Düsseldorf. Innenminister Herbert Reul warnt vor dem Einfluss salafistischer Mütter. Sie würden ihre menschenverachtende Doktrin in Kinderköpfen verankern.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hat vor dem Einfluss Dutzender Frauen aus der Salafistenszene in NRW gewarnt. Frauen spielten bei der Verbreitung extremistischer Propaganda eine wichtige Rolle, sagte Reul am Freitagmorgen im Hörfunksender WDR5. Es gebe derzeit etwa 40 «netzwerkende Frauen» in NRW, sagte der Innenminister vor einer Landtagsdebatte über Strategien gegen Salafisten. «Frauen und Kinder stellen eine neue Herausforderung dar.»
Nach Angaben der Regierungsfraktionen leben derzeit etwa 3000 von bundesweit etwa 11 000 Salafisten in NRW. Frauen seien engagiert vor allem bei der Gefangenenhilfe, beim Sammeln von Spenden und als «Ideologieproduzentinnen und -weitergeber», sagte Reul.
Kinder würden radikalisiert, warnen Koalitionsfraktionen
Frauen stellten inzwischen einen Anteil von zwölf Prozent der Salafistenszene, heißt es in einem gemeinsamen Antrag von CDU und FDP an das Parlament in Düsseldorf. Die Mütter verankerten ihre menschenverachtende Doktrin in den Köpfen ihrer Kinder und radikalisierten sie, warnen die Koalitionsfraktionen in ihrem Papier.
Nötig sei eine Gesamtstrategie zur Deradikalisierung. Die Regierungsfraktionen fordern unter anderem Fortbildung und Orientierungshilfen für Jugendämter, um Gefahren für Kinder in salafistischen Extremistenfamilien zu erkennen. Auch Schulen, Ordnungsämter und Sozialarbeiter müssten sensibilisiert werden.
Der Innenminister verteidigte sein Ziel, auch Kinder unter 14 Jahren künftig durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen. „Es laufen in NRW immer mehr radikalisierte Kinder herum. Wir müssen wissen, was da passiert und wir müssen diese Kinder integrieren“, so Reul. Repression und Prävention seien hier gleichermaßen wichtig.
Terrormiliz spricht gezielt Kinder und Frauen an
IS-Rückkehrer haben laut Landesregierung rund 260 Kinder nach NRW gebracht. Der renommierte Terrorismusforscher Peter Neumann hatte sich schon vor Wochen für die Überwachung von Kindern ausgesprochen. „Ich bin absolut dafür, wenn diese unter 14-Jährigen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen“, hatte der Professor des Londoner King’s College betont. Die Terrormiliz IS versuche, gezielt Kinder, Frauen und Kleinkriminelle anzusprechen, um sie anzuwerben.
Grüne: Maßnahmen sind halbherzig
Lob äußerte Reul für das unter dem früheren NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) gestartete Salafismus-Präventionsprogramm „Wegweiser“, das zwischenzeitlich umstritten war: „Wir haben es nicht erfunden, aber es ist trotzdem gut und läuft erfolgreich.“ Inzwischen hätten die Experten von „Wegweiser“ Kontakt zu rund 700 Jugendlichen gehabt, in 300 Fällen habe dies zu einer langfristigen Beratung geführt. Am Sinn dieses Projekts zweifelt heute fast niemand mehr.
Die SPD-Fraktion, vor allem aber die Grünen halten die von CDU und FDP angedachte Strategie gegen den Salafismus für halbherzig. Der Antrag mache sie sprachlos, er sei ein „schlechter Witz“, kritisierte Grünen-Innenexpertin Verena Schäffer. Die Vorschläge blieben auf dem Diskussionsstand von 2012. Zur Kindeswohlgefährdung, zu Mädchen und Frauen in der Salafisten-Szene, zu islamistischen Kindern an Schulen bleibe die Initiative jede weiterführende Antwort schuldig. „Wir müssen Maßnahmen gezielt auf Mädchen und Frauen zuschneiden“, forderte Schäffer. (mit dpa)