Berlin. Schauspielerin Judith Hoersch reist gerne – sogar mit ihrer kleinen Tochter. Nur ein Ziel würde sie für sich kategorisch ausschließen.
In ihrer Serie „Lena Lorenz“ (neue Folgen ab 11. April ab 20.15 Uhr im ZDF) bewegt sich Judith Hoersch als Hebamme in der beschaulichen Welt der Alpen. Privat liebt die 43-Jährige dagegen einen wesentlich größeren Radius: Ihre Reisen führen sie von Uganda bis Sri Lanka. Obwohl sie teilweise mit Mann und Kind unterwegs ist, zieht sich die Schauspielerin nicht in Luxushotels zurück, sondern erlebt Land und Leute extrem intensiv. Nur vor einem Reiseziel hätte sie Angst.
Langsam scheinen die Hebammen das deutsche Fernsehen zu erobern. Inzwischen gibt es zusätzlich zu „Lena Lorenz“ auch „Push“. Finden Sie auch, dass es mehr davon braucht – nicht zuletzt im Verhältnis zur Krimi-Schwemme?
Judith Hoersch: In der Tat. Im deutschen Fernsehen ist das Verhältnis zwischen Todesfällen und Geburten schon sehr unausgeglichen.
Judith Hoersch über Uganda-Reise: „Man kehrt demütig zurück“
Das heißt, Sie spielen auch lieber eine Hebamme statt einer Kommissarin?
Hoersch: Das kann ich so nicht sagen, denn man definiert seine Rolle vor allem durch den Lebenshorizont der Figur. Ich will keine Hebamme oder Kommissarin spielen, wenn das langweilige Charaktere sind. Aber alle dreidimensionalen Figuren mit Ecken und Kanten sind für mich interessant, gleich welchen Beruf sie haben.
Sie haben sich im vergangenen Jahr selbst intensiv mit der Welt der Geburtshilfe auseinandergesetzt. Denn als Botschafterin von Care Deutschland waren Sie für ein Hebammen-Programm in Uganda. Was hat diese Reise mit Ihnen gemacht?
Hoersch: Man kehrt demütig und dankbar zurück, denn man wird sich bewusst, was wir für ein Gesundheitssystem hierzulande haben. Dort werden Kinder ohne jede Unterstützung in Hütten auf die Welt gebracht, in denen immer wieder der Strom ausfällt. Teilweise finden die Geburten mit dem Licht von Handys statt. Was mich auch beeindruckt hat, ist der Zusammenhalt der Frauen untereinander. Und natürlich was Care dort für eine erstaunliche Verbesserung durch die Ausbildung von Hebammen vor allem in die ländlicheren Regionen bringt.
- Schauspielerin: Marianne Koch übers Altern – „Man ist nicht Sklave der Gene“
- Star-Patissier: Christian Hümbs über TV-Job – „Wie eine zweite Familie“
- „Hundeflüsterer“: Martin Rütter über schweren Verlust – „Hätte sofort losgeheult“
- Schauspielerin: Stefanie Stappenbeck – „Ich war mit den Nerven fertig“
- Hollywood-Star: Johnny Depp im Interview – „Wir wurden wie Freaks behandelt“
Was können westliche von ugandischen Frauen lernen?
Hoersch: Erst einmal Tanzen. Dort wird ständig getanzt. Immer wieder fiel dort auch der Satz: „Wir machen das alle gemeinsam durch.“ Nach der Geburt ist keine Frau in einem Einzelzimmer, sondern alle in einem Raum. Das ist beruhigend für Mütter wie Kinder. Was Frauen nach der Geburt brauchen, ist der Austausch mit anderen Müttern, denn ein Mann kann so eine Erfahrung eben körperlich nicht nachempfinden.
Ganz bemerkenswert ist außerdem die wahnsinnige Stärke dieser Frauen. Teilweise laufen sie unter den starken Wehen sechs Kilometer zum nächsten Geburtshaus. Und zum Thema Kindererziehung kann man ebenfalls viel lernen. Die Kinder sind immer bei den Eltern, müssen aber auch mithelfen. So gibt es keine Terror-Kinder, denn die helfen sich untereinander und sind sehr selbstständig.
Das lernt die Schauspielerin von ihrer kleinen Tochter
Könnten Sie sich vorstellen, dort mit Ihrer Familie längere Zeit zu leben?
