Bodenfelde. .
Mit einem Trauergottesdienst haben die Bewohner in Bodenfelde der beiden getöteten Teenager Tobias und Nina gedacht. Als ein Chor „Tears in heaven“ von Eric Clapton anstimmte, weinten viele Gottesdienstbesucher.
Zu jeder vollen Stunde haben die Glocken der Christuskirche in Bodenfelde am Dienstag Trauergeläut angestimmt. Nun um 18.00 Uhr ist das Gotteshaus bis auf den letzten Platz gefüllt. 400 Bodenfelder haben sich zum Trauergottesdienst für die 14-jährige Nina und den 13-jährigen Tobias versammelt. In den ersten Reihen sitzen Angehörige, Freunde und Schulkameraden der jungen Opfer. Einige stellen Kerzen vor den Bildern der getöteten Schüler ab. Als ein Chor aus jungen Frauen von Gitarren begleitet „In the arms of the Angel“ und später „Tears in heaven“ von Eric Clapton anstimmt, fließen viele Tränen.
Die Bilder von Nina und Tobias, auf denen beide sehr kindlich wirken, stehen auf dem abgedeckten Taufbecken der Kirche. Links und rechts des Altars sind an eine gelbe Stelltafel mit dem Namen „Nina“ und eine hellgrüne Tafel mit dem Namen „Tobias“ zahlreiche Zettel geheftet. Letzte Grüße an die plötzlich an dem Leben Gerissenen von ihren Freunden oder Bekannten. Pastor Christian Trappe fasst die Grüße und Wünsche im Gottesdienst zum Gebet zusammen. Es erinnert an Ninas Stärke und Mut und an die Fröhlichkeit von Tobias. Den Trauergottesdienst gestalten die freikirchliche und evangelisch-lutherischen Gemeinde des Ortes gemeinsam.
In einfachen und eindringlichen Worten sagt Pastor Mark Trebing: „Nina und Tobias sind tot. Die beiden sind einem schrecklichen Verbrechen zum Opfer gefallen. Der vergangene Sonntag hat unser Leben verändert.“ Er bitte die Trauernden, „all unser Leid und unsere Schmerzen auf Gott zu werfen“, aber auch sich „Zeit für das Klagen und Trauern zu nehmen“. Irgendwann werde es im Himmel ein Wiedersehen geben, aber noch sei es nicht soweit.
Eltern lassen die Kinder nicht mehr auf die Straße
In einem Waldstück hinter dem Friedhof des kleinen Ortes an der Weser wurden Nina und Tobias am Sonntag ermordet aufgefunden. Viele Einwohner des 3.600-Seelen-Ortes stehen auch zwei Tage später noch unter Schock. „Bei mir ist das alles noch gar nicht richtig angekommen“, sagt die 41-jährige Friseurin Claudia Möhle am Nachmittag vor Beginn des Gottesdienstes. Die alleinerziehende Mutter hat zwei Töchter im Alter von acht und zwölf Jahren. Sie zeigt sich immerhin erleichtert, dass Nina und Tobias keinem Sexualverbrechen zum Opfer gefallen sind. „Das ist gut so“, sagt sie seufzend. „Ich wusste erst gar nicht, ob ich das meinen Töchtern erzählen sollte“, berichtet sie. „Man will die Kinder ja auch nicht in Panik versetzen.“ Aber das Beste sei immer noch, auch mit Kindern alles offen und ernst zu bereden.
Der 54-jährige Frank Büttner kannte Nina persönlich aus der Kinderarbeit der Freikirchlichen Gemeinde Bodenfelde. „Ein immer nettes, liebes und ruhiges Mädchen“, sagt er. Der Frührentner zeigt sich froh, dass seine sieben Kinder bereits erwachsen sind und nicht mehr in Bodenfelde leben. „Es gibt viele Eltern, die ihre Kinder jetzt nicht mehr allein auf die Straße lassen und das kann ich verstehen“, sagt er.
Büttner leitet nach eigenen Worten heute noch die Kinderarbeit der Freikirchlichen Gemeinde, an der auch Nina früher teilnahm. „Zehn Minuten in der Bibel lesen und dann spielen oder basteln“, sagt er. Zur freikirchlichen Gemeinde kam er über eine der Freikirche verbundene christliche Drogeneinrichtung, in der er nach eigenen Angaben vor zehn Jahren selbst eine Therapie machte.
Trauerkerzen stehen am Dienstag auch vor der Tür der Heinrich-Roth-Gesamtschule, in der Nina und Tobias zum Unterricht gingen. „Wir vermissen Euch“, ist auf einem der liebevoll gemalten Grüße an die Toten zu lesen. Drinnen helfen Teams der Psychosozialen Notfallversorgung der Johanniter. Die Helfer hätten Einzelgespräche geführt und mit den Schulkindern in Gruppen Trauerbriefe entworfen oder Bilder gemalt, sagt die regionale Johanniter-Sprecherin Maike Müller. Für Journalisten ist das Schulgelände tabu. „Die Kinder müssen in der Schule einen ungestörten Ruhe- und Zufluchtsort haben“, betont Müller.
Fundort am Rand eines Kiefernwäldchens
„Warum? Wer ist der unheimliche Killer?“, steht auf einem Pappschild inmitten anderer Windlichter und Kerzen direkt an einer Brücke über den Bodenfelder Mühlengraben. Links daneben strömt der Bach durch einen Gitterrost, einen „Rechen“, nach unten. In dem Rechen wurden die Rollerblades von Tobias gefunden. Deswegen hat die Kripo ihre Mordkommission den Namen „Rechen“ gegeben. Hundert Meter weiter den Bach entlang wurden Nina und Tobias tot gefunden.
Links des Baches bildet ein Bretterzaun die Rückseite des Bodenfelder Friedhofs. Rechts beginnt ein Wäldchen alter, grün bemooster Kiefern. Auf der anderen Seiten des schmalen Waldstreifens lagen die Ermordeten. Reste rot-weißer Absperrbändern und das niedergetretene Unterholz zeugen noch am Dienstag von intensiver Spurensuche der Kriminalpolizei. Am Boden liegen blaue Placken der Kunststoffmasse, mit der die Polizei Spuren, etwa Schuhabdrücke im Waldboden sichern kann. Das nächste Wohnhaus hinter dem Wäldchen ist keine hundert Meter vom Fundort der Toten entfernt. Dort wohnte Nina mit ihrer Mutter. (dapd)