Karlsruhe. Nach der bundesweiten Großrazzia gegen mutmaßliche Unterstützer der Terrorgruppe Islamischer Staat sitzen mehrere Verdächtige in U-Haft.
Nach der bundesweiten Großrazzia gegen mutmaßliche Spendensammler der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) vom Mittwoch sitzen inzwischen sechs Beschuldigte in Untersuchungshaft. Das teilte die Bundesanwaltschaft am Freitag in Karlsruhe mit. Eine siebte Verdächtige, die bei der Aktion in mehreren Bundesländern ebenfalls festgenommen worden war, kam unter Auflagen wieder frei.
Die Männer und Frauen sollen Geldspenden an den IS in Syrien übermittelt haben, wobei sie als Teil eines illegalen internationalen Netzwerks agierten. Die Beschuldigen werden nach Angaben der Bundesanwaltschaft verdächtigt, unter anderem Spendengelder eingesammelt sowie Konten zur Verfügung gestellt zu haben. Es geht um den Vorwurf der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Organisation sowie teils auch um Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz. Der IS ist mit Finanzsanktionen belegt.
Ermittler: Spendenbetrag von mindestens 65.000 Euro
Den Ermittlern zufolge geht es in dem Fall um einen Spendenbetrag von mindestens 65.000 Euro. Bei der Razzia am Mittwoch durchsuchten Einsatzkräfte 19 Objekte in sechs Bundesländern durchsucht. Die sieben Verdächtigen stammen aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bremen.
Unter dem Tarnnamen „Donum“, lateinisch für „Spende“, rückten in NRW am Mittwoch 250 Polizisten aus.
NRW-Innenminister Reul: „Nicht jeder, der Spenden sammelt, meint es gut“
Vier Verdächtige wurden im Kreis Heinsberg bei Aachen und im Rheinisch-Bergischen Kreis bei Bonn festgenommen. Es handelte sich um zwei Ehepaare, die in NRW bereits als islamistische Gefährder den Sicherheitsbehörden bekannt und als solche eingestuft waren. Drei der Beschuldigten besitzen laut NRW-Innenminister die deutsche, eine die türkische Staatsbürgerschaft.
Bei den bundesweiten Durchsuchungen seien Datenträger, Geld und eine verbotene IS-Flagge sichergestellt worden. „Nicht jeder, der zu Spenden aufruft, meint es gut. Und nicht jede Spende dient am Ende der guten Sache“, warnte Reul. Gelder aus Deutschland seien direkt in die Kassen des selbst ernannten islamistischen Kalifats geflossen, das sich durch seine besondere Grausamkeit, willkürliche Folter und Hinrichtungen, hervortat.
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Terror: IS-Zellen sind weiter in Syrien und im Irak aktiv
Der IS kontrollierte über Jahre große Gebiete im Bürgerkriegsland Syrien und im benachbarten Irak. Im Juni 2014 rief er ein sogenanntes Kalifat aus und reklamierte seinen Führungsanspruch im globalen Dschihad. Die Hochphase endete laut Verfassungsschutz 2016. Mittlerweile haben die Extremisten ihr Herrschaftsgebiet wieder verloren. IS-Zellen sind aber in beiden Ländern weiter aktiv.
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Seit Anfang Januar 2014 können gemäß deutschem Strafgesetzbuch Taten von Mitgliedern oder Unterstützern des IS, die deutsche Staatsbürger sind, sich in Deutschland aufhalten oder hier tätig werden, strafrechtlich verfolgt werden. Das Innenministerium erließ ferner am 12. September 2014 ein Betätigungsverbot für den IS in Deutschland. Dieses umfasst unter anderem jegliche Beteiligung in sozialen Medien und Demonstrationen zugunsten des IS und jede Art von Unterstützungshandlung wie das Einwerben von Geld und Material sowie das Anwerben von Kämpfern. Diese Handlungen sind seither strafbar.
Verfassungsschutz-Chef: Erfolg für Terrorismusbekämpfung in Deutschland
Der Verfassungsschutz erhofft sich von den Festnahmen und Durchsuchungen im Islamisten-Milieu auch eine abschreckende Wirkung. „Die heutigen Exekutivmaßnahmen sind ein großer Erfolg für die Terrorismusbekämpfung der deutschen Sicherheitsbehörden“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Die langjährige „Vorfeldaufklärung“ des BfV habe dazu beigetragen.
„Die Durchsuchungsmaßnahmen dürften auch eine präventive Wirkung entfalten“, vermutet Haldenwang. Denn dadurch werde deutlich, dass die Sicherheitsbehörden das Feld der Terrorismusfinanzierung im Blick hätten. Das gelte auch für teilweise geringe Spenden, die letztlich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zugutekämen. Dies sei umso wichtiger, als die Gefahr des islamistischen Terrorismus trotz der militärischen Niederlage des IS in Syrien und dem Irak nicht gebannt sei. Auch in Deutschland könne jeden Tag ein islamischer Anschlag verübt werden. Die Sicherheitsbehörden seien daher wachsam und hätten alle möglichen Szenarien auf dem Schirm.
NRW-Landtagsabgeordnete Julia Höller, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, sieht es als „richtig“ an, „alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um gegen den IS und seine Unterstützer vorzugehen“, erklärte Sie gegenüber dieser Zeitung: „Die Verbrechen des IS haben vor allem in Syrien und im Irak unzählige Menschenleben gefordert und unfassbares Leid über die Überlebenden gebracht. Der IS ist für die schrecklichen Terroranschläge in Paris, Berlin und an anderen Orten in Europa verantwortlich. In Europa besteht weiterhin eine hohe abstrakte Gefahr für islamistische Anschläge. Umso bedeutender sind die Erfolge der heutigen bundesweiten Razzia gegen die mutmaßlichen Unterstützerinnen und Unterstützer des IS. Die Finanzquellen des IS trocken zu legen, ist ein zentraler Baustein im Kampf gegen den islamistischen Terror.“ (dpa/afp)