Lörrach. .
Bei einem Amoklauf in einem Krankenhaus in Lörrach in Baden-Württemberg hat es am Sonntag vier Tote und mehrere Verletzte gegeben. Als Grund vermutet die Polizei ein Beziehungsdrama.
Nach dem Amoklauf im baden-württembergischen Lörrach mit vier Toten und vielen Verletzten rätselt die Polizei am Montag weiter über das Motiv der mutmaßlichen Täterin. Eine 41-Jährige Rechtsanwältin soll am Sonntagabend in ihrer Kanzlei eine Explosion verursacht haben, bei der ihr getrennt lebender Ehemann und der gemeinsame fünfjährige Sohn ums Leben kamen.
Ersten Erkenntnissen der Polizei nach wurde die Explosion vermutlich durch einen Brandbeschleuniger herbeigeführt. Es wurden Kanister gefunden, teilte die Staatsanwaltschaft in der Nacht zu Montag mit. Die Detonation war so heftig, dass eine Wand herausgerissen wurde. In dem Haus wurde auch geschossen. Es war zunächst nicht klar, ob der Mann und der Junge durch Schüsse oder die Explosion und den Brand getötet wurden. Wegen der Schüsse konnte die Feuerwehr den Brand zunächst nicht löschen.
Im Anschluss an die Explosion in der Markus-Pflüger-Straße schoss die Frau auf der Straße mit einer kleinkalibrigen Sportpistole zwei Passanten an. Einer sei in den Rücken getroffen worden, der andere habe einen Streifschuss am Kopf erlitten, teilte die Polizei mit. Danach drang die Amokläuferin im rund 150 Meter entfernten Klinikum in die gynäkologischen Abteilung ein und erstach dort einen Pfleger. Die Polizei stoppte die Frau schließlich mit einem tödlichen Schuss. Ob die Frau gezielt in diesen Bereich des Krankenhauses gegangen war oder schwer verwirrt war, war am Montag unklar. Weitere Einzelheiten zu der Tat und zu den Ermittlungen wollen Polizei und Staatsanwaltschaft am späten Nachmittag (16.00 Uhr) bekannt geben.
Der Sonntagabend
Mit Einbruch der Dunkelheit verzieht sich am Sonntag der Rauch in der Lörracher Markus-Pflüger-Straße, und auch die zunächst verworrene Einsatzlage eines dramatischen Abends stellte sich zunehmend klarer dar.
Am Anfang des Amoklaufs der Frau stehen gegen 18 Uhr Notrufe, die Feuerwehr und Polizei zu einem Nachbarhaus der katholischen St. Elisabethenklinik rufen. Es soll eine Explosion gegeben haben. „Wir haben mit den Kindern im Garten gespielt, plötzlich war da eine Explosion und ein riesiges Loch in der Wand“, sagt Nachbar Aydin Cetiner. „Unser Haus hat gewackelt“, sagt er sichtbar schockiert.
Feuerwehr wird beschossen
Doch als die Feuerwehr das brennende Gebäude erreicht, stürmt eine Frau mit einer Waffe aus der Tür. Sie bedroht die Feuerwehrleute, so dass diese sich zunächst nicht um den Brand kümmern können, und stürmt in die benachbarte Klinik.
Schnell sperren zahlreiche Polizisten den Bereich um das Krankenhaus. Nach dem Amoklauf von Winnenden, der vor eineinhalb Jahren Baden-Württemberg erschüttert hatte, hat die Polizei ihre Einsatzkräfte überarbeitet. So werden auch in Lörrach alle verfügbaren Einheiten zum Krankenhaus geschickt, ohne auf die ebenfalls alarmierten Spezialkräfte zu warten. An einer Ecke zu einem Seiteneingang kauert ein Polizist, in der einen Hand die gezückte Dienstwaffe, in der anderen die Leine seines Schäferhundes. „Los, weg hier, schnell. Schusswaffengebrauch!“, herrscht er Neugierige an, die um die Absperrung herum gegangen sind. Ärzte und Sanitäter bemühen sich derweil teils auf der Straße um Verletzte und Patienten des Krankenhauses. Zwischenzeitlich wird die Klinik geräumt.
Im Innern des Krankenhauses schießt die Täterin wild um sich. Sie tötet einen Pfleger, schießt einem Polizisten ins Knie, und verletzt zwei Patienten schwer. Als die Amokläuferin dann die auf den Klinikfluren vorrückenden Beamten beschießt, wird sie von ihnen getötet.
Zwei Tote in der Wohnung
Vollständig wird das Bild des Dramas jedoch erst, als die Feuerwehr den Brand in dem benachbarten Mehrfamilienhaus löscht und die völlig zerstörte Wohnung durchsucht. Dort finden die Einsatzkräfte die Leiche eines Mannes „mittleren Alters“, wie ein Polizeisprecher sagt, und eines drei oder vier Jahre alten Jungen. Beide seien nicht durch Explosion oder Feuer, sondern durch Schüsse getötet worden, hieß es. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen mittlerweile davon aus, dass es sich bei den Getöteten um ihren ehemaligen Lebensgefährtin sowie um den gemeinsamen fünfjährigen Sohn und es sich wohl um eine Beziehungstat handelt. Allerdings seien die Toten noch nicht identifiziert.
Die Kleinstadt Lörrach nahe der Grenzen zu Frankreich und zur Schweiz steht unter Schock. Zwar konnten die Krankenhaus-Patienten am Abend wieder in ihre Zimmer gebracht werden, aber einige seien ebenso traumatisiert wie einige Feuerwehrleute, sagte ein Sprecher des Rettungsdienstes. Sie müssten nun psychologisch betreut werden. (mit dapd)