Hoersch: Uganda ist ein schlechtes Beispiel. Es ist ja auch nicht ganz ungefährlich. Als Weiße würden wir in einer gesicherten Privatanlage mit anderen Wohlstandsbürgern leben. Da würden wir dieses Miteinander nicht zu spüren bekommen. Aber grundsätzlich würde ich gerne mal in anderen Teilen Afrikas leben.
Ich habe keine großen Ängste, weil ich schon als Kind viel gereist bin. Ich verhalte mich unauffällig – trage keinen Schmuck oder mein Smartphone zur Schau, außerdem versuche ich, überall die Sitten des Landes zu beachten.
Können Sie auch mit Ihrer Familie so unauffällig reisen?
Hoersch: Absolut. Es ist toll, mit Kindern und Rucksack unterwegs zu sein und nichts großartig zu planen. Das wollen wir auch noch häufiger machen. Ich könnte mir auch vorstellen, mal die Schule durch Reisen zu ersetzen.
Mit kleinen Kindern zu reisen, klingt aber für viele Eltern wie der pure Horror.
Hoersch: Ich weiß. Aber wenn man sich auf ein wenig Chaos einlässt, kann das schön sein. Ich will nicht in ein Ressort, wo Kinder 100 Prozent betreut werden, damit man in Ruhe seinen Daiquiri am Strand schlürfen kann.
Wir waren mit unserer Kleinen zum Beispiel auf Sri Lanka. Da sind wir Stunden lang mit einem wackeligen Tuk-Tuk bergauf, bergab gefahren, wir waren in Booten und Überlandbussen unterwegs. Manchmal kam eine Herde Elefanten an uns vorbei. Für Kinder ist das wunderbar, denn die haben permanent etwas zu gucken. Und grundsätzlich trifft man immer sehr liebenswerte Menschen, die ebenfalls kinderlieb sind.
Vor dieser Reise hätte Judith Hoersch zu große Angst
Inwieweit erweitert Ihre fünfjährige Tochter Ihren Horizont?
Hoersch: Man lernt von Kindern vor allem, im Moment zu sein, auch wenn das keine sonderlich innovative Antwort ist. Die leben im Hier und Jetzt. Manchmal mache ich den Fehler, dass ich ihr sage, was wir morgen und übermorgen machen, aber das kapiert sie gar nicht. Außerdem komme ich viel besser mit Chaos klar.
Momentan stecke ich mitten in einem Umzug, und währenddessen schreibe ich ebenfalls mein Buch fertig, verbringe Zeit mit meinem Kind, gebe Interviews und bin erstaunlich entspannt, was mich selbst etwas überrascht. Auch habe ich durch sie gelernt, dass Freude allgegenwärtig ist und man sich über kleine Dinge freuen kann.
- Schlagerstar: Beatrice Egli über Liebe – „Sollen die Menschen spekulieren“
- Sängerin:Conchita Wurst – „Ich konnte das alles nie verarbeiten“
- Promi: Barbara Becker – Das ist mit allen meinen Ex-Partnern so“
- Moderatorin: Ina Müller über „LOL“ – „Es weht ein sehr rauer Wind“
Worüber haben Sie sich zuletzt gefreut?
Hoersch: Gestern bekamen wir ein Paket mit diesen bunten Packchips. Meine Tochter hat sie nach Farben sortiert und ein Spiel daraus gemacht. Kinder brauchen also nicht unbedingt ein Spielzeug, die kann man auch mit einer Verpackung zweieinhalb Stunden auf Trab halten. Diese Erkenntnis hat mich sehr gefreut.
Sie scheinen bei Ihren Erfahrungen über unseren Planeten hinauszuwollen. Hinter Ihnen hängt ein großes Weltraum-Poster. Wäre das ein Ziel für Sie?
Hoersch: Ich bin ein großer All-Fan. Aber für eine Reise ins Weltall hätte ich zu viel Angst. Im schwarzen Raum in dieser absoluten Unendlichkeit zu sein, fände ich völlig verstörend. Ich bin ein sehr neugieriger Mensch. Unlängst habe ich davon gehört, dass es eines Tages Pillen geben soll, die uns deutlich verjüngen. So eine würde ich durchaus ausprobieren. Immerhin habe ich noch viel vor! Aber ich würde mich nie auf den Mars schießen lassen.