Potsdam.
Sachsen atmet auf, jetzt kommt das Hochwasser nach Brandenburg. An den Flüssen Spree und Neiße bereiten sich die Menschen auf die Flut vor. In zwei Kreisen wurde Katastrophenalarm ausgelöst.
Die Flutwelle mit rasant steigenden Wasserständen an Neiße und Spree hat Brandenburg erreicht. Die Behörden lösten am Montagabend in den Landkreisen Spree-Neiße und in der Stadt Cottbus Katastrophenalarm aus, wie ein Sprecher des Landeskrisenstabes in Potsdam sagte. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) warnte, die Situation sei höchst angespannt. Nach derzeitigem Stand seien zwar keine Evakuierungen nötig, Helfer hielten sich aber bereit.
Besonders gefährdet seien die 100 Einwohner des Dorfes Pusack nördlich von Bad Muskau an der Neiße. Dort könne wegen einer Lücke im Deich an einem Flussabzweig Wasser in den Ort laufen, erläuterte Platzeck. In Guben 65 Kilometer flussabwärts sei ein Krankenhaus gefährdet. Auch dort seien die Behörden auf eine Evakuierung vorbereitet. Mittlerweile wurden Zehntausende Sandsäcke in der Region vorbereitet.
Letztmals 1981 derart hohe Wasserstände
Die Neiße führe derzeit doppelt so viel Wasser wie die Oder, sagte der Chef des Landesumweltamts, Matthias Freude, am Montag in Potsdam. Nach seinen Angaben muss damit gerechnet werden, dass entlang beider Flussläufe Felder und Gärten überschwemmt werden. Mit ernsthaften Schäden und Evakuierungen rechnen der Hochwasserkrisenstab sowie der Katastrophenstab derzeit indes nicht. Die Spree hatte letztmals 1981 derart hohe Wasserstände geführt wie jetzt. In der zweiten Wochenhälfte sollen Ausläufer der Hochwasserwelle Berlin erreichen.
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte, es gebe nur wenig Erfahrungen mit Hochwasser an Spree und Neiße. Die Deiche seien anders als an der Oder mehrere Jahrzehnte alt. Helfer der Freiwilligen Feuerwehren seien bereits dabei, erste Sickerstellen abzudichten. Platzeck war am Nachmittag in das Hochwassergebiet zu den Krisenstäben in Forst und Guben aufgebrochen.
Spree führt zehnmal so viel Wasser wie normal
Die märkische Umweltministerin Anita Tack (Linke) forderte den Bund auf, sich der Hochwasservorsorge als gesamtdeutsche Aufgabe anzunehmen. Zudem müsse die Kommunikation der Behörden beiderseits der deutschen Ostgrenze verbessert werden. Platzeck fügte hinzu, Hochwasser seien längst keine seltenen Ereignisse mehr. Erst im Mai hatten Brandenburgs Katastrophenhelfer mit einem starken Hochwasser an der Oder zu kämpfen.
In der Nähe von Spremberg wurden Baufahrzeuge aus einer Talsperre abgezogen, damit dort ein Teil des Hochwassers aufgefangen werden kann. Die Talsperre war nach dem letzten vergleichbaren Hochwasser 1981 grundlegend saniert worden. Ein weiterer Teil der Flutwelle soll in angrenzende Braunkohletagebaue geleitet werden.
Die Spree führt nach Angaben Freudes am Oberlauf derzeit zehnmal so viel Wasser wie normal. Nicht die gesamte Wassermenge könne vor der Bundeshauptstadt in Brandenburg abgefangen werden, sagte er, „Berlin kriegt auch etwas ab“. Dramatische Bilder seien dort indes nicht zu erwarten. Nach seinen Angaben soll die Wassermenge über das weit verzweigte Berliner Wehr- und Kanalsystem an Spree und Dahme reguliert und im Müggelsee zwischengespeichert werden. Oberhalb der Talsperre bei Spremberg war der Spreepegel binnen kurzer Zeit um 1,80 auf gut 3,60 Meter gestiegen. (afp)