch das “Erst schießen, dann fragen“-Gesetz deutlich erhöht hat. Auf dieses Gesetz beruft sich auch George Zimmermann, der den 17-jährigen Trayvon Martin erschossen hat.

Die Erschießung von drei schwarzen Männern am Karfreitag in Tulsa/Oklahoma hat der hitzigen Debatte in Amerika über rassistisch motivierte Gewalt zusätzliche Nahrung gegegen. Jacob England (19) und Alvin Watts (32) waren nach Abgaben von Polizeichef Chuck Jordan mit dem Auto in den mehrheitlich von Schwarzen bewohnten Norden Tulsas gefahren und hatten dort wahllos auf Passanten geschossen. Die Toten waren allesamt Schwarze. Zwei Männer wurden lebensgefährlich verletzt. Die Täter sitzen in Untersuchungshaft. Sie schweigen bisher. Ein Richter hat die Kaution auf insgesamt 18 Millionen Dollar festgesetzt. Weil der 19-Jährige nach Erkenntnissen der „New York Times“ einen Tag vor der Tat auf seiner Facebook-Seite geschrieben haben soll, dass sein Vater vor exakt zwei Jahren von einem Schwarzen („fucking nigger“) erschossen wurde, gehen Sicherheitskreise vorläufig von einem möglichen Vergeltungsakt aus.

Aufgewühlte Stimmung im Lande

Polizeichef Jordan, der Experten der Bundespolizei FBI hinzugezogen hat, wehrt  sich gegen Vorverurteilungen, nimmt die Sache vor dem Hintergrund der national aufgewühlten Stimmung nach dem Tod von Trayvon Martin nach eigenen Angaben aber „sehr ernst“. Ende Februar wurde der 17-jährige Schwarze in Florida von dem Nachbarschaftswächter George Zimmermann erschossen. Weil sich der Täter, ein Weißer hispanischer Herkunft, auf Notwehr beruft, greift ein in Florida seit 2005 gültiges Gesetz, das den 28-jährigen zum Missfallen Millionen schwarzer Amerikaner, die Rassismus als Motiv vermuten, bisher von jeder Strafverfolgung verschont hat. Das so genannte „Stand your Ground“-Gesetz („Behaupte deine Stellung“) gilt ganz oder in Teilen in mittlerweile 30 weiteren Bundesstaaten. Wer sich in der Öffentlichkeit, also auf der Straße, im Auto oder etwa in einer Bar, subjektiv bedroht fühlt, darf zur Waffe greifen, ohne vorher durch eine Warnung oder einen Fluchtversuch der Eskalation aus dem Weg gegangen zu sein.

Erst als Medien auf den Fall aufmerksam wurden, eine landesweite Protestwelle mit Millionen von Unterschriften einsetzte, Bürgerrechtler auf die Barrikaden gingen und Präsident Obama persönlich den tragischen Tod des Teenagers kommentierte, kamen die Mühlen der Justiz in Bewegung. Laut Sonderstaatsanwältin Angela Corey, die ursprünglich heute erste Ergebnisse einer Geschworenen-Jury vorlegen wollte, dauern die Ermittlungen weiter an. Im Raum steht nach wie vor der durch einen Polizeifunk-Spruch dokumentierte Verdacht, dass Georg Zimmermann dem unbewaffneten 17-Jährigen vor allem deshalb nachgestellt hat, weil er schwarz war. Wie es zur tödlichen Eskalation kam, ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt.

Wer sich bedroht fühlt, darf ballern - Gesetz in der Kritik

Unterdessen gerät das Gesetz, auf das sich der Schütze beruft, weiter ins Zwielicht. Auf der Basis von Zahlen der Bundespolizei FBI haben Zeitungen wie die “New York Times”, die “Washington Post” und der britische “Guardian” übereinstimmend einen eklatanten Anstieg von im Juristen-Jargon so genannten “vertretbaren Tötungen durch Zivilisten” ermittelt; sprich: Notwehr-Akte. Lag die Zahl vor Inkrafttreten des Gesetzes in Florida landesweit im Zeitraum 2001 bis 2005 bei 1225, so ergab sich von 2006 bis 2010 ein Anstieg auf insgesamt 1528. Allein in Florida hat sich die Zahl von 66 auf zuletzt 180 nahezu verdreichfacht.  Rechtsgelehrte, Kriminologen und Praktiker aus der Polizeiarbeit werben eindringlich für eine Überarbeitung des Gesetzes. Prof. Dennis Kenney von der New York City Universität: “Wir entwickeln uns zu einer grobschlächtigen Gesellschaft, in der es üblich wird, Konflikte nicht beizulegen, sondern umgehend zur Gewalt zu schreiten.” Bill Kuch, Vater eines Sohn, der auf der Suche nach Zigaretten-Feuer von einem ängstlichen Rentner rollstuhlreif geschossen wurde, sagt: “Wir haben den Punkt erreicht, wo das Wort des Schützen Gesetz ist